Wirtschaft

Feiertag abschaffen: Arbeiten statt Erholung für mehr Wirtschaftswachstum?

Deutschland nimmt Milliardenschulden für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz auf. Jetzt fordern Ökonomen wieder einmal, einen Feiertag für mehr Wirtschaftswachstum abzuschaffen. Geht das so einfach? Welche Feiertagsregelungen gelten in den einzelnen Bundesländern? Und was gilt für Arbeitgeber beim Feiertagszuschuss?
25.03.2025 05:57
Lesezeit: 4 min
Feiertag abschaffen: Arbeiten statt Erholung für mehr Wirtschaftswachstum?
Ein gesetzlicher Feiertag ist der Buß- und Bettag nur noch in Sachsen: Die neu eingeführte Pflegeversicherung brachte die christlich-liberale Koalition unter Kanzler Helmut Kohl auf die unpopuläre Idee, den Feiertag zum normalen Arbeitstag zu machen. (Foto: dpa) Foto: Federico Gambarini

Feiertag abschaffen: Nur gut jeder Dritte wäre dazu bereit

Deutschland nimmt Milliarden-Schulden auf. Zum Ausgleich könnte der Staat einen Feiertag streichen, um zusätzliche Einnahmen zu generieren, meinen einige Ökonomen. So wie 1994 als der Buß- und Bettag zur Finanzierung der Pflegeversicherung gestrichen wurde. Bei der Bevölkerung kommt der erneute Vorstoß nicht sonderlich gut an.

Einen gesetzlichen Feiertag abschaffen – für mehr Wirtschaftsleistung? Dieser Vorschlag ist nicht neu. Jetzt nach dem Aussetzen der Schuldenbremse, fordern einige Ökonomen, um den Teil der Schulden wieder reinzuholen, einen Feiertag fallen zu lassen. Doch eine Mehrheit der Menschen in Deutschland ist dazu nach einer aktuellen Insa-Umfrage für die Bild am Sonntag nicht bereit:

  • 57 Prozent sind gegen den Vorschlag, 34 Prozent dafür und neun Prozent sind unentschlossen

Die Befragten scheinen diesbezüglich keinen dringenden Bedarf zu erkennen. In der Umfrage waren die meisten Teilnehmenden eher für mehr Feiertage als für weniger:

  • Knapp jeder Zweite möchte, dass alle Bundesländer gleich viele gesetzliche Feiertage haben und dass dafür die Länder mehr Feiertage bekommen, die bislang weniger haben.

Letzteres hat der Ministerpräsident des Landes mit den meisten Feiertagen gerade kategorisch ausgeschlossen: „Bayern wird definitiv keinen Feiertag abschaffen. Feiertage gehören zur kulturellen Identität Bayerns“, betonte CSU-Chef Markus Söder.

Ein Feiertag weniger zur Finanzierung von Milliardenschulden?

Wiederholt kamen zuletzt Vorschläge von Ökonomen, einen Feiertag abzuschaffen, um die Milliardenpakete für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz zu finanzieren, die Union und SPD mithilfe der Grünen ausgehandelt haben und denen inzwischen der Bundestag zugestimmt hat. Nun rechnet das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW/Köln) vor, dass ein zusätzlicher Arbeitstag bis zu 8,6 Milliarden Euro mehr Wirtschaftswachstum bringen könnte.

Allerdings wäre der Effekt nicht in allen Branchen gleich groß, wie IW-Forscher Christoph Schröder erläutert: In manchen Berufen seien Kapazitäten nicht immer voll ausgelastet. In der Bauwirtschaft etwa macht es einen großen Unterschied, ob ein Feiertag im Sommer oder im Winter liegt, denn bei Eis und Schnee stehen Kräne ohnehin still.

„Streichung eines Feiertages als Symbol genau richtig“

„Die Streichung eines Feiertages fände ich als Symbol genau richtig“, antwortete die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, dem Spiegel auf die Frage, ob Deutschland dem dänischen Beispiel folgen soll, auf diese Weise höhere Verteidigungsausgaben zu stemmen.

Bereits Anfang März hatte der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, für die Streichung eines Feiertages plädiert, um „das Arbeitsangebot der Menschen zu steigern“ „Stattdessen gibt es Forderungen nach mehr Urlaubstagen und kürzeren Arbeitszeiten. Das wäre jetzt der falsche Weg, wenn man Inflation vermeiden und Wachstum fördern will“, sagte Fuest der FAZ.

„Store bededag“: Dänemark streicht Feiertag für Rüstungsausgaben

Am 28.02.2023 beschloss das dänische Parlament mit 95 zu 68 Stimmen, den „Store bededag“, einen der elf gesetzlichen Feiertage, abzuschaffen – um wegen des Zweiprozentzieles der Nato mehr Geld für Rüstungsausgaben zu haben. Die Kirchen empörten sich darüber, dass die Abschaffung des Feiertags ausgerechnet höhere Rüstungsausgaben finanzieren solle. Es gab Demonstrationen und Forderungen nach einer Volksabstimmung.

Großer Gebetstag, der seit 1686 begangen wurde und auf den vierten Freitag nach Ostern fiel – gilt seit letztem Jahr als allgemeiner Arbeitstag. Auch Deutschland schaffte aus ähnlichen Gründen einen Feiertag ab, um die Unternehmen wegen der neu eingeführten Pflegeversicherung zu entlasten.

„Buß- und Bettag“: Deutschland streicht Feiertag für Pflegeversicherung

Der Buß- und Bettag wurde 1995 als gesetzlicher Feiertag zur Finanzierung der Pflegeversicherung bundesweit gestrichen. Die neu eingeführte Pflegeversicherung brachte die christlich-liberale Koalition unter Kanzler Helmut Kohl auf die unpopuläre Idee, den Feiertag zum normalen Arbeitstag zu machen. Und so wurde im Jahr 1994 beschlossen, den Buß- und Bettag als arbeitsfreien Tag mit Wirkung ab 1995 zu streichen – um so die Beitrags-Mehrbelastung der Pflegeversicherung für Arbeitgeber durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer auszugleichen. Nur im Freistaat Sachsen wird der Feiertag bis heute beibehalten.

DGB: Erholung an Feiertagen fördert Produktivität

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält den Vorschlag, erneut einen Feiertag abzuschaffen, um mehr Einnahmen für den Staat zu generieren, für absurd: „Ein gestrichener Feiertag für die Beschäftigten wird die Wirtschaft nicht entfesseln“, schrieb DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel auf der Plattform X.

Feiertage seien „kein Luxus, sondern wichtiger Bestandteil unserer Arbeitskultur; sie tragen zur Erholung der Beschäftigten und damit auch zur Produktivität bei“, argumentierte Piel. Beschäftigte leisteten ihren Anteil zum Wirtschaftswachstum oft über ihre reguläre Arbeitszeit hinaus – das zeige die hohe Anzahl an vielfach unbezahlten Überstunden.

IW hält Umsetzung für schwierig

Nach Einschätzung von IW-Forscher Schröder wäre es ohnehin schwierig, den Vorschlag in die Tat umzusetzen: Die Feiertagsregelungen in den einzelnen Bundesländern sind unterschiedlich. Eine zusätzliche Herausforderung: Wegen der föderalen Strukturen Deutschlands müsste jedes Bundesland einzeln über eine Streichung beschließen.

Neun Feiertage sind in allen 16 Bundesländern einheitlich geregelt: Neujahrstag, Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 1. Mai, Tag der Deutschen Einheit, erster und zweiter Weihnachtsfeiertag. Spitzenreiter bei den Feiertagen sind die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils zwölf Feiertage. In sieben Bundesländern gibt es elf, in weiteren sieben Bundesländer gibt es nur zehn gesetzliche Feiertage, darunter in den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen.

Feiertagszuschlag? Regelmäßiger Arbeitsort ist entscheidend

In einem Bundesland ist gesetzlicher Feiertag und in einem anderen nicht: Was gilt für Arbeitnehmer, wenn sie pendeln – etwa zu einer Weiterbildung? Bei Arbeitnehmern, die in unterschiedlichen Bundesländern arbeiten, stellt sich an solchen Tagen die Frage, welche Feiertagsregelung maßgeblich ist. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage jetzt in einem aktuellen Fall klargestellt: Ausschlaggebend ist der regelmäßige Beschäftigungsort. Rechtsanwalt Gunnar Roloff vom Beratungsunternehmen Ecovis: „Das Bundesarbeitsgericht hat nun Klarheit geschaffen, dass der regelmäßige Beschäftigungsort des Arbeitnehmers maßgeblich dafür ist, ob sich der Arbeitnehmer auf den Feiertag berufen kann“, sagt der Jurist. Bei nicht bundeseinheitlichen Feiertagen müssten die Arbeitgeber daher sorgsam die Ansprüche ihrer Arbeitnehmer auf Freistellung und Zuschläge prüfen. (Urteil vom 1. August 2024, Az. 6 AZR 38/24)

Feiertage 2025 liegen für Beschäftigte günstig

Weil im laufenden Jahr Feiertage und Festtage seltener auf Wochenenden fallen, müssen die Beschäftigten in Deutschland etwas weniger arbeiten, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat: Im bundesweiten Schnitt weist der Kalender demnach 248,1 Arbeitstage aus - 0,7 Tage weniger als 2024 und der niedrigste Wert seit 2019 (247,8 Arbeitstage).

Die geringere Jahresarbeitszeit hat nach Angaben der Statistiker Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung: Nach einer Faustregel bedeutet ein Arbeitstag weniger einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent.

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Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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