Wirtschaft

Weltwirtschaft: IWF warnt vor Folgen von Trumps Zollpolitik

Trumps neue Zolloffensive sendet Schockwellen durch die Weltwirtschaft. Der IWF sieht die globale Konjunktur in der Krise und senkt seine Wachstumsprognosen spürbar. Vor allem Deutschland steht schlecht da – doch auch China und die USA geraten zunehmend unter Druck. Die wirtschaftliche Unsicherheit wächst, und mit ihr die Gefahr einer neuen Ära protektionistischer Politik.
22.04.2025 16:47
Lesezeit: 4 min

IWF dämpft Ausblick: Trumps Zölle bremsen Weltwirtschaft aus

Der IWF rechnet damit, dass die deutsche Wirtschaft auf der Stelle tritt. Auch die Perspektiven für die Welt sind düster. Denn Trumps Zollpolitik schürt Unsicherheit. Der Fonds spricht von einer "neuen Ära".

Der Internationale Währungsfonds geht angesichts der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump von einer globalen Wachstumsflaute aus und senkt auch seine Prognose für Deutschland. Der in Washington ansässige Fonds erwartet für die Bundesrepublik in diesem Jahr ein Nullwachstum, wie aus den aktuellen Daten der Konjunkturprognose hervorgeht. Das sind 0,3 Prozentpunkte weniger als noch im Januar veranschlagt.

IWF-Prognose für die Weltwirtschaft

Auch seine globale Vorhersage hat der IWF nach unten korrigiert. Die Weltwirtschaft soll mit 2,8 Prozent deutlich langsamer wachsen als noch im Januar erwartet (minus 0,5 Prozentpunkte). Die globale Konjunktur werde auf eine "harte Probe" gestellt, schreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas mit Blick auf die Handelskonflikte. Es handele sich um eine "neue Ära", das weltweite Wirtschaftssystem werde neu austariert.

Deutschland und der Euroraum im Fokus

Die deutsche Wirtschaft durchläuft eine anhaltende Schwächephase. Laut zentraler IWF-Prognose bleibt Deutschland beim Wachstum auch in diesem Jahr Schlusslicht unter den G7-Industrienationen. Während der Fonds für Deutschland Stillstand prognostiziert, hatten führende deutsche Wirtschaftsinstitute zumindest ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwartet. Auch die geschäftsführende Bundesregierung will ihre Prognose erneut senken und rechnet ebenfalls mit einer Stagnation.

Für das kommende Jahr zeigt sich der IWF zuversichtlicher: Dann soll das Wachstum bei 0,9 Prozent liegen – allerdings immer noch 0,2 Prozentpunkte unter der Januarprognose.

Das Wachstum im Euroraum soll in diesem Jahr im Vergleich zur Januarprognose um 0,2 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent zurückgehen. Als Ursachen nennt der Fonds vor allem Unsicherheit und Zölle. Für das Jahr 2026 rechnet der IWF mit einem Wachstum von 1,2 Prozent (minus 0,2 Prozentpunkte). Treiber des Aufschwungs sollen steigender Konsum durch reale Lohnzuwächse und mehr finanzpolitische Spielräume in Deutschland infolge einer Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sein.

Eine Prognose unter außergewöhnlichen Bedingungen

Der IWF betont, dass seine aktuelle Konjunkturprognose unter "besonderen Umständen" entstanden sei. Hintergrund ist das massive Zollpaket, das Trump am 2. April angekündigt hat und das sowohl universelle als auch inzwischen vorläufig ausgesetzte wechselseitige Zölle umfasst. Die Prognosen, die zu diesem Zeitpunkt fast abgeschlossen waren, hätten neu aufgestellt werden müssen, so der Fonds. "Obwohl viele der geplanten Zollerhöhungen vorerst auf Eis gelegt wurden, hat die Kombination von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen die Zollsätze in den USA und weltweit auf ein Jahrhunderthoch getrieben."

Die Weltwirtschaft habe sich in den vergangenen vier Jahren trotz schwerer Schocks als bemerkenswert robust gezeigt, trage aber weiterhin deutliche Narben, heißt es weiter. Nun drohe eine Eskalation der Handelsspannungen durch Vergeltungsmaßnahmen, auch die Inflation könnte erneut steigen. Die Unsicherheit laste auf dem Wachstum. Angesichts der komplexen Lage hat der Fonds neben seiner zentralen Referenzprognose zwei weitere Szenarien berechnet.

Drei Szenarien wegen Zoll-Risiken

Die Referenzprognose berücksichtigt alle Zollankündigungen bis zum 4. April. Demnach wächst die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 2,8 Prozent und im nächsten um 3 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte). 2024 lag das Wachstum noch bei geschätzt 3,3 Prozent. Eine alternative Prognose, die nur Ankündigungen bis zum 12. März einbezieht – darunter erste US-Strafmaßnahmen gegen China, Kanada und Mexiko sowie Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte – kommt für dieses und nächstes Jahr auf 3,2 Prozent Wachstum.

Eine modellgestützte Prognose, die auch spätere Entwicklungen wie die Aussetzung wechselseitiger Zölle einbezieht, sieht das Wachstum in diesem Jahr bei etwa 2,8 Prozent und für 2026 bei rund 2,9 Prozent. Dies entspreche in etwa der Referenzprognose, jedoch mit abweichender Verteilung der Wachstumsraten auf einzelne Länder, so der Bericht. Keine der Prognosen rechnet mit einer Rezession. Die länderspezifischen Einschätzungen beruhen auf der Referenzprognose.

Länderspezifische Entwicklungen im Überblick

USA: Der Fonds hat die Prognose für die größte Volkswirtschaft der Welt kräftig nach unten revidiert. Für dieses Jahr wird ein Wachstum des BIP von 1,8 Prozent erwartet (minus 0,9 Prozentpunkte), im kommenden Jahr 1,7 Prozent (minus 0,4 Prozentpunkte). "Die Abwärtskorrektur ist das Ergebnis größerer politischer Unsicherheit, Handelsspannungen und eines schwächeren Nachfrageausblicks angesichts eines langsamer als erwartet steigenden Konsums", so der IWF. Zu Jahresbeginn sei die Stimmung unter Konsumenten, Unternehmen und Investoren noch optimistisch gewesen – das habe sich geändert.

China: Auch bei der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sieht der Fonds Korrekturbedarf nach unten. Chinas Wirtschaft soll sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr um 4 Prozent zulegen (minus 0,6 Prozentpunkte/minus 0,5 Prozentpunkte). Neben der Schwäche im Immobiliensektor belaste vor allem der Handelsstreit mit den USA die Konjunktur.

Russland: Hier verliert das Wachstum gegenüber dem Vorjahr an Tempo. Der IWF erwartet für dieses Jahr 1,5 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte), 2026 sollen es 0,9 Prozent sein (minus 0,3 Prozentpunkte). Gründe sind laut Fonds nachlassender privater Konsum und schwächere Investitionen. Auch das Lohnwachstum verlangsamt sich.

Was den IWF besonders beunruhigt

Der Fonds zeigt sich äußerst besorgt über die Entwicklung der Handelspolitik. Eine Eskalation des Konflikts würde das globale Wachstum belasten – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. "Diejenigen, auf die die neuen Zölle direkt abzielen, wären am stärksten betroffen, vor allem China und die Vereinigten Staaten, aber mittelfristig auch eine große Anzahl von Ländern in Asien und Europa", heißt es beim IWF.

Anders als im vorigen Jahrhundert sei die Weltwirtschaft heute wirtschaftlich und finanziell stark verflochten. Ein Auseinanderbrechen von Lieferketten und Finanzströmen könnte erhebliche wirtschaftliche Verwerfungen verursachen. Weniger Wettbewerb bedeute zudem weniger Anreize für Innovation. Der Fonds geht daher von einem Rückgang der Gesamtproduktivität aus – mit steigenden Produktionskosten und Preisen als Folge.

Entsprechend hat der IWF auch seine Prognose für die Inflationsraten nach oben angepasst. In den Industrienationen soll die Inflation 2025 durchschnittlich bei 2,5 Prozent liegen (plus 0,4 Prozentpunkte), im Folgejahr bei 2,2 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte). Zentralbanken streben in der Regel zwei Prozent an. Mit Blick auf die Konjunktur zieht der IWF folgendes Fazit: "Wenn die Länder ihre derzeitige Zollpolitik deeskalieren und sich abstimmen, um für Klarheit und Stabilität in der Handelspolitik zu sorgen, könnten sich die Aussichten sofort aufhellen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...