Wirtschaft

Wirtschaft: Ausland kann Standort Deutschland viel Positives abgewinnen

Hohe Kosten, teure Energie, viel Bürokratie – viele sehen den Wirtschaftsstandort Deutschland auf dem absteigenden Ast. Doch das Urteil ausländischer Unternehmen fällt gar nicht so schlecht aus, zeigt eine globale Studie.
05.06.2025 11:03
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Wirtschaft: Ausland kann Standort Deutschland viel Positives abgewinnen
Teuer und überreguliert, aber wirtschaftlich attraktiv: Ausländische Unternehmen blicken mit gemischten Gefühlen auf den Standort Deutschland. (Foto: dpa) Foto: Daniel Maurer

Teuer und überreguliert, aber wirtschaftlich attraktiv: Ausländische Unternehmen blicken mit gemischten Gefühlen auf den Standort Deutschland – und beurteilen ihn bei aller Kritik gar nicht so schlecht. Das zeigt eine aktuelle Studie der bundeseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI).

Wirtschaftsstandort Deutschland -aus Sicht ausländischer Unternehmen aus fünf Ländern

Für sie wurden rund 1.800 Firmen aus Großbritannien, Frankreich, den USA, Japan und Südkorea befragt. „Eine so breite und umfassende Studie zum Standort Deutschland gab es bisher noch nicht. Für uns als Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist es wichtig zu erfahren, wie ausländische Unternehmen den Investitionsstandort Deutschland wirklich sehen. Was ist für sie bei der Suche nach einem neuen Standort wichtig und was nicht?“, so Julia Braune, Erste Geschäftsführerin von Germany Trade & Invest.

Entscheidungskriterien ausländischer Unternehmen für Standortwahl

Für die Analyse wurden Manager befragt, die für Expansionsentscheidungen verantwortlich sind. Als Entscheidungskriterien für die Standortwahl im Ausland werden von den befragten Unternehmen am häufigsten benannt:

Kostenstruktur und Kostensenkungspotenziale, wirtschaftliche Stabilität und wirtschaftliches Potenzial, die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Regularien, Infrastruktur, Logistiknetzwerk und Lieferketten, die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal sowie Marktgröße, Marktpotenziale und die Anzahl potenzieller Kunden.

„Für viele der Unternehmen stimmen die Kriterien für die Standortauswahl mit den Stärken überein, die sie Deutschland zuordnen. Das ist ein sehr gutes Zeichen. Eher problematisch sind aus Sicht der befragten Unternehmen die hohen Betriebs- und Lohnkosten, die sprachlichen und kulturellen Unterschiede, eine bürokratische Überregulierung sowie die hohe Steuer- und Abgabenlast“, fasst Julia Braune zusammen.

Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandortes Deutschland

Der Standort Deutschland steht bei Wirtschaftsverbänden stark in der Kritik. Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts sehen deutsche Wirtschaftsexperten den Standort nur im europäischen Mittelfeld. Fast 80 Prozent meinen demnach, Deutschland sei in den vergangenen zehn Jahren weniger attraktiv geworden.

In der GTAI-Umfrage fällt das Bild geteilt aus:

  • Unter den Stärken werden am häufigsten die wirtschaftliche Stabilität und das Potenzial genannt (14 Prozent), gefolgt von Fachkräften (10) und Lieferketten (10), der Innovationskraft (8) und der vorteilhaften geografischen Lage (7).
  • Bei den Schwächen nannten die Befragten zumeist die hohen Betriebs- und Lohnkosten (14), sprachliche und kulturelle Unterschiede (9), Überregulierung (8) sowie die hohe Steuern- und Abgabenlast (7).

GTAI-Analyse: „Deutschland bietet große Potenziale“

„Deutschland ist überreguliert, die Steuer- und Abgabenlast ist zu hoch, Deutsch als Sprache eher schwer zu lernen, die Energiekosten und die Energiewende sind Herausforderungen“, fasst die GTAI das Urteil der Unternehmen zusammen. „Andererseits ist Deutschland ein wirtschaftlich stabiler und großer Markt, der große Potenziale bietet.“ Positiv aus Sicht der Befragten seien auch die qualifizierten Fachkräfte, die Innovationskraft und funktionierende gesetzliche Rahmenbedingungen.



Unter dem Strich finden demnach jeweils rund 60 Prozent der Befragten, dass Deutschland eine gute Infrastruktur sowie gute wissenschaftliche Einrichtungen und Produktionsbedingungen habe.

Vorstellung von Deutschland: Diszipliniert, seriös und die Autos

Die Studie zeigt ferner, dass traditionelle Urteile über Deutschland und seine Tugenden im Ausland weit verbreitet sind. Beim Gedanken an Deutschland würden spontan die wirtschaftliche Stärke und Stabilität genannt, heißt es darin. „An zweiter Stelle steht die Innovationskraft, gefolgt von den qualifizierten Arbeitskräften sowie die Arbeitsdisziplin.“ Viele ausländische Manager denken zudem an die schwere deutsche Sprache, Seriosität und Qualität sowie die Autoindustrie.

Fazit: Teuer und überreguliert, aber wirtschaftlich attraktiv

Zum Image des Standortes Deutschland kommt die Studie zu folgender zusammenfassender Bewertung: Gute Infrastrukturen und die stabile Wirtschaft sind die am positivsten bewerteten Aspekte, die für Deutschland als Wirtschaftsstandort sprechen. Niedrige Lohn- und Energiekosten, ein geringer bürokratischer Aufwand und ein attraktives Steuersystem sind Aspekte, die am wenigsten auf Deutschland als Wirtschaftsstandort zutreffen.

„Kein Standort auf dieser Welt ist perfekt. Das gilt auch für Deutschland. Als Investitionsstandort stehen wir im weltweiten Wettbewerb zwar gut da. Aber natürlich gibt es auch große Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, unsere Informationen und Dienstleistungen noch besser an die Bedürfnisse der Unternehmen anzupassen und sie so davon zu überzeugen, sich in Deutschland niederzulassen“, so Julia Braune.

Germany Trade & Invest (GTAI) ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Die Gesellschaft informiert deutsche Unternehmen über Auslandsmärkte, wirbt für den Wirtschafts- und Technologiestandort Deutschland und begleitet ausländische Unternehmen bei der Ansiedlung in Deutschland.

 

DWN
Politik
Politik NATO: Geringeres Plus bei Verteidigungsausgaben
01.09.2025

Die Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten steigen weiter, doch das Tempo verlangsamt sich. Während Europa und Kanada aufholen wollen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Pharma-Aktien: Sollten Anleger in der schwachen Phase einsteigen?
01.09.2025

Pharma-Aktien haben 2025 ein schwaches Jahr hinter sich – trotz steigender Medikamentennachfrage und solider Quartalszahlen. Politische...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: KI-Blase, Goldpreis bei 4.000 Dollar und die Schwäche des Septembers
01.09.2025

September gilt historisch als der schwächste Monat für Aktien – doch Analysten sehen Chancen. Während OpenAI-Chef Sam Altman vor einer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kapitalfonds erhöhen Druck im Machtkampf um die Bavarian Nordic-Aktie
01.09.2025

Der Machtkampf um die Bavarian Nordic-Aktie eskaliert: Vorstand und Fonds drängen auf Annahme des Übernahmeangebots, während...

DWN
Politik
Politik Flugzeug mit Ursula von der Leyen betroffen von GPS-Störung
01.09.2025

Ein ungewöhnlicher Zwischenfall sorgt für Aufsehen: Ein Flugzeug mit Ursula von der Leyen an Bord gerät ins Visier einer mutmaßlich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Berufungsgericht: Trump-Zölle sind illegal
01.09.2025

Das US-Berufungsgericht hat Trumps Strafzölle für ungesetzlich erklärt – doch vorerst bleiben sie in Kraft. Nun entscheidet der...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Innovation zur Verstaatlichung: Wo die Intel-Aktie gescheitert ist
01.09.2025

Intel galt einst als Inbegriff amerikanischer Technologieführung. Doch Milliardenverluste, strategische Fehltritte und politische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mehrheit der Beschäftigten gegen längere Arbeitszeiten
01.09.2025

Viele Beschäftigte lehnen längere Arbeitszeiten klar ab – trotz politischer Forderungen und wirtschaftlicher Argumente. Eine aktuelle...