Politik

Rohstoffgier contra Meeresfrieden: Der große Tiefseekonflikt beginnt

Die Tiefsee – letzte Grenze der Menschheit oder bald globale Ausbeutungszone? Während UNO und Frankreich auf Regulierung drängen, schwenkt Washington auf Konfrontation. Rohstoffe, Macht und Kontrolle über die Ozeane: Der Kampf um die Weltmeere ist voll entbrannt – und wird längst nicht mehr nur auf Konferenzen geführt.
11.06.2025 11:01
Lesezeit: 2 min
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UNO-Generalsekretär António Guterres schlägt Alarm: Die Tiefsee darf nicht zum „Wilden Westen“ werden – doch genau das droht. Während sich in Nizza eine hochkarätig besetzte UN-Konferenz um Schutz und Regulierung der Weltmeere bemüht, setzen die USA unter Donald Trump auf maximale Beschleunigung. Tiefseebergbau in internationalen Gewässern – ungezügelt und ungeachtet globaler Vereinbarungen. Es geht um nichts Geringeres als die Kontrolle über die letzten unerschlossenen Ressourcen des Planeten.

Ein Überblick: Streit um die letzte Grenze

In Nizza verhandeln 60 Staats- und Regierungschefs über globale Meerespolitik. Im Zentrum: der Tiefseebergbau und der Kampf gegen Plastikmüll. Frankreich fordert ein Moratorium, die USA hingegen treiben die Industrialisierung der Meere massiv voran – auch durch gezielte Umgehung internationaler Gremien. Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) steht vor der Herausforderung, bis Juli einen verbindlichen Kodex zu entwickeln – unter dem Druck eines entfesselten geopolitischen Wettbewerbs.

Frankreich warnt, USA brechen aus

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnet die Ausbeutung der Tiefsee als „Wahnsinn“. Ohne fundiertes Wissen drohe die irreversible Zerstörung mariner Ökosysteme. Die Tiefsee, so Macron, sei so unantastbar wie Grönland oder die Antarktis. Dennoch preschen die USA unter Trump vor und testen bereits gezielt Abbauzonen. Brasilien warnte eindringlich vor dem „Unilateralismus über dem Ozean“ – und erinnerte an die Fehler der globalen Handelsordnung.

Umweltpolitik auf Messers Schneide

Während die USA die Tiefsee wirtschaftlich erschließen wollen, setzen andere Staaten auf Naturschutz. Großbritannien kündigte einen Teilstopp der zerstörerischen Grundschleppnetz-Fischerei in marinen Schutzgebieten an. Samoa erklärte 30 % seiner Gewässer zu Meeresparks. Frankreichs Maßnahmen dagegen werden von NGOs als unzureichend kritisiert. Auch fehlt es vielen Ländern an Mitteln, ihre Schutzversprechen überhaupt durchzusetzen.

Tiefsee als strategische Ressource

Die Tiefsee ist längst zur geopolitischen Ressource geworden. Seltenerdmetalle, Kobalt, Mangan – der neue Rohstoffkrieg beginnt unter Wasser. Während westliche Demokratien über Moratorien und Studien streiten, schaffen autoritäre und wirtschaftsliberale Kräfte wie China und die USA längst Fakten. Die Fragmentierung der Meeresordnung spiegelt die globale Machtverschiebung: Multilaterale Kontrolle schwindet – nationale Interessen dominieren.

Die UNO-Konferenz könnte ein Wendepunkt sein – oder ein Symbol globaler Ohnmacht. Während Staaten wie Frankreich noch auf internationale Regeln pochen, demonstrieren die USA bereits die Auflösung eben jener Ordnung. Der neue Wettlauf um Rohstoffe tobt in den dunklen Tiefen der Ozeane – mit unabsehbaren ökologischen Folgen und explosivem geopolitischem Potenzial. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, wird der Meeresboden nicht nur ausgebeutet – sondern zur nächsten Frontlinie globaler Konflikte.

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