Russland blockiert Rückkehr westlicher Firmen mit Sanktionen
Trotz fehlender Friedensperspektive zieht sich die westliche Wirtschaft weiterhin aus Russland zurück. Die zuständige russische Rechtskommission bearbeitet noch immer dutzende Anträge pro Monat, in denen ausländische Eigentümer den Verkauf ihrer Unternehmen oder Immobilien in Russland beantragen. Zwar sei bislang kein einziger Rückkehrantrag gestellt worden – doch wer zurückkehren will, muss mit drastischen Auflagen rechnen, die für jede Branche gesondert definiert werden sollen. Das berichtet das Wirtschaftsportal Verslo žinios.
„Im Unterausschuss prüfen wir nicht nur Ausstiegsgeschäfte, sondern auch Immobilienverkäufe und Dividendenauszahlungen. Insgesamt rund 100 Anträge pro Monat – aber bei Rückzügen sind es mehrere Dutzend“, erklärt Finanzvizeminister Iwan Tschebeskow im Gespräch mit rbc.ru. Die Zahl sei gegenüber früheren Perioden rückläufig – was auf die verschärften Rahmenbedingungen zurückzuführen sein dürfte.
Seit Oktober 2024 dürfen Ausländer ihr Geschäft in Russland nur noch zum Höchstpreis von 40 Prozent des Marktwerts veräußern. Gleichzeitig wurde der Pflichtbeitrag in den Staatshaushalt von 15 auf 35 Prozent des Unternehmenswerts angehoben.
Die Geopolitik sei laut Tschebeskow wohl ein entscheidender Faktor gewesen. Viele Firmen hätten ihren Rückzug zunächst hinausgezögert – in der Hoffnung auf einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine. Angesichts dieser Hoffnungen kursierten zuletzt wieder vermehrt Berichte über Rückkehrwünsche westlicher Konzerne. Doch bis jetzt habe es „keinen einzigen Rückkehrantrag“ gegeben, so Tschebeskow.
Putins Position: Rückkehr nur zu russischen Bedingungen
Russland sei – wie andere Staaten – weiterhin an ausländischen Investitionen und Technologien interessiert. Doch dies werde nur unter klar definierten Bedingungen möglich sein – „wie vom Präsidenten bereits zuvor betont“, so der Vizefinanzminister.
Dabei sollen die Rückkehrbedingungen strenger ausfallen als vor 2022.
Erstens: Rückkaufoptionen („Call-Optionen“) sollen künftig generell unzulässig sein. „Viele ausländische Unternehmen haben beim Verkauf Rückkaufoptionen vereinbart – etwa für einen Rubel nach zehn Jahren. Doch in der Zwischenzeit hat der russische Investor Geld investiert – und für den ist es jetzt kaum attraktiv, das Geschäft für einen Rubel zurückzugeben“, sagt Tschebeskow.
Künftig soll gesetzlich geregelt werden, dass Verkäufer ausländischer Firmen solche Optionen einseitig kündigen dürfen – selbst wenn Rückkaufrechte vereinbart wurden.
Zweitens: Für jede Branche sollen eigene Rückkehrkriterien gelten – erarbeitet von den zuständigen Fachministerien (Industrie, Landwirtschaft, Verkehr, Energie). „Wenn ein ausländisches Unternehmen etwa Autos montieren will, braucht es einen hohen Lokalisierungsgrad – russische Technologien und Komponenten. Bei strategischer Produktion wird ein russischer Partner als Miteigentümer Pflicht“, so Tschebeskow.
Drittens: Auch die Art und Weise des damaligen Rückzugs wird bewertet. Wer sich „unsanft“ aus Russland zurückzog, muss mit repressiven Maßnahmen rechnen. Präsident Putin hatte bei einem Unternehmergespräch wörtlich erklärt: „Solche Unternehmen muss man ersticken, ersticken, ersticken.“
Genehmigungspflicht ab 10 Prozent
Der neue Gesetzentwurf sieht zudem vor: Sobald ein Rückerwerb mehr als zehn Prozent der stimmberechtigten Anteile betrifft, braucht es die Genehmigung der zuständigen Regierungskommission.
Laut der Analyseagentur AK&M wurden im ersten Quartal 2025 neun Transaktionen über den Rückzug ausländischer Unternehmen in Russland registriert – mit einem Gesamtvolumen von 420 Millionen US-Dollar. Erfasst werden öffentlich bekannte Deals ab einem Volumen von 1 Mio. Dollar.
Zum Vergleich: Im Jahr 2022 – dem Jahr der Invasion – wurden 109 solche Verkäufe mit einem Gesamtwert von 16,3 Milliarden US-Dollar abgeschlossen, das entsprach 38 Prozent aller M&A-Transaktionen in Russland.
Seither verlangsamt sich der Exodus: 2023 wurden 97 Deals mit 11,14 Milliarden US-Dollar gezählt, 2024 nur noch 58 im Wert von 3,38 Milliarden US-Dollar.