„Hast du Rheinmetall-Aktien?“
Das ist die beliebteste Party-Frage zurzeit. Vor ein paar Jahren wäre die Frage noch als anstößig empfunden worden. Ganz im Gegenteil, man versuchte „sauber“ und ESG-gerecht zu investieren, zum Beispiel in Fonds ohne Rüstung, Tabak, Glücksspiel und Prostitution. Wobei börsennotierte Aktien aus dem Rotlichtmilieu ohnehin eher selten sind, Ausnahme natürlich Wirecard.
Aber die Rheinmetall-Aktie ist in den vergangenen fünf Jahren um über 2.000 Prozent gestiegen, da wird mancher doch sinnlich - und die ethischen Leitlinien der Banken verflüchtigen sich. Man spricht ja auch gar nicht mehr vom militärisch-industriellen Komplex (MIK) oder von bösen Waffenschmieden. Rüstungsindustrie ist schon etwas besser, aber immer noch sehr mittelalterlich-martialisch. Man sagt jetzt „Defense“, oder wem das immer noch zu wenig pazifistisch klingt, dem empfehle ich: Defense ist „Resilienz“, und Resilienz ist das neue Nachhaltig! Denn, so wird man argumentieren, nur eine Demokratie, die wehrhaft überlebt, kann unsere Umwelt retten.
Und es geht ja nicht nur um Aufstockung der Personalstärke (wo das gepumpte Geld im Konsum versickert) oder um Auffüllung der konventionellen Waffen-Arsenale, sondern vor allen Dingen um einen massiven Technologiewandel. Missile- und Hyperschallprogramme, Cyber War, Drone Technologies, Drohnen-Schwärme, AI-gestützte Zielerfassung, die klassische Luftabwehr steht vor sehr unangenehmen Problemen. Dies sind nur einige Beispiele.
Pflugscharen zu Drohnen
Besonders beeindruckend sind die Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg mit Drohnen. Lange Zeit wurde uns von Politikern erzählt, Drohnen seien unethisch, weil der den Schussbefehl abgebende Soldat nicht vor Ort, sondern weit entfernt in einem Bunker sitzt. Er sei dadurch emotional distanziert und entkoppelt, das sei Töten ohne Gewissensbisse, ohne Beißhemmung. Es wurde also ein Bild des Krieges kolportiert, wie vor Jahrhunderten und Jahrtausenden, wo zwei Kämpfer mit Schwert oder Bajonett sich auf dem Schlachtfeld persönlich gegenüberstehen, möglichst ins Auge blicken und dann der eine den anderen umbringt.
Eine interessante Einstellung. Und ich räume ein, wenn Drohnen mit künstlicher Intelligenz feindliche Ziele identifizieren und den Schuss dann selbst ohne menschlichen Befehl auslösen, da hat man dann doch ein massives Störgefühl. Aber wahrscheinlich wird die Zeit alle Bedenken überholen, denn wenn alle anderen Drohnen einsetzen, dann müssen wir das auch tun.
Wo und wie investieren?
Und wie kann man investieren? Natürlich beispielsweise in Einzelaktien wie Lockheed Martin, RTX Corp., Northrop Grumman, L3 Harris Technologies, Kratos Defense & Security (Drohnen), AeroVironment usw., aber mittlerweile gibt es auch einige Spezialfonds und ETFs (zum Beispiel VanEck Defense, mit dem Anleger auch in die Palantir-Aktie investieren können), wenn man sich nicht so ganz genau mit den einzelnen Unternehmen befassen kann.
Mein Tipp: Lesen Sie dazu auch den Ratgeber-Artikel Rüstungs-ETFs. Dort stellt Ihnen Chefredakteur Markus Gentner zusammen mit DWN-Autor Carsten Schmidt die besten ETFs auf die Rüstungsindustrie vor.
Und was bringt die Zukunft?
Aber, so fragt sich der vorsichtige Investor, wenn der Ukraine-Krieg irgendwann durch Erschöpfung endet, wenn etwas mehr Ruhe im Vorderen Orient eintritt und die USA sich mehr in die Isolierung zurückziehen, werden dann die Rüstungsausgaben nicht wieder schrumpfen? Und so auch die Aktienkurse? So wie damals Ronald Reagan die Sowjetunion durch den „Star Wars“-Rüstungswettbewerb in die Knie gezwungen hat. Und danach glaubte man, das Ende der Geschichte sei gekommen und lehnte sich zurück. Vielleicht reichen schon die wuchtigen Aufrüstungsziele und das geplante Geld muss am Ende gar nicht ausgegeben werden?
Gut möglich, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht. Wir befinden uns vermutlich mitten im Wandel von einer regelbasierten zu einer machtbasierten Weltordnung ohne einen Hegemon (Prof. Herfried Münkler) und das bedeutet: mehr Kriege in der Zukunft oder zumindest mehr Abschreckungsrüstung. Wer in einer Welt ohne Aufpasser als erster losschlägt ist im Vorteil – nur: er wird bald viele Nachahmer haben.