Politik

Grünes Licht für umstrittene Atommülltransporte durch NRW

Nordrhein-Westfalen bereitet sich auf eine der umfangreichsten Straßen-Atommülltransporte seit Jahrzehnten vor: Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat grünes Licht für den Transport von insgesamt 152 Castor-Behältern gegeben. Die umstrittene Serie von Transporten führt radioaktive Abfälle aus dem rheinischen Jülich in das Zwischenlager Ahaus im Münsterland. Die Fahrten, die über stark befahrene Straßen und durch mehrere Städte führen, stoßen in der Region auf teils heftigen Widerstand von Anwohnern und Umweltorganisationen.
25.08.2025 13:42
Aktualisiert: 25.08.2025 14:00
Lesezeit: 2 min
Grünes Licht für umstrittene Atommülltransporte durch NRW
Ein Fass mit einem aufgemalten Atom-Zeichen steht als Protestaktion am Gelände vom Schacht Konrad (Foto: dpa). Foto: Julian Stratenschulte

Befristete Beförderungsgenehmigung

Auf der gut 170 Kilometer langen Strecke sollen rund 300.000 Brennelemente-Kugeln aus dem früheren Versuchsreaktor in 152 Castor-Behältern in das Atommüll-Zwischenlager transportiert werden. Die Beförderungsgenehmigung ist befristet bis zum 31. August 2027 und ist sofort vollziehbar, teilte das Bundesamt mit. Wann die Transporte starten, sei Sache des Transporteurs in Absprache mit den Aufsichts- und Polizeibehörden, hieß es.

Nach früheren Angaben des Bundesamtes sind Schwertransporte auf der Straße geplant. Aus Jülich sind demnach 152 Einzeltransporte beantragt worden, die aber gebündelt werden könnten. Es gebe vier geeignete Transportfahrzeuge, die je einen Behälter auf einmal transportieren könnten.

Transporte aus Jülich starten nicht sofort

Laut der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN), dem Auftraggeber, steht noch kein konkreter Starttermin für die Transporte fest. Die Genehmigung enthalte Nebenbestimmungen, die derzeit intensiv geprüft und umgesetzt würden. Zudem seien vor Transportbeginn weitere Abstimmungen mit der Atomaufsicht und den Polizeibehörden des Landes NRW nötig.

Das BASE hatte bereits vor Wochen mitgeteilt, dass die Atommülltransporte nach Ahaus ab dem vierten Quartal 2025 möglich sein könnten. Das müssten aber die Länderbehörden entscheiden, wenn die Genehmigungen erteilt seien.

Das Bundesamt genehmigte außerdem zwei Transporte "bestrahlter Brennelemente" von dem Forschungsreaktor der Technischen Universität München in Garching nach Ahaus. Befördert werden sollen laut Antrag zehn Brennelemente in zwei Straßentransporten. Die Transportgenehmigung sei bis 31. Mai 2027 gültig. Für den Zeitpunkt der Transporte sei der Transporteur in Absprache mit den Aufsichts- und Polizeibehörden zuständig.

Es gibt in Deutschland derzeit noch keine Endlager, in denen auf Hunderttausende Jahre hinweg strahlender Atommüll sicher gelagert werden soll. Stattdessen gibt es sechzehn Zwischenlager, unter anderem das in Ahaus.

Jahrelanges Tauziehen um Jülicher Atommüll - Proteste und Klagen

Für die Lagerung in Jülich lief die letzte Betriebsgenehmigung bereits vor mehr als zehn Jahren im Jahr 2013 aus. Das NRW-Wirtschaftsministerium hatte 2014 angeordnet, das Lager in Jülich zu räumen, weil die Erdbebensicherheit nicht nachgewiesen werden konnte. Geprüft wurden dann drei Optionen: Transport nach Ahaus oder in die USA oder der Neubau eines Zwischenlagers in Jülich.

Die Jülicher Brennelemente lagern bereits seit längerem auf dem Gelände des Forschungszentrums in 152 Castoren.

Proteste und Klagen

Atommülltransporte nach Ahaus quer durch das dicht besiedelte NRW rufen bereits seit langem Proteste von Anwohnern und Aktivisten hervor. Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land NRW in Münster Ende vergangenen Jahres hatte die Rechtmäßigkeit der Lagerung in Ahaus bestätigt. Die Stadt Ahaus und ein Anwohner scheiterten mit einer Klage vor dem OVG.

Großer Polizeieinsatz

Heftige Kritik äußerte im Vorfeld auch die Gewerkschaft der Polizei NRW (GdP), die den Aufwand als unverhältnismäßig bewertete. Die Transporte von Jülich nach Ahaus würden sich auf mehr als 50 Fahrten mit schweren Lastwagen verteilen, vermutlich nachts. Entlang der etwa 170 Kilometer Strecke müssten sie weiträumig von der Polizei geschützt werden.



Das mute wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Polizei an und das in der allgemein angespannten Sicherheitslage, erklärte der damalige GdP-Landeschef Michael Mertens im Februar. Angeschlagene Brücken und marode Straßen stellten zudem ein großes Problem für den Transport dar.

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