Übernahme der Northvolt-Werke
Das kalifornische Start-up Lyten setzt auf die Technologie der Lithium-Schwefel-Batterien. Doch in der Branche herrscht Skepsis, ob diese bis 2028, wenn die Produktion starten soll, marktreif sein wird.
Lyten hat mit der Übernahme der Vermögenswerte des schwedischen Batterieherstellers Northvolt für Aufsehen gesorgt und neue Hoffnung für die europäische Batteriefertigung geweckt. Der Weg zum Erfolg bleibt jedoch steinig – zumal zahlreiche Autohersteller und Investoren Northvolts Zusammenbruch aus nächster Nähe miterlebt haben, berichtet Reuters.
Northvolt hatte im November vergangenen Jahres Insolvenz angemeldet. Lyten übernahm Anfang Juli dessen europäische Speicherfabrik im polnischen Danzig, die kalifornische Cuberg-Fabrik sowie Rechte an Northvolts Energiespeicherlösungen, darunter das Voltpack Mobile System, und an in Entwicklung befindlichen Batteriespeichern.
Das US-Unternehmen konnte mehr als 180 Millionen Euro frisches Eigenkapital einwerben und erhöhte die Gesamtsumme seiner Investitionen auf 600 Millionen Euro. Mit diesem Kapital will Lyten seine Expansionsstrategie in den USA und Europa vorantreiben. In Danzig kündigte das Unternehmen den sofortigen Produktionsstart von Batteriespeichersystemen (BESS) an – darunter erstmals Speicherlösungen mit Lithium-Schwefel-Chemie.
Von Pilotprojekten zur Serienfertigung
Bislang produziert Lyten nur auf Pilotbasis im Silicon Valley. Durch die Übernahme von Northvolts Fabriken und Entwicklungsressourcen will das Unternehmen nun in die Serienproduktion einsteigen.
Die Lithium-Schwefel-Batterien sollen leichter, günstiger und weniger abhängig von chinesischen Rohstoffen sein. Noch befindet sich die Technologie in der Entwicklungsphase. Lyten-CEO Dan Cook erklärte, die Übernahme könnte es ermöglichen, bis 2028 die Serienfertigung zu erreichen. Fachleute warnen jedoch, dass die Batterien im Automobilbereich vermutlich erst ab 2030 einsatzbereit sind.
Große Autobauer bleiben zurückhaltend. BMW, Volkswagen und Volvo hatten in der Vergangenheit mit Northvolt zusammengearbeitet. BMW etwa kündigte 2023 einen Vertrag im Wert von zwei Milliarden Euro wegen Qualitätsproblemen. Langfristige Verträge seien erst nach einer nachgewiesenen Stabilität der Lieferungen möglich, so der Konzern. Auch Scania und Volvo Cars planen derzeit keine neuen Zulieferverträge.
Lyten finanziert sich über private Investoren und plant zudem die Nutzung europäischer Fördermittel und Subventionen. Unterstützung erhält das Unternehmen von Stellantis, das 2023 einen Anteil von zwei Prozent erwarb und gemeinsam mit Lyten Lithium-Schwefel-Zellen testet.
Asiatische Konkurrenz setzt auf Festkörper-Technologien
Die asiatischen Wettbewerber schlafen nicht: CATL aus China und LG Energy Solution aus Südkorea investieren massiv in Batterien mit festen und halbfesten Elektrolyten. Europäische Hersteller hingegen kämpfen mit Jahren unprofitabler Produktion, die nur durch hohe staatliche Subventionen gestützt werden kann. China hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als 140 Milliarden Euro investiert, um seine Führungsrolle in der Batterietechnologie zu sichern.
Die deutsche Autoindustrie ist stark von Batteriezellenimporten aus Asien abhängig. Sollte die Technologie der Lithium-Schwefel-Batterien marktreif werden, könnten deutsche Hersteller wie BMW oder Volkswagen unabhängiger von chinesischen Lieferketten werden. Gleichzeitig zeigt die Skepsis der Konzerne, dass Vertrauen nur durch zuverlässige Qualität und stabile Produktion gewonnen werden kann.
Lyten will Northvolts Erbe antreten und mit Lithium-Schwefel-Batterien eine europäische Antwort auf die asiatische Dominanz liefern. Doch die Technologie ist riskant, die Skepsis groß, und die Zeit drängt. Europa steht vor der Frage, ob es im globalen Batterierennen nur Zuschauer bleibt – oder mit riskanten, aber potenziell revolutionären Technologien wie der Lithium-Schwefel-Chemie noch einmal aufschließen kann.

