Ökonomen warnen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt angesichts nachlassender Exportdynamik und ausgereizter Subventionen zu müde wirkt, um weiter kräftig zu wachsen. Chinas Industrieproduktion und Konsum fielen im August auf den tiefsten Stand seit einem Jahr, während sich das Wachstum bei Einzelhandel, Industrie und Investitionen weiter abschwächte.
Die Einzelhandelsumsätze legten im August um 3,4 Prozent zu, Analysten hatten jedoch 3,9 Prozent erwartet. Einen Monat zuvor lag das Plus noch bei 3,7 Prozent. Die Investitionen in langfristige Vermögenswerte brachen in den ersten acht Monaten dieses Jahres auf 0,5 Prozent ein – der schlechteste Wert seit 2020. Von Januar bis Juli waren es noch 1,6 Prozent gewesen, prognostiziert wurden 1,4 Prozent.
Die Arbeitslosenquote in den Städten kletterte auf 5,3 Prozent (im Juli: 5,2 Prozent). Das Statistikamt machte die große Zahl arbeitsloser Hochschulabsolventen verantwortlich. Gleichzeitig fiel das Wachstum der Industrieproduktion auf 5,2 Prozent – den schwächsten Wert seit August 2024.
Immobilienkrise verschärft die Lage
Die Immobilienkrise belastet die Wirtschaft schwer: Von Januar bis August gingen die Investitionen in den Sektor um 12,9 Prozent zurück, die Immobilienpreise in den 70 größten Städten fielen im Jahresvergleich um 3 Prozent. „Wir werden im dritten Quartal wahrscheinlich eine deutliche Verlangsamung des BIP-Wachstums erleben“, erklärte Serena Zhou, Chefökonomin bei Mizuho Securities Asia. Da das vierte Quartal 2024 außergewöhnlich stark gewesen sei, werde die Abkühlung Ende 2025 noch deutlicher ausfallen – und das Wachstumsziel von fünf Prozent gefährden.
Laut Wall Street Journal sei es höchste Zeit für Peking, massive Konjunkturmaßnahmen zu ergreifen. Doch die sogenannte „Anti-Involutionskampagne“ gegen Überproduktion und ruinösen Wettbewerb bremst Produktion und Investitionen zusätzlich – selbst in Schlüsselindustrien wie Solarenergie und Elektroautos.
Bedeutung für Deutschland und Europa
Für Deutschland ist Chinas Wirtschaftsentwicklung von zentraler Bedeutung. Als einer der größten Handelspartner ist die Bundesrepublik in hohem Maße von chinesischen Investitionen, Industriekomponenten und Konsumgütern abhängig. Eine schwächelnde Nachfrage in China trifft deutsche Autohersteller, Maschinenbauer und Chemiekonzerne direkt. Zugleich verstärkt Pekings aggressive Industriepolitik den Wettbewerbsdruck auf deutsche Unternehmen, die zunehmend von billigeren chinesischen Exporten verdrängt werden. Sollte China in eine Rezession rutschen, könnte dies die ohnehin fragile Konjunktur in Deutschland zusätzlich belasten.
Ökonomen fordern, dass China stärker auf Binnenkonsum setzt, da Exporte durch Handelsunsicherheiten geschwächt sind. Doch die jüngsten Zahlen liefern Peking kaum Argumente in den laufenden Zollverhandlungen mit den USA, die voraussichtlich bis November entscheiden, ob Strafzölle verhängt werden.
Einige Analysten rechnen mit neuen Stimuli, etwa zusätzlichen Subventionen für Elektroautos und Haushaltsgeräte. Doch die Verschiebung der Konsumausgaben hin zu Dienstleistungen wie Reisen und Unterhaltung zeigt, dass Pekings Maßnahmen immer weniger Wirkung entfalten.
Ökonomen mahnen zudem eine Stabilisierung des Immobilienmarkts an, der im August erneut eingebrochen ist. Auch die traditionell starke Infrastrukturpolitik zeigt Schwächen: Das Wachstum in diesem Bereich sank in den ersten acht Monaten auf nur zwei Prozent.
Das Exportwachstum verlangsamte sich auf 4,4 Prozent – der zweite Rückgang in Folge. Laut Analysten deutet dies auf strukturelle, nicht nur temporäre Probleme hin. „Das deutlichste Warnsignal ist der Rückgang der Investitionen“, so Chang Shu und David Qu. Auch Zhiwei Zhang von Pinpoint Asset Management betont: „Der Abschwung war zu erwarten, da die Wirkung der Exporte und der fiskalischen Anreize nachlässt.“


