Deutschland Wirtschaft sendet Aufwärtssignale
Insgesamt bewegen sich die wichtigen Volkswirtschaften Deutschland, die USA und China sehr nahe an ihrem mittelfristigen Trend, was angesichts der Zahl und Schwere geopolitischer Schocks positiv ist. Überraschend hat sich zuletzt Deutschland beim Konjunkturstand an die Spitze gesetzt. Das hängt damit zusammen, dass das Land über mehrere Jahre völlig stagnierte, sodass nun jedes Anzeichen einer Belebung als Wert oberhalb des Trends erscheint. Am schwächsten schneiden derzeit China aus zyklischer Sicht ab, wo Deflation und Entschuldung die Wirtschaft belasten. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass gerade an der chinesischen Börse eine große Hausse begonnen hat.
Der Durchschnitt der Konjunkturindikatoren liegt in Deutschland um 0,3 Standardabweichungen über dem historischen Trend. Das entspricht theoretisch einem Wirtschaftswachstum von etwa 0,5 Prozent im Jahresvergleich, auch wenn die tatsächlichen Ergebnisse noch etwas schwächer sein könnten. Besonders beachtenswert sind die jüngsten Daten zu Baugenehmigungen und Autoverkäufen – in beiden Fällen zeichnet sich eine deutliche Belebung ab.
Die Baugenehmigungen für Wohnungen stiegen in Deutschland im Juli um 32 Prozent im Jahresvergleich (zuvor: +7,7 Prozent). Es sind die höchsten Werte seit März 2021 und – die Pandemie ausgeklammert – seit April 2016. Offenbar bricht der Markt allmählich nach zwei Jahren tiefen Einbruchs auf, in denen die Zahl der Neubauten um 20 bis 30 Prozent jährlich zurückging. Dennoch ist Deutschland noch weit entfernt von den einst von der Regierung verkündeten 400.000 Neubauten pro Jahr. Derzeit liegt die Zahl der Genehmigungen bei rund 18.000 pro Monat – ein Niveau vergleichbar mit Polen, das nur halb so viele Einwohner hat. Ob der jetzige Sprung einen nachhaltigen Trend markiert, wird sich erst in zwei Monaten zeigen.
Auch der Automarkt sendet positive Signale. Die Zahl der verkauften Autos stieg im Juli um 16,5 Prozent im Jahresvergleich (zuvor: -1,3 Prozent). Haupttreiber des Anstiegs ist der Sektor der Elektrofahrzeuge. Branchenprognosen zeichnen ein optimistisches Bild: Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) soll der Absatz elektrifizierter Fahrzeuge in Deutschland 2025 um 53 Prozent steigen und 873.000 Stück erreichen. Besonders dynamisch soll das Wachstum bei reinen Elektroautos verlaufen, wo ein Anstieg um 75 Prozent erwartet wird.
Für die deutsche Wirtschaft bedeutet das Aufleben am Bau- und Automarkt eine mögliche Wende nach Jahren der Stagnation. Eine Zunahme der Baugenehmigungen kann auf neue Impulse im Baugewerbe hinweisen – ein Sektor, der eng mit der Binnenkonjunktur verknüpft ist. Gleichzeitig könnte die steigende Nachfrage nach Elektroautos Deutschlands Rolle als Leitmarkt für Elektromobilität in Europa stärken und so auch Zuliefererindustrien in Schwung bringen. Die Wirtschaft könnte damit an Stabilität gewinnen, wenngleich Unsicherheiten in der globalen Konjunktur bestehen bleiben.
USA und China: stabile USA, schwaches Wachstum
In den USA liegt der Durchschnitt der Konjunkturindikatoren um 0,1 Standardabweichungen über dem historischen Trend. Das entspricht einem Wirtschaftswachstum von rund 2 Prozent. Trotz hoher Zölle sind die Vereinigten Staaten nicht in eine Rezession gerutscht. Bemerkenswert sind die positiven Einzelhandelszahlen sowie die Zinssenkung der Fed, die die Börsenrally unterstützt.
Der Einzelhandel stieg im August real um 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr (zuvor: +1,3 Prozent). Damit zeigen sich keine negativen Effekte durch verschlechterte Konsumentenstimmung infolge der Zollpolitik von Präsident Donald Trump. Ein Modell der Federal Reserve Bank of Atlanta signalisiert ein jährliches BIP-Wachstum von 2 Prozent, wie schon im Vorquartal. Trotz guter Daten senkte die Fed die Zinsen um 0,25 Punkte auf 4 bis 4,25 Prozent. Kritiker monieren, dass dies angesichts der über Ziel liegenden Inflation und des robusten Arbeitsmarkts übertrieben sei. Fed-Chef Jerome Powell argumentierte jedoch mit wachsenden Risiken im Arbeitsmarkt.
China bleibt unter Trend: Der Durchschnitt der Indikatoren liegt 0,2 Standardabweichungen darunter. Exporte leiden unter US-Sanktionen, Verbraucher sind durch die Immobilienkrise verunsichert. Investitionen legten im Zeitraum Januar–August nur um 0,5 Prozent zu (zuvor: +1,6 Prozent). Gleichzeitig wächst die Industrieproduktion (5,2 Prozent) schneller als der Einzelhandel (3,2 Prozent) – China muss seine Produkte stärker ins Ausland drücken, oft nur über Preissenkungen.
Bemerkenswert ist die Börsenhausse: Der CSI-300-Index stieg in drei Monaten um 17 Prozent, nachdem er zuvor gefallen war. Offenbar glauben Investoren, dass die Folgen des Zollkrieges mit den USA weniger gravierend ausfallen. Zudem stärkt Chinas technologische Eigenständigkeit das Vertrauen – etwa durch Fortschritte in der Halbleiterproduktion und den Importstopp bestimmter Nvidia-Chips. Niedrige Bewertungen und Hoffnungen auf Zinssenkungen sowie Stimulusmaßnahmen schaffen zusätzlichen Optimismus.
Deutschland meldet Bau-Boom, China Börsen-Hausse
Deutschland zeigt erstmals seit Jahren deutliche Konjunktursignale – Baugenehmigungen und Autoverkäufe deuten auf eine mögliche Trendwende. China wiederum überrascht trotz schwacher Fundamentaldaten mit einer Aktienhausse. Die USA halten sich stabil, während Polen zwischen schwachen Investitionen und robustem Konsum schwankt. Für die Wirtschaft bedeutet dies: Die Lage bleibt angespannt, aber erste Lichtblicke sind erkennbar. Ob sich daraus ein nachhaltiger Aufschwung entwickelt, wird sich in den kommenden Quartalen zeigen.