Bitcoin-Kurs und der sogenannte „Debasement Trade“
Nach Einschätzung von Bloomberg liegt der Hauptgrund für den jüngsten Anstieg des Bitcoin-Kurses im allgemeinen Aufschwung risikoreicher Anlagen, der im Zusammenhang mit dem drohenden Shutdown der US-Regierung steht. Die politische Unsicherheit in den Vereinigten Staaten hat den US-Dollar spürbar geschwächt, was viele Anleger dazu veranlasst, Kapital in vermeintlich wertstabilere Alternativen zu verlagern. Diese Strategie wird im Marktjargon als „Debasement Trade“ bezeichnet. Gemeint ist eine Anlageform, die darauf abzielt, sich gegen eine erwartete Abwertung der Leitwährung abzusichern und dadurch Wertverluste zu vermeiden.
Der Dollar befindet sich seit mehreren Monaten im Abwärtstrend und steht kurz davor, den größten Jahresverlust der vergangenen zwei Jahrzehnte zu verzeichnen. Gleichzeitig hat auch der Goldpreis in der vergangenen Woche neue Höchststände erreicht. Nun folgt Bitcoin dieser Entwicklung. „Für viele Anleger ist Bitcoin ein Schutz vor den Risiken des eigenen politischen Systems und vor dem Dollar“, erklärte Markus van de Weyer von der Vermögensverwaltung Alpha Beta Asset Management im Gespräch mit dem Handelsblatt. Neben der Schwäche des Dollars haben auch steigende US-Aktienkurse und ein deutlicher Anstieg der Kapitalzuflüsse in Bitcoin-bezogene ETFs zur Aufwärtsbewegung beigetragen. Joshua Lim von der Kryptohandelsplattform FalconX wies gegenüber Bloomberg darauf hin, dass zahlreiche Anlageklassen, darunter Aktien, Gold und sogar Sammlerstücke wie Pokémon-Karten, derzeit historische Höchststände erreichen. Unter diesen Bedingungen sei es nicht überraschend, dass auch Bitcoin von der Abwertung des Dollars profitiere und eine wachsende Zahl von Investoren anziehe, die nach alternativen Wertanlagen suchen.
Neue Rolle der Kryptowährungen an den Finanzmärkten
Geoff Kendrick, Leiter der globalen Digital-Asset-Forschung bei Standard Chartered, betonte, dass das aktuelle Regierungs-Shutdown diesmal eine größere Bedeutung für Bitcoin habe als frühere politische Krisen in den USA. Seine Bank rechnet mit einer weiteren Aufwärtsbewegung des Kurses, solange die Unsicherheit anhält. Während des letzten Shutdowns in den Jahren 2018 und 2019 habe sich Bitcoin noch in einer anderen Phase befunden. Damals sei die Kryptowährung nicht in dem Maße parallel zu traditionellen Risikoanlagen gehandelt worden wie heute. Ein wichtiger Faktor ist nach Ansicht von Analysten die Einführung der Bitcoin-ETFs, die institutionellen Anlegern erstmals in größerem Umfang den Zugang zum Kryptomarkt ermöglicht haben. Damit hat sich die Struktur des Marktes spürbar verändert. Auch geldpolitische Entscheidungen spielen eine zentrale Rolle. Das Handelsblatt verweist darauf, dass die US-Notenbank (Fed) auf ihrer jüngsten Sitzung die Leitzinsen gesenkt hat. Eine solche Entscheidung gilt traditionell als vorteilhaft für risikoreiche Anlagen, zu denen Aktien und Kryptowährungen gleichermaßen zählen.
Saisonaler Rückenwind durch „Uptober“
Zusätzlichen Optimismus bezieht der Markt aus der saisonalen Kursentwicklung im Oktober. In der Kryptobranche hat sich für diesen Zeitraum der Begriff „Uptober“ etabliert, da der Bitcoin-Kurs in neun der vergangenen zehn Jahre im Oktober gestiegen ist. Nach Daten von Coindesk lag die durchschnittliche Rendite in diesem Monat bei rund 22 Prozent. Diese historische Tendenz trägt zur positiven Stimmung unter Anlegern bei, die den Markt derzeit prägt und den Kurs weiter stützt. Seit Jahresbeginn hat sich der Bitcoin-Kurs um mehr als 30 Prozent erhöht. In der vergangenen Woche allein verzeichnete die Kryptowährung ein Plus von fast 12 Prozent. Marktbeobachter sehen darin ein Zeichen, dass Bitcoin zunehmend als langfristige Anlagealternative wahrgenommen wird und nicht mehr nur als spekulatives Instrument für kurzfristige Gewinne.
Der neue Rekord verdeutlicht, dass Kryptowährungen zu einem festen Bestandteil der globalen Finanzlandschaft geworden sind. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und geldpolitischer Lockerungen rückt Bitcoin auch für europäische und insbesondere für deutsche Anleger stärker in den Fokus. Viele Investoren betrachten den Bitcoin-Kurs inzwischen als Indikator für das Vertrauen in alternative Wertsicherungsstrategien jenseits staatlicher Währungen. Gleichwohl bleibt die hohe Volatilität ein zentrales Risiko, das eine sorgfältige Beobachtung und klare Anlagestrategien erfordert. Für Deutschland bedeutet dies, dass sich die Diskussion um digitale Vermögenswerte zunehmend von der Nische hin zu einem relevanten Bestandteil der Finanzpolitik und Kapitalmarktanalyse entwickelt.

