Wirtschaft

Einkaufsmanagerindex Deutschland: Das Comeback der Wirtschaft hat eine gefährliche Schwachstelle

Die deutsche Wirtschaft wächst so stark wie seit Jahren nicht mehr – doch der Aufschwung hat Schattenseiten. Während Dienstleistungen florieren, bleibt die Industrie geschwächt und entlässt Personal. Was wie eine Trendwende aussieht, könnte sich als trügerisches Signal erweisen.
Autor
avtor
28.10.2025 16:12
Lesezeit: 2 min
Einkaufsmanagerindex Deutschland: Das Comeback der Wirtschaft hat eine gefährliche Schwachstelle
Der Einkaufsmanagerindex zeigt: Nur Dienstleistungen wachsen, die Industrie kämpft weiter gegen den Abschwung. (Foto: dpa | Julian Stratenschulte) Foto: Julian Stratenschulte

Dienstleistungssektor treibt Deutschlands Wirtschaft an

Die deutsche Wirtschaft startet mit dem stärksten Wachstum seit fast zweieinhalb Jahren in das letzte Quartal 2025. Das zeigt die aktuelle Analyse von S&P Global, die monatlich die Lage in der Industrie und im Dienstleistungssektor überprüft. Die positive Entwicklung ist jedoch vor allem auf den florierenden Dienstleistungsbereich zurückzuführen – die deutsche Industrie bleibt weiterhin unter Druck. Im Oktober stieg der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex (PMI), der Industrie und Dienstleistungen umfasst, auf 53,8 Punkte, nach 52 Punkten im September. Werte über 50 deuten auf Wachstum hin, Werte darunter auf eine Schrumpfung. Der PMI für die Industrie blieb zwar im negativen Bereich, verbesserte sich aber leicht – von 49,5 auf 49,6 Punkte. Deutlich stärker fiel das Plus im Dienstleistungssektor aus: Hier kletterte der Index von 51,5 auf 54,5 Punkte. Beide Werte lagen über den Erwartungen der Analysten und deuten auf eine stabile Konjunkturerholung hin.

Unternehmen erwarten ein ruhigeres Jahr 2026

Die Umfrage unter rund 800 deutschen Unternehmen zeigt laut S&P Global eine gemischte Stimmung: Einerseits legte die Produktion im verarbeitenden Gewerbe bereits den achten Monat in Folge zu, wenn auch langsamer als im September und weiterhin unter dem langfristigen Durchschnitt. Andererseits blieb die internationale Nachfrage verhalten. Sowohl Dienstleister als auch Produzenten meldeten im Oktober einen leichten Rückgang der Exportaufträge. Positiv ist hingegen, dass das 38 Monate andauernde Schrumpfen der Auftragsrückstände erstmals gestoppt wurde – das längste Abwärtstrendintervall seit Beginn der Datenerhebung. Trotz steigender Neuaufträge und wachsender Auftragsbestände setzten viele private Unternehmen im Oktober weiterhin auf Personalabbau. Laut S&P Global deutet das darauf hin, dass die Firmen ihre Produktivität optimieren wollen, um Kosten in einem unsicheren Umfeld zu senken.

Bedeutung des PMI für die deutsche Konjunktur

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) gilt als einer der zuverlässigsten Frühindikatoren für die wirtschaftliche Lage. Er spiegelt nahezu in Echtzeit die aktuelle Geschäftsentwicklung wider – im Gegensatz zu amtlichen Statistiken, die mit zeitlicher Verzögerung veröffentlicht werden. „Das ist ein unerwartet guter Start in das letzte Quartal“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, die gemeinsam mit S&P Global die Umfrage durchführt. Für Deutschland bedeutet das Ergebnis, dass vor allem der Dienstleistungssektor das Wachstum stützt, während die Industrie noch auf eine nachhaltige Erholung wartet. Die Schwäche der Exportmärkte, steigende Energiekosten und strukturelle Unsicherheiten dämpfen weiterhin die Produktion.

Sollte sich die Dynamik im Dienstleistungsbereich fortsetzen, könnte die deutsche Wirtschaft den bisherigen Abwärtstrend zumindest kurzfristig durchbrechen. Allerdings bleibt der Industriesektor ein Risiko: Eine nachhaltige Erholung hängt stark von der internationalen Nachfrage und der Entlastung bei Energie- und Finanzierungskosten ab. Ein direkter Deutschland-Bezug ist hier selbstverständlich gegeben, da die Daten ausschließlich die deutsche Wirtschaft betreffen und Rückschlüsse auf ihre Wettbewerbsfähigkeit innerhalb Europas zulassen.

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Albina Kenda

Zum Autor:

Albina Kenda ist eine erfahrene Journalistin, die sich auf die Berichterstattung über Geldpolitik und EU-Themen für die slowenische Wirtschaftszeitung Casnik Finance spezialisiert hat. Sie arbeitet sich regelmäßig durch endlose Stapel von Berichten, Vorschlägen, Reden und Diskussionen, um so klar wie möglich darzustellen, wie internationale und insbesondere europäische Themen uns alle betreffen, auch wenn wir uns nicht dafür interessieren.

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