US-Börsen legen zu: Nvidia überzeugt – und zieht die Anleger mit
Der Oktober war bereits der sechste Monat in Folge, in dem die Kurse an den US-Börsen gestiegen sind. Solange die Unternehmensgewinne hoch bleiben, fehlt es an Gründen für eine länger anhaltende Verkaufswelle. Der Leitindex S&P 500 legte im Oktober um 2,4 Prozent zu und steht seit Jahresbeginn kräftige 16,5 Prozent im Plus. Seit April, dem Höhepunkt der weltweiten Handelsunsicherheit, sind die Kurse an den US-Börsen um annähernd 40 Prozent gestiegen. Auch der technologielastige Nasdaq Composite setzte seinen Aufwärtstrend fort und legte im Oktober um 4,8 Prozent zu. Damit könnte er die längste Gewinnserie seit 2018 verzeichnen.
In Europa verlief die Entwicklung verhaltener, doch seit Jahresbeginn stiegen die Kurse europäischer Unternehmen um rund 12 Prozent. Trotz der anhaltenden Gewinne wächst die Sorge vor einer Blasenbildung an den US-Börsen. Solange die Unternehmensgewinne stark bleiben, ist jedoch kein nachhaltiger Abschwung zu erwarten. Auch die geopolitische Lage wirkt stabilisierend. Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China zeigen derzeit Anzeichen einer Entspannung, und die US-Notenbank Federal Reserve signalisiert Bereitschaft, das Wirtschaftswachstum weiter zu unterstützen.
Und auch im November sieht die Bilanz an den US-Börsen positiv aus. Nachdem Nvidia zur Wochenmitte überraschend starke Quartalszahlen vorgelegt hatte, ist eine große Unsicherheit aus dem Weg geräumt, die Anleger atmen tief durch. Im Vorfeld war befürchtet worden, dass Nvidia ein erstes prominentes Opfer des KI-Booms werden könnte – und die KI-Blase keine Einbildung ist. Doch alles ist gut gegangen, die Nvidia-Aktie kletterte nachbörslich deutlich nach oben. Und auch am Donnerstag stehen grüne Vorzeichen beim Nvidia-Aktienkurs. Zum steigt die Nvidia-Aktie über 192,67 US-Dollar – ein Kursplus von mehr als 3,3 Prozent.
Der breite Markt legt ebenfalls zu. Die wichtigen Indizes an den US-Börsen verbuchen zum Handelsauftakt am Donnerstag Gewinne: Der Dow Jones Industrial steigt annähernd 1,3 Prozent auf 46.745 Punkte, der S&P 500-Index klettert um über 1,6 Prozent auf 6.753 Punkte und der Nasdaq Composite verbucht sogar ein Plus von 2,15 Prozent bei 23.049,8 Punkten. Was heißt das nun für die Anleger? Geht es weiter nach oben? Kommt die Jahresendrallye nun doch noch in Schwung?
Unternehmensgewinne treiben die US-Börsen
Schon vor der Veröffentlichung der Quartalsberichte großer US-Unternehmen erwartete die Wall Street einen deutlichen Gewinnanstieg. Diese Prognosen wurden übertroffen. Ende September rechneten Analysten mit einem Gewinnwachstum von 7,7 Prozent, tatsächlich stiegen die Gewinne der S&P-500-Unternehmen im dritten Quartal um 10,7 Prozent im Jahresvergleich.
Trotz Risiken durch mögliche Zölle oder politische Blockaden in Washington bleibt die Dynamik stark. Die US-Wirtschaft erlebt derzeit ihre beste Gewinnsaison der vergangenen vier Jahre. Laut Global Wealth Management stützen drei Faktoren die Entwicklung: stabiles Gewinnwachstum, Zinssenkungen der Federal Reserve und Investitionen in künstliche Intelligenz. Viele Marktteilnehmer gehen davon aus, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt. Für das kommende Jahr erwarten Analysten erneut ein Gewinnwachstum von 10 bis 15 Prozent. Anleger projizieren aktuelle Trends häufig in die Zukunft, was die Stimmung an den US-Börsen zusätzlich stärkt.
Künstliche Intelligenz als Wachstumstreiber
Die jüngsten Quartalsberichte, insbesondere der von Nvidia, zeigen, dass große US-Technologieunternehmen weiter stark in künstliche Intelligenz investieren. Laut Bloomberg sammelten führende Konzerne im September durch Anleiheemissionen rund 75 Milliarden Dollar ein, um ihre Rechenzentren für KI auszubauen. Die gemeinsame Marktkapitalisierung von Meta, Alphabet, Microsoft und Nvidia übersteigt inzwischen 14 Billionen Dollar. Das ist mehr als die gesamte Wirtschaftsleistung Deutschlands, Japans und Indiens zusammen. Die hohe Konzentration von Kapital im Technologiesektor bleibt damit ein zentrales Thema an den US-Börsen.
Dennoch zeigen Kursbewegungen, dass Investoren zunehmend vorsichtiger werden. Meta verlor nach Ankündigung steigender KI-Ausgaben rund 15 Prozent an Wert, während Alphabet nach ähnlichen Mitteilungen zulegen konnte. Diese Unterschiede verdeutlichen, dass die Geduld der Anleger Grenzen hat. Wie marketrealist.com berichtet, sehen Experten der Bank of America in der Reaktion auf Metas Ausgabenpläne ein Warnsignal. Die Analyse der BoA-Spezialisten zeigt, dass Technologiekonzerne wie Meta und Oracle zunehmend auf Anleihen und Schulden setzen, um ihre KI-Ambitionen zu finanzieren. Die Kreditaufnahme für KI-Rechenzentren sei stark angestiegen. Dieser Trend deute darauf hin, dass das bisher selbstfinanzierte Modell, das den schnellen Fortschritt im KI-Bereich ermöglicht hat, unter Druck geraten könnte – und Unternehmen gezwungen sein könnten, mehr Schulden aufzunehmen, um das Tempo aufrechtzuerhalten.
Zwischen Euphorie und Realismus an den US-Börsen
Andy Kesler vom Wall Street Journal beschreibt die Stimmung mit den Worten „Don’t worry, be happy“. Jeder, der an der Entwicklung von KI beteiligt ist, investiert derzeit enorme Summen. „KI ist das Beste seit geschnittenem Brot, aber wir brauchen wohl keine Toaster mit 100 Gigawatt Leistung, deren Hersteller ihre Schulden mit Rechenzentren absichern“, so Kesler ironisch. Er weist darauf hin, dass es an der Börse keine klaren Signale für Hoch- oder Tiefpunkte gibt, auch wenn es Hinweise geben kann. Ein Beispiel ist die neue Firmenzentrale von J.P. Morgan in Manhattan mit 60 Stockwerken, die Kesler als mögliches Zeichen für eine späte Marktphase sieht. James McIntosh, ebenfalls vom Wall Street Journal, deutet die Kursreaktionen von Meta und Alphabet als Zeichen für gesunde Skepsis.
Anleger wollen weiterhin Belege für nachhaltige Renditen sehen. Trotz hoher Bewertungen und massiver Kapitalflüsse in Rechenzentren bleiben viele Investoren vorsichtig. Die Beobachtungen zeigen, dass an den US-Börsen trotz Euphorie noch Rationalität vorhanden ist. Investoren bevorzugen reale Gewinne und solide Daten gegenüber bloßen Zukunftsversprechen.
Welche Lehren Deutschland aus der Dynamik der US-Börsen ziehen kann
Für Deutschland ergibt sich daraus ein gemischtes Bild. Einerseits profitieren deutsche Technologie- und Industrieunternehmen vom weltweiten KI-Investitionsboom über Export- und Zulieferstrukturen. Andererseits zeigt der US-Markt, wie schnell Euphorie in Skepsis umschlagen kann, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Für deutsche Anleger bleibt entscheidend, Chancen im Technologiesektor sorgfältig zu prüfen und auf stabile Fundamentaldaten zu achten. Der Blick auf die US-Börsen verdeutlicht, dass nachhaltiger Erfolg an den Finanzmärkten nicht allein auf Innovation, sondern auf langfristiger Rentabilität basiert.


