Wie eine schwedische Gründerin ein neues Verfahren etabliert
Die Wiederverwertung von Textilien gilt als eines der komplexesten Probleme der globalen Modeindustrie. Zahlreiche Unternehmen arbeiten an Lösungen, doch die schwedische Gründerin Jade Bouledjouidja verfolgt mit ihrer Startup-Firma Renasens einen Ansatz, der die gesamte Branche verändern könnte. Die Jury des Global Change Award zählt die Methode zu den innovativsten Ideen des Jahres 2025 und sieht darin erhebliches Potenzial für ein nachhaltigeres Textilrecycling. Das berichten unsere Kollegen von Dagens Industri.
Der Name Renasens ist eine an das französische Wort Renaissance angelehnte Form, die Wiedergeburt bedeutet. Bouledjouidja übertrug ihr Wissen aus der Pharmabranche auf die Textilwirtschaft, da sie dort zuvor geforscht hatte. Sie geht davon aus, dass genau dieser fachfremde Blick der Grund dafür ist, dass das nun zum Patent angemeldete Verfahren in der Modeindustrie noch weitgehend unbekannt ist. Renasens konzentriert sich zunächst auf gemischte Materialien aus Polyester und Baumwolle. Diese Kombination findet sich heute in rund fünfzig Prozent aller Kleidungsstücke.
Chemie statt Wasser: Neues Verfahren macht Mischtextilien wieder spinnfähig
Bouledjouidja beschreibt den Prozess als mehrstufige technische Lösung. Zuerst reinigt das Unternehmen die Textilien mit superkritischer Kohlendioxid, also CO2, das sich oberhalb der kritischen Temperatur und des kritischen Drucks befindet. In diesem Zustand vereint es Eigenschaften von Gas und Flüssigkeit. Es kann eindringen wie ein Gas und Substanzen lösen wie eine Flüssigkeit. Die Reinigung entfernt sämtliche Farbstoffe und Zusätze, auch chemisch gebundene Bestandteile. Im nächsten Schritt öffnet Renasens die makromolekulare Struktur des Gewebes, damit sich die Fasern trennen lassen. Am Ende separiert die Technologie Baumwollfasern von Polyesterfasern. Beide Materialien können anschließend wieder zu Garn verarbeitet werden. Der gesamte Prozess kommt ohne Wasser aus, was in einer ressourcenintensiven Branche einen entscheidenden Vorteil bedeutet.
Bouledjouidja betont, dass Chemie und Verfahrenstechnik gemeinsam die Grundlage für diese Innovation bilden. Zusätzlich entsteht ein wirtschaftlicher Nebeneffekt. Die bei der Trennung gelösten Chemikalien können an die chemische Industrie verkauft werden. Gleichzeitig setzt das Unternehmen auf ein modulares Produktionssystem. Renasens möchte nicht in groß dimensionierte Anlagen investieren, sondern flexibel wachsen.
Modularer Aufbau soll weltweite Skalierung ermöglichen
In einem ersten Schritt plant Renasens den Bau einer Pilotanlage und einer kleinen kommerziellen Einheit im schwedischen Borås. Die Produktion soll im Jahr 2026 beginnen und eine Kapazität von zweihundertfünfzig Tonnen pro Jahr erreichen. Perspektivisch will das Unternehmen bis zu acht Module errichten, was einer industriellen Leistung von fünfzigtausend Tonnen jährlich entspricht. Langfristig soll die Technologie weltweit lizenziert werden. Lizenznehmer können das modulare System an ihre jeweiligen Kapazitäten anpassen.
Eine groß angelegte Produktionsanlage ist ab dem Jahr 2028 vorgesehen. Sie soll ebenfalls eine Kapazität von fünfzigtausend Tonnen pro Jahr haben. Die Gründerin betont, dass der modulare Ansatz niedrigere Investitionen ermöglicht und internationale Partner schneller mit dem Textilrecycling beginnen können. Bouledjouidja zog aus Frankreich nach Schweden, weil sie die Natur und das Wandern schätzt und die Verbindung von Arbeit und Freizeit mit schwedischen Werten verknüpft. Gleichzeitig räumt sie ein, dass diese Balance als Unternehmerin vorerst keine Bedeutung hat. Sie lacht und erklärt, dass das Leben im Aufbau einer Firma vor allem aus intensiver Arbeit bestehe.
Bedeutung für deutsche Unternehmen und Märkte
Eine großtechnische Umsetzung des Verfahrens könnte auch für deutsche Unternehmen relevant werden, da Deutschland einen bedeutenden Markt für Textilrecycling und Kreislaufwirtschaft bildet. Zahlreiche Modeanbieter und industrielle Verwerter prüfen derzeit Alternativen zu wasserintensiven oder chemisch schwierigen Verfahren. Das modulare System von Renasens könnte sich insbesondere für Firmen eignen, die ihre Prozesse dezentral erweitern möchten und flexible Kapazitäten benötigen.

