EU reagiert auf US-Ausnahmen bei globaler Mindeststeuer
Die EU will die Auswirkungen des globalen Mindeststeuersatzes von 15 Prozent auf Irland neu bewerten, nachdem die USA von zentralen Teilen der Regelung ausgenommen wurden. Das erklärte der irische Vizepremier und Finanzminister Simon Harris in einem Interview mit der Zeitung Business Post.
Harris zufolge hat EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis zugesagt, eine Folgenabschätzung zu den jüngsten Änderungen am OECD-Rahmenwerk zur Unternehmensbesteuerung vorzunehmen. Ziel sei es sicherzustellen, dass Irland und vergleichbare Länder durch die neuen Ausnahmeregelungen nicht benachteiligt werden.
Der OECD-Rahmen sieht einen globalen Mindeststeuersatz von 15 Prozent für große multinationale Konzerne vor. Änderungen, die in den kommenden Tagen beschlossen werden sollen, räumen den Vereinigten Staaten jedoch weitreichende Ausnahmen ein.
Zusagen auf Ebene der EU-Finanzminister
Dombrovskis habe diese Überprüfung bereits bei einem Treffen der EU-Finanzminister im Rahmen des Ecofin-Rates in der vergangenen Woche in Aussicht gestellt. Harris begrüßte insbesondere eine entsprechende Erklärung des Wirtschaftskommissars beim Eurogruppen-Treffen.
Irland müsse diese Entwicklungen in den kommenden Jahren sehr genau beobachten, betonte Harris. Die internationale Steuerarchitektur habe zwar Vorteile, doch dürfe Europa nicht ignorieren, wenn große Wirtschaftsmächte einen Sonderweg einschlagen.
Sonderregelung für US-Konzerne sorgt für Kritik
Die Vereinigten Staaten hatten sich bereits Anfang des Jahres auf G7-Ebene eine sogenannte Side by Side Vereinbarung gesichert. Diese sieht vor, dass US-Unternehmen von Teilen der unter Säule zwei des OECD-Abkommens vereinbarten Mindestbesteuerung ausgenommen werden.
Konkret sollen große US-Konzerne nicht in vollem Umfang den globalen Regeln zur Verhinderung von Gewinnverlagerung unterliegen. Dies hat bei mehreren Staaten, darunter China, Tschechien, Estland und Polen, Kritik ausgelöst.
Sollte die Regelung umgesetzt werden, dürfte Irland bestimmte Ergänzungssteuern auf US-Unternehmen nicht mehr erheben, um diese auf den effektiven Steuersatz von 15 Prozent anzuheben. Für multinationale Konzerne aus anderen Ländern würden diese Regeln jedoch weiterhin gelten.
Dadurch entstünde nach Ansicht der irischen Regierung ein ungleiches Wettbewerbsumfeld. Irland plant, die sogenannten Top-up-Steuern ab 2026 zu erheben und rechnet mit Mehreinnahmen von rund drei Milliarden Euro. Die gesamten Körperschaftsteuereinnahmen würden damit im kommenden Jahr auf über 34 Milliarden Euro steigen.
Zukunft des Abkommens noch offen
Auf die Frage, ob die Änderungen langfristig zu einer Aussetzung oder Reform des Abkommens führen könnten, verwies Harris auf die Bedeutung der angekündigten EU-Analyse. Der Nutzen eines internationalen Steuerabkommens sei grundsätzlich klar, sagte er.
Gleichzeitig sei es aus europäischer Sicht nicht verantwortungsvoll, die Auswirkungen zu ignorieren, wenn ein großer Wirtschaftsblock Teile des Systems faktisch verlasse. Konkrete Schlussfolgerungen seien jedoch verfrüht, da bislang noch keine endgültige Einigung vorliege.
Mindeststeuer bleibt für irische Unternehmen bestehen
Nach den aktuellen Vorschlägen bleibt die nationale Ergänzungssteuer in Irland bestehen. Diese sogenannte Qualified Domestic Minimum Top-up Tax hebt den effektiven Körperschaftsteuersatz für in Irland registrierte multinationale Unternehmen von 12,5 auf 15 Prozent an.
Neue Ausnahmen von der Income Inclusion Rule und der Undertaxed Profits Rule könnten jedoch dazu führen, dass dieser Steuersatz für US-Unternehmensgruppen nicht vollständig greift. Voraussetzung wäre, dass diese ihre Steuerlast über Tochtergesellschaften in bekannten Steueroasen ausgleichen.
Die entsprechenden Vorschläge wurden auf G7-Ebene vereinbart, um US-Gesetzgeber davon abzuhalten, Vergeltungssteuern gegen europäische Unternehmen einzuführen. Washington hatte zuvor mit Maßnahmen gedroht, falls EU-Staaten aus Sicht der USA extraterritoriale Steuern auf amerikanische Konzerne erheben sollten.
Welche Bedeutung die Debatte für Deutschland hat
Für Deutschland ist diese Entwicklung von erheblicher Bedeutung, da auch hier zahlreiche internationale Konzerne unter die globale Mindestbesteuerung fallen. Es besteht die Gefahr, dass sich ein dauerhaftes Ungleichgewicht zwischen US-Unternehmen und europäischen Wettbewerbern verfestigt.
In diesem Fall könnte der Steuerwettbewerb innerhalb der EU neuen Auftrieb erhalten und den Druck auf Länder mit vergleichsweise hoher Unternehmensbesteuerung weiter erhöhen. Die angekündigte Folgenabschätzung der EU dürfte daher auch für die künftige Ausrichtung der deutschen Steuerpolitik von zentraler Relevanz sein.


