Politik

Novartis konzentriert Kräfte auf profitables Krebsgeschäft

Der Pharma-Riese Novartis fokussiert das gesamte Geschäft auf die Krebs-Bekämpfung. Zu diesem Zweck hat Novartis ein milliardenschweres Tauschgeschäft mit GlaxoSmithKline abgeschlossen, durch das sich beide Player neu positionieren wollen.
22.04.2014 16:03
Lesezeit: 2 min

Das Novartis-Führungsduo vollzieht einen radikalen Kurswechsel und stellt den Schweizer Pharmariesen neu auf. Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt und Konzernchef Joseph Jimenez bauen das schnell wachsende und hochlukrative Krebsgeschäft mit einem Milliardendeal aus. Im Gegenzug stoßen sie die kleinen und renditeschwachen Sparten Impfstoffe, Tiergesundheit und rezeptfreie Medikamente ab. Die Käufe und Verkäufe im Wert von rund 27 Milliarden Dollar sollen ab 2015 mehr Gewinn in die Kassen des Basler Unternehmens mit seinen 136.000 Mitarbeitern spülen. Der ehemalige Bayer -Manager Reinhardt und Jimenez ziehen damit einen Schlussstrich unter die Strategie des früheren Novartis-Chefs Daniel Vasella, der mit vielen Zukäufen einen der am breitesten aufgestellten Pharmakonzerne gezimmert hatte.

"Damit stellen wir sicher, dass Novartis in Kampfverfassung für die nächsten zehn Jahre ist", sagte Jimenez am Dienstag im Gespräch mit Reuters Insider TV. Der Konzern, der 1996 aus der Fusion von Sandoz und Ciba-Geigy entstanden ist, übernimmt von dem britischen Konkurrenten GlaxoSmithKline für 14,5 Milliarden Dollar das Krebsgeschäft. Hier sind die Schweizer nach dem heimischen Rivalen Roche bereits heute weltweit die Nummer zwei. Roche ist stärker als Novartis auf große Geschäftsbereiche fokussiert, was die Anleger seit Anfang 2013 mit deutlich stärkeren Kurszuwächsen honoriert haben. Am Markt kam der Umbau gut an. Novartis-Aktien kletterten im freundlichen Marktumfeld um 2,4 Prozent. "Novartis dürfte damit den Konglomeratsabschlag los werden", sagte Jerome Schupp, Analyst der Schweizer Bank Syz. "Insgesamt hat Novartis sehr gute Preise ausgehandelt", betonten die Experten der Zürcher Kantonalbank.

Das Geschäft mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten lagert Novartis an ein Gemeinschaftsunternehmen mit Glaxo aus. In der Gesellschaft, an der die Schweizer eine Minderheit halten, werden damit Produkte wie die Schmerzmittel Voltaren oder die Zahnpaste Sensodyne gebündelt. Zudem geht das Novartis-Impfstoffgeschäft für 7,1 Milliarden Dollar zuzüglich Lizenzgebühren an die Briten, die in dem Segment ein großer Anbieter sind. Glaxo will sich künftig auf die Kernbereiche Impfstoffe, Atemwegserkrankungen, Verbraucherprodukte und HIV-Medikamente konzentrieren. Die Aktie stieg um 5,5 Prozent.

Novartis verkauft gleichzeitig den Bereich Tiergesundheit für 5,4 Milliarden Dollar an den US-Wettbewerber Eli Lilly. Interesse hieran war auch Bayer nachgesagt worden. Die Leverkusener wollen das Geschäftsfeld, in dem sie zu den Marktführern gehören, weiter ausbauen.

Novartis hatte den umbau vor rund einem Jahr eingeleitet, nachdem der langjährige Konzernlenker Vasella von Bord gegangen war. Nicht zur Disposition standen und stehen die drei großen Bereiche Pharma, Generika und Augenheilkunde, bei denen das Unternehmen in der weltweiten Spitzengruppe mithalten kann und weiter wachsen will. "Novartis hat nun drei große Standbeine, von denen jedes die Nummer eins, zwei oder drei ist", sagte Jimenez. Bei Augenheil-Produkten sind die Schweizer Weltmarktführer. Die Sparte entstand aus der 2011 abgeschlossenen Übernahme des US-Konzerns Alcon, für die Novartis rund 50 Milliarden Dollar auf den Tisch gelegt hatte.

Mit dem Konzernumbau verliert Novartis zwar gut vier Milliarden Dollar Umsatz von mehr als 57 Milliarden Dollar. Gleichzeitig soll aber der Gewinn steigen. Die verkauften Bereiche sind zu klein, um hochrentabel betrieben werden zu können. Zudem sind die Renditen im Krebsgeschäft vergleichsweise hoch. Die Pharmasparte, zu der Krebsmedikamente rund ein Drittel beisteuern dürften, kam 2013 auf eine Betriebsgewinn-Marge von 29,1 Prozent, der Rest auf deutlich weniger.

Weltweit wollen sich Pharmafirmen derzeit im Krebsgeschäft verstärken - auch mittels Übernahmen. So ist der US-Konzern Pfizer mit einem Angebot von rund 100 Milliarden Dollar auf den britischen Rivalen AstraZeneca zugegangen, berichtete die "Sunday Times". AstraZeneca hat den Vorstoß zwar abgelehnt. Analysten rechnen jedoch mit einem zweiten Anlauf von Pfizer. Besonders attraktiv an den Briten ist Analysten zufolge die Forschung mit der Immuntherapie von Tumoren. Dabei geht es darum, das körpereigene Abwehrsystem so anzuregen, dass es den Krebs bekämpft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...