Politik

Alstom verkauft sein Kerngeschäft an GE

Lesezeit: 2 min
25.04.2014 18:30
Der französische Konzern Alstom verkauft dem US-Rivalen GE seine Turbinen-Produktion. Diese steht für drei Viertel des Geschäfts von Alstom. Doch Frankreich will seine nationalen Interessen verteidigen und „andere Lösungen und Szenarien“ für den angeschlagenen Konzern prüfen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der angeschlagene französische Technologiekonzern Alstom will nach Angaben aus Branchenkreisen seine Kernsparte für Energietechnik an den US-Rivalen General Electric verkaufen.

Die beiden Siemens-Konkurrenten seien darüber im Gespräch und wollten die Transaktion in den kommenden Tagen bekanntgeben, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters.

Alstom-Chef Patrick Kron bestätigte nach Gewerkschaftsangaben Gespräche über eine Transaktion, ohne den Verhandlungspartner zu nennen. Die Energiesparte, die Kraftwerksturbinen herstellt, steht für drei Viertel des Geschäfts von Alstom.

Einem Insider zufolge unterstützt Alstom-Hauptaktionär Bouygues das Vorhaben, das von Alstom angestoßen worden sei. Wie es in Gewerkschaftskreisen unter Berufung auf Kron hieß, ist bei dem noch am Freitag vorgesehenen Verwaltungsratstreffen keine Entscheidung zu erwarten.

Aus Branchenkreisen war bereits früher bekanntgeworden, dass GE Interesse an dem Technologiekonzern oder einzelnen Sparten hat. Alstom, Bouygues und GE wollten sich am Freitag nicht äußern. Wie es in Gewerkschaftskreisen unter Berufung auf den Alstom-Chef hieß, sollte bei einem noch am Freitag vorgesehenen Verwaltungsratstreffen keine Entscheidung fallen.

Der geplante Deal alarmierte die französische Regierung. Alstom ist extrem abhängig von staatlichen Aufträgen, der Konzern stellt unter anderem die TGV-Hochgeschwindigkeitszüge für die Staatsbahn SNCF her und beliefert den Kraftwerksbetreiber EdF.

Die Regierung bringt ihre patriotische Besorgnis und Wachsamkeit zum Ausdruck“, sagte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg der Zeitung Le Monde am Freitag. „Diese Besorgnis bezieht sich auf die ernsthafte Gefahr, ein großes Entscheidungszentrum zu verlieren.“

Montebourg sagte, die Regierung werde die nationalen Interessen verteidigen und „andere Lösungen und Szenarien“ für Alstom prüfen. Mit rund 18.000 Beschäftigten arbeiten rund 20 Prozent der Belegschaft in Frankreich, damit ist der Konzern einer der größten privaten Arbeitgeber.

Montebourg sagte, er und Ministerpräsident Manuel Valls hätten bereits mit Alstom-Chef Kron darüber gesprochen und würden ihre Bedenken auch bei einem Treffen mit GE-Chef Jeff Immelt anmelden.

Sollte der angeschlagene Konzern und die finanzstarke GE-Gruppe zusammengehen, könnte ein noch mächtigerer Konkurrent für Siemens entstehen. Siemens wollte sich weder dazu noch zu Medienberichten äußern, wonach Siemens und Alstom zuletzt über einen Tausch von Unternehmensteilen gesprochen haben sollen.

Alstom war 2004 in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und vom Staat gerettet worden. Damals war in den Verhandlungen mit EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti bereits ein Verkauf der Energiesparte an Siemens erwogen worden. Der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy sorgte jedoch dafür, dass ein solcher Deal nicht zustande kam.

Die Aktien von Alstom, die in den vergangenen zwölf Monaten um 20 Prozent gefallen waren, waren am Freitag nach Angaben der Pariser Börse auf Anordnung der Aufsicht vom Handel ausgesetzt worden (mehr hier). Die Titel waren am Donnerstag - nach Bekanntwerden der Gespräche mit GE - um elf Prozent gestiegen (mehr hier). Alstom ist an der Börse mehr als zehn Milliarden Dollar wert.

In Kreisen der deutschen Industrie hieß es am Freitag, die Transport-Sparte von Alstom würde GE gut ergänzen. Die Amerikaner könnten im Gegenzug die nötigen Investitionen in Forschung und Entwicklung stemmen. Zudem könnten sich das Lokomotiven-Geschäft von GE in den USA und Alstom in Europa ergänzen.

Die Deutsche Bahn ist Kunde bei Alstom und Siemens und hat deshalb ein großes Interesse an einem starken Gegengewicht zu dem deutschen Anbieter.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Politik
Politik Handel als Waffe: EU erlässt neues Gesetz zum Schutz vor wirtschaftlicher Erpressung
03.10.2023

„Letztes Mittel“: EU setzt mit neuem Handelsinstrument vor allem auf eine abschreckende Wirkung und betont Dialogbereitschaft. Wie...

DWN
Politik
Politik Kiew: EU-Mitgliedschaft „nur Frage der Zeit“
03.10.2023

Das Treffen der EU-Außenminister in der Ukraine macht Kiew Hoffnung auf einen baldigen Beginn der Beitrittsverhandlungen. Bei dem Treffen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massiver Einbruch in der deutschen Startup-Szene
03.10.2023

Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist sowohl die Zahl als auch besonders der Umfang der Finanzierungen für deutsche Start-up-Unternehmen...

DWN
Politik
Politik In Ungnade gefallen? Ministerschwund in China häuft sich
03.10.2023

Mittlerweile ist es kein Einzelfall mehr. Immer mehr Verbündete der Parteispitze Chinas und hochrangige Funktionäre fehlen in letzter...

DWN
Politik
Politik Tunesien lehnt EU-Finanzhilfe wegen Einwanderungsabkommen ab
03.10.2023

Tunesien zeigt sich enttäuscht von Brüssel: Nachdem die EU dem Land Milliarden-Unterstützung zugesagt hat, wurde diese nun radikal...

DWN
Finanzen
Finanzen Vizechefin der Deutschen Bundesbank wird oberste EU-Bankenaufseherin
03.10.2023

Die neue Chefin der EZB-Bankenaufsicht will die Bankenunion vorantreiben und eng mit dem EU-Parlament zusammenarbeiten. Die Postenbesetzung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Versorgt Indonesien den Westen mit Seltenen Erden?
03.10.2023

Indonesien weist große Vorkommen Seltener Erden und weiterer wichtiger Rohstoffe auf. Insbesondere Nickel, das für die Produktion von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So will Deutschland seine Bürokratie abbauen
02.10.2023

In einem 17-seitigen Papier, das den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) exklusiv vorliegt, hat eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern...