Spanische Krankenpfleger werfen ihren Arbeitgebern in Deutschland Ausbeutung vor. Eine erste Gruppe hat sich jetzt gewerkschaftlich organisiert um den gleichen Lohn wie ihre deutschen Kollegen zu erstreiten.
Die Fachkräfte nahmen an einem EU-Programm teil, das sie in Spanien für deutsche Pflegedienste wie etwa die Gesellschaft für Intensivpflege (GIP) angeworben hatte. In Deutschland angekommen, mussten sie zunächst Schulden für einen verpflichtenden Sprachkurs machen, um diese dann jahrelang abzuarbeiten. Während dieser Zeit durften die Pfleger nicht kündigen, ansonsten drohten ihnen Vertragsstrafen bis zu 6000 Euro, berichtet El Diario.
Die spanischen Fachkräfte mit dreijähriger Universitätsausbildung erhielten bei GIP einen Stundenlohn von 9,50 Euro, das liegt drei Euro unter Tarifeinstiegsgehalt und bis zu fünf Euro unter dem, was ihre deutschen Kollegen verdienen. Dafür sollten sie 12 Stunden pro Tag an sieben Tagen die Woche arbeiten. Wer kündigen wollte, dem drohten laut Vertrag bis zu 6000 Euro Schulden. Soviel kosteten laut Arbeitgeber die ersten drei Monate Freistellung für den verpflichtenden Deutschkurs. Der Kurs selbst wurde größtenteils von EU-Fördergeldern aus dem Europäischen Sozialfond bezahlt.
„Diese Förderung ist absolut beliebig, es gelten keinerlei Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen, selbst Firmen ohne Tarifverträge oder Betriebsräte bekommen Gelder aus dem Europäischen Sozialfond“, kritisiert Kalle Kunkel von der Gewerkschaft Verdi, der die spanischen Pflegekräfte im Arbeitskampf unterstützt.
Kunkel zufolge schlagen einige deutsche Firmen aus der Not des am Boden liegenden Gesundheitssystems in Spanien und anderen Krisenländern Profit.
„Keine deutsche Pflegefachkraft würde für 9,50 irgendwo anfangen, ausgebildete Fachkräfte sind hier derzeit so begehrt, dass sogar Kopfprämien gezahlt werden.“
Die spanischen Pflegekräfte merken davon wenig, obwohl ihre Ausbildung offiziell als gleichwertig anerkannt wird. Anders als in Deutschland absolvieren Krankenpfleger in Spanien ein dreijähriges Universitätsstudium. Der spanische Krankenpfegeverband hatte daher bereits im Dezember heftig kritisiert, dass die in Spanien dringend benötigten Fachkräfte als Billig-Löhner „zum Hintern abwischen“ nach Deutschland exportiert werden (mehr hier).