Unternehmen

Mindestlohn gefährdet keine Arbeitsplätze

Mindestlohn bedeutet keineswegs Arbeitsplatzverlust. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Die Forscher widerlegen damit das Hauptargument deutscher Ökonomen gegen eine Lohnuntergrenze.
24.06.2014 13:05
Lesezeit: 1 min

Eine von der gewerkshaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Untersuchung hat die Skepsis deutscher Wirtschaftswissenschaftler empirisch widerlegt. Claudia Weinkopf und Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen haben in ihrer Studie den aktuellen internationalen Forschungsstand zum Thema Mindestlohn aufgearbeitet. Ihr Fazit: Arbeitsplätze gehen nicht verloren. Langfristig könnte sogar Geld gespart werden.

In Deutschland sind diese Erkenntnisse aber noch nicht angekommen (mehr hier). Während in den USA und Großbritannien viele bekannte Ökonomen unter dem Eindruck neuerer Forschungsergebnisse ihre zuvor kritische Einschätzung zum Mindestlohn revidiert hätten, würde hierzulande der neue Forschungsstand vielfach noch ignoriert (mehr hier). Man kann schon fast von einer Realitätsverweigerung der Ökonomen sprechen”, zitiert der Deutschlandfunk Mit-Autor Gerhard Bosch. Auch für die deutschen Branchenmindestlöhne habe man keine negativen Beschäftigungseffekte feststellen können, so Claudia Weinkopf.

Ein Mindestlohn werde von den Unternehmen akzeptiert, wenn diese auch von der Konkurrenz bezahlt würden, heißt es in dem Arbeitspapier 304. Eine Kontrolle der Einhaltung und abschreckende Strafen seien aber notwendig, damit das System funktioniert.

Gleichzeitig räumten die Autoren ein, dass ein zu hoch angesetzter Mindestlohn natürlich negative Auswirkungen haben könnte. Die Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen würden sich je nach Innovationsdynamik eines Landes unterscheiden. In Deutschland sind die Vorraussetzungen für einen Mindestlohn aber gut: Gemessen am Innovationsindikator der wichtigsten Industrieländer gehört die Bundesrepublik derzeit zu den innovativsten Volkswirtschaften. Dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) zufolge belegte Deutschland im Dezember 2013 erneut Platz 6 unter 28 Industrienationen. Wirtschaft und Wissenschaft seien stark, heißt es.

Für die deutschen Klein- und Mittelbetriebe, die ihre Löhne stärker als Großbetriebe anheben müssten, weil sie einen höheren Anteil von Beschäftigten hätten, die bislang weniger als 8,50 verdienten, gelte das ebenfalls, so die Autoren. Auch sie könnten ihrer Meinung nach mit einer Effizienzsteigerung auf die neue Lohnuntergrenze reagieren. Ein wichtiger Aspekt sei zudem die gute Ausbildung: Gut drei Viertel der Beschäftigten, die heute unter dem geplanten Mindestlohn liegen, haben anders als etwa in den USA einen beruflichen oder einen akademischen Abschluss.

Die Forscher sehen zudem einen langfristigen Nutzen für die Unternehmen. Ein höhrerer Verdienst sorge dafür, dass Mitarbeiter seltener den Arbeitgeber wechseln. Kosten für Einstellung und Einarbeitung fallen weg.

Geplant ist ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Beschlossen werden soll das Gesetz am 4. Juli. Die Einführung erfolgt dann zum Januar 2015.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue Regierung: Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister - AfD und Steuerzahlerbund fordern Reform
01.05.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Politik
Politik Trump gegen die Welt: Warum Streit mit Verbündeten das China-Problem nur verschärft
01.05.2025

Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben zweifellos dem internationalen Ruf der USA auf den Finanzmärkten geschadet und das...

DWN
Technologie
Technologie PwC-Studie: Künstliche Intelligenz könnte Weltwirtschaft bis 2035 um 15 Prozent beflügeln – doch der Preis ist hoch
01.05.2025

Während viele Volkswirtschaften unter dem Druck multipler Krisen taumeln – Energiepreise, geopolitische Spannungen, ein fragiles...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas
01.05.2025

Kenneth Rogoff sieht in Trumps Politik den Katalysator für das Ende des Dollar-Zeitalters. Europa steht vor der historischen...

DWN
Finanzen
Finanzen JPMorgan: Zinsschock voraus – Warum US-Bonds Europa ausstechen
01.05.2025

JPMorgan sieht in US-Anleihen den neuen Renditetreiber – Europas zögerliche EZB-Politik wirkt abschreckend auf Investoren.

DWN
Panorama
Panorama Jung oder KI: Zwei Wege zur Lösung des Lkw-Fahrermangels
01.05.2025

Angesichts des anhaltenden Fahrermangels setzt die EU auf die Senkung der Altersgrenze für Lkw-Führerscheine, während die USA auf eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unternehmer weltweit in Alarmbereitschaft: Handelskriege, Schuldenkrisen und KI – Was kommt als Nächstes?
01.05.2025

UBS-Report: Unternehmer zwischen Angst vor Handelskriegen, Hoffnungen auf KI und dem Wettlauf um Nachhaltigkeit.

DWN
Finanzen
Finanzen Versteckte Risiken: Wie die Rentenversprechen zur Illusion werden
01.05.2025

Vorsorge mit Risiko: Warum viele Pensionslösungen nur scheinbar sicher sind – und wie mangelnde Transparenz zum größten Feind der...