Politik

Frankreich: Kommunisten profitieren von Euro-Krise

Lesezeit: 1 min
16.04.2012 10:48
Die neue radikale Linke gewinnt unter der Führung Jean-Luc Mélenchons immer mehr Zustimmung und lehnt die Sparpolitik ab, zu der sich Nicolas Sarkozy und François Hollande bekannt haben. Für die Kommunisten ist die Präsidentenwahl jedoch nur ein erster Schritt. Sie dürften die politische Landschaft Frankreichs in den kommenden Jahren massiv verändern.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

"Wir schreiben eine neue Seite in der Geschichte der Linken. Wir sind die Renaissance der Linken", schrie Jean-Luc Mélenchon am Wochenende in Marseilles seinen zehntausend Unterstützern entgegen. „Widerstand! Widerstand“, antworteten sie. Jean-Luc Mélenchon führt die Linkspartei (Parti de Gauche) in den Wahlkampf – und das mit Erfolg. Vor zwei Monaten lagen seine Umfragewerte noch bei fünf Prozent. Nun sind es 17 Prozent. Damit könnte er bei der ersten Wahlrunde am Sonntag sogar auf den dritten Platz hinter Nicolas Sarkozy und François Hollande landen.

Jean-Luc Mélenchon verließ 2008 die sozialistische Partei, deren Kandidat François Hollande derzeit versucht, Nicolas Sarkozy vom Thron zu stoßen. Im Gegensatz zum französischen Präsidenten und François Hollande lehnt er jedoch die strikte Sparpolitik der EU und die Sparmaßnahmen im eigenen Land ab. Jean-Luc Mélenchon betitelte François Hollande jüngst sogar als „Hollandrueou“ und verglich ihn damit mit dem ehemaligen griechischen Premier George Papandreou, der vergangenes Jahr zurückgetreten war, weil er zunehmend unter Druck geriet, die strengeren Haushaltsplanungen der Euro-Partner umzusetzen.

„Wenn Mélenchon 12-13 Prozent der Stimmen bekommt, wäre das außergewöhnlich", sagt Jean Chiche von der Sciences Po Universität der FT. „Dann wird den Kommunisten wieder Kraft zurückgegeben, den Kommunisten, die schon seit Jahren totgesagt sind." Mélenchon hat es geschafft, auch andere linke Parteien in Frankreichs auf seine Seite zu ziehen. Sein Erfolg kann auch die Kommunistische Parteien aus ihrem Tief ziehen. Bei den letzten Wahlen 2007 erzielte sie lediglich zwei Prozent der Stimmen. Die linke Parteien Frankreichs arbeiten immer stärker zusammen.

Besonders für François Hollande ist der Erfolg Jean-Luc Mélenchons unangenehm. In der zweiten Wahlrunde könnte er Unterstützung aus der linken Wählerschicht benötigen, um einen sicheren Sieg zu erlangen. Zwar betonte François Hollande, dass er keine Verhandlungen mit dem linken Lager aufnehmen werde. Aber er hat sich eine Hintertür offengelassen und könnte vielleicht Politiker aus den linken Parteien in eine mögliche Regierung aufnehmen.

Die Linkspartei mit Jean-Luc Mélenchon und die Kommunistische Partei setzen jedoch eher darauf, als starke Fraktion bei der Wahl der Nationalversammlung im Juni hervorzugehen. So können sie weiter ihre Hardliner-Position verfolgen, anstatt an einer Regierung teilzunehmen, die den starken Haushaltsvorgaben von François Hollande verpflichtet ist. Dies dürfte es für François Hollande sehr schwer machen, eine Balance zwischen den Anforderungen der Euro-Mitgliedsländer und der Finanzmärkte und dem Druck der politischen Linken im eigenen Land zu finden. Jean-Luc Mélenchon betonte erst kürzlich wieder, er sei „nicht gefährlich“: „Wir sind sehr gefährlich“.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...