Unternehmen

Rating-Agentur mit China: Russland will Downgrade durch den Westen kontern

Lesezeit: 2 min
29.07.2014 00:26
Das nächste Kapitel im Währungskrieg: Russland muss mit signifikanten Herabstufungen durch die US-Rating-Agenturen rechnen. Der Rubel könnte unter Druck geraten. Die Russen wollen die westliche Attacke kontern und setzen auf die chinesisch-russische Ratingagentur Dagong. Putin will die Achse Peking-Moskau gegen die Amerikaner stärken.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Russland  
China  
Justiz  

Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag hat Russland zu Schadensersatz-Zahlungen von 50 Milliarden US-Dollar verurteilt. Dieses Urteil dürfte kaum von Wladimir Putin akzeptiert werden, d.h. man wird diese Strafzahlungen an die ehemaligen Eigner eben insbesondere Michael Chodorkowski nicht leisten.

Damit dürfte sich analog zum Urteil des US Supreme Court im Falle Argentiniens de jure die Staatspleite drohen. Kommt Russland der Zahlungsverpflichtung nicht nach, dann dürften die internationalen Ratingagenturen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch das als Zahlungsausfall werten. Die würde Russland als Schuldner international als zahlungsunfähig einstufen. Mithin hätte Russland demnächst mit einem Rating von D für Default bzw. C zu rechnen.

Der bereits jetzt arg gebeutelten russischen Wirtschaft drohte weiteres Ungemach. Jetzt erschließt sich erst so richtig, warum Russland gemeinsam mit China die neue Ratingagentur Dagong gegründet hat (mehr hier). Man kann dann zumindest im internen Zahlungsverkehr zwischen beiden Ländern entsprechend den politischen Erfordernissen sich weiterhin ein deutlich höheres Rating zugestehen. Dagong bewertet Russland ja weiterhin als Land mit hoher Bonität. Man malt sich gewissermaßen entsprechend den politischen Bedürfnissen das Kreditrating.

Bereits im vergangenen Jahr – also vor der Okkupation der Krim durch Russland – flossen aus dem Land bereits zur Jahresmitte 2013 75 Mrd. US-Dollar ab, berichtet das Manager Magazin. In diesem Jahr könnte diese Summe deutlich noch nach oben schnellen. Bis zu 150 Milliarden US-Dollar werden für dieses Jahr geschätzt (mehr hier). Die Chefin der russischen Zentralbank ist da wesentlich optimistischer und geht nur von 85 – 90 Mrd. US-Dollar aus. Auch das wäre schon eine erheblich Schwächung der russischen Wirtschaft.

Um die Kapitalflucht aus Russland zu stoppen, sah sich die russische Zentralbank bereits genötigt die Geldmarktzinsen von 7,5% auf 8% anzuheben, meldet das Wall Street Journal. Das geschieht zu einer Zeit, wo dies russische Wirtschaft bereits jetzt in die Rezession abzurutschen droht. Mithin muss die russische Zentralbank einen restriktiven Kurs fahren, obwohl bei einer Inflationsrate von derzeit knapp 8% die Wirtschaft eigentlich einen deutlich niedrigeren Zinssatz erfordern würde.

Dabei sind die jetzt drohenden verschärften Wirtschaftssanktionen seitens der USA und der EU noch gar nicht in den Daten für das erste Halbjahr berücksichtigt und mithin muss damit gerechnet werden, dass sich die wirtschaftliche Lage in Russland rasch weiterhin verschlechtert. Ob es nur bei einer Stagnation wie derzeit noch prognostiziert bleibt, ist zweifelhaft, meldet inflation.eu. Das dürfte auch die Arbeitslosigkeit in Russland ansteigen lassen. Offiziell liegt sie noch bei 5%, aber dies dürfte nicht ganz die Realität wiederspiegeln.

Eine Studie aus Deutschland kommt zum Schluss, dass „eine Ursache hierfür ist, dass der Staat mit speziellen Anti-Krisen-Gesetzen die Möglichkeiten zur Entlassung von Arbeitnehmern einschränkte, so dass Arbeitgeber gezwungen waren, mit Kurzarbeit und verzögerten Gehaltszahlungen zu reagieren.“ Das lässt sich nicht unbegrenzt fortsetzen, d.h. entweder der Staat druckt zunehmend mehr Geld, was die Inflation hochschnellen und die Realeinkommen senken wird. Finanzielle Repression auf Russisch eben.

Letzteres dürfte auch den Rubel weiter unter Druck setzen, d.h. mit einer weiteren Abwertung gegenüber Währungen wie dem US-Dollar und dem Euro ist zu rechnen, berichtet Bloomberg. Wie weit die wirtschaftliche Talfahrt Russlands am Ende geht ist derzeit schwer abzuschätzen. Für Russland sind jedenfalls die fetten Jahre der zurückliegenden Dekade vorbei. Das Yukos-Urteil könnte die wirtschaftliche Lage im Land drastisch verschärfen.

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...