Politik

Willkür-Staat: US-Polizei stoppt Autofahrer und nimmt ihnen das Bargeld ab

Lesezeit: 3 min
14.09.2014 01:09
In den USA häufen sich die Fälle, in denen Polizisten willkürlich Geld von Autofahrern beschlagnahmen. Unter Vorwänden stoppen sie deren Fahrzeuge und durchsuchen sie nach Bargeld. Dann werfen die Beamten den Bürgern Drogengeschäfte vor und beschlagnahmen ihr Geld. Die Bürger sind der polizeilichen Willkür machtlos ausgeliefert.

Mehr zum Thema:  
USA >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
USA  

In den USA beschlagnahmt die Polizei regelmäßig und willkürlich das Geld von Autofahrern. Unter Vorwänden halten sie Fahrzeuge an und nehmen den Insassen deren Geld weg. Das US-Recht teilt das beschlagnahmte Geld zwischen der Regierung und dem ausführenden Polizeirevier auf. Der ausgeraubte Bürger hat kaum eine Chance, rechtlich gegen seine eigentlich unrechtmäßige Enteignung vorzugehen.

Die Washington Post hat mehr als 400 derartige Fälle in 17 Bundesstaaten genauer untersucht. Die Reporter schauten sich Gerichtsakten an und führten Interviews mit Beamten und Bürgern. Viele der Polizisten wurden im Anschluss an die Terroranschläge vom 11. September darin geschult, Autos anzuhalten. Sie haben das Recht, Geld zu konfiszieren, wovon ihr Polizeirevier einen Teil behalten darf.

Um ein Auto anzuhalten, reicht den Polizisten ein Vorwand, etwa verdunkelte Scheiben. Wenn sie das Auto gestoppt haben, dürfen sie es rein rechtlich nicht einfach durchsuchen, sondern müssen vorher um Erlaubnis fragen. Erhalten sie diese Erlaubnis nicht, müssen sie einen Vorwand erfinden. Sie können zum Beispiel einfach sagen, dass sie Drogen riechen.

Wenn die Polizisten bei der Durchsuchung des Autos Bargeld finden, können sie es beschlagnahmen. Die Besitzer sehen das Geld in den meisten Fällen nie wieder. Das Recht auf Eigentum hat in den USA aufgehört zu existieren. In den meisten Fällen führt die Polizei keine Festnahmen durch. Die Beamten wollen offenbar nur das Geld.

Die Polizei sagt, ihr Vorgehen sei gegen Drogenorganisationen gerichtet und erhöhe die Sicherheit auf den Straßen. Doch Anwalt Scott Bullock von der Bürgerrechtsorganisation Institute for Justice sagt, dass in Wirklichkeit ehrliche Bürger die Opfer des Machtmissbrauchs durch die Polizei sind.

„Wir kämpfen diesen Kampf seit einigen Jahren […] aber es ist atemberaubend zu hören, was hier im großen Maßstab geschieht. So etwas sollte nicht passieren in einem Land, das den Grundgedanken der Rechtssicherheit respektiert.

Ein Fall, über den die Washington Post berichtet, ist der Fall des Handwerkers Vincent Costello und seiner Freundin Romilda Demartino. Im Mai 2010 fuhr das Paar vom Bundesstaat New York nach Florida. Auf dem U.S. Highway 17 in South Carolina wurden sie von der Polizei gestoppt. Als Vorwand diente ein Riss in der Windschutzscheibe des Lastwagens von Costello.

Der Beamte Mason Ashby fragte die beiden eine Reihe von Fragen, bevor er auf das Thema Geld zu sprechen kam. Costello sagte dem Polizisten Ashby, dass er und seine Freundin einen Angehörigen besucht haben und auf dem Weg nach Pompano Beach sind, um dort ein Haus zu renovieren, das sie gekauft hatten.

Ashby sagt in den Akten, dass er den Geruch von Marihuana bemerkte, während er Costello zuhörte. Aus diesem Grund habe er entschieden, dass Costello wahrscheinlich in kriminelle Aktivitäten verwickelt ist, und der Lastwagen durchsucht werden muss. Doch bevor Ashby den Handwerker fragte, ob er den Lastwagen durchsuchen darf, wollte er wissen, wie viel Geld sich darin befindet.

Costello erklärte sich mit der Durchsuchung seines Lastwagens einverstanden. Denn er hatte nichts Unrechtmäßiges getan und wollte die Sache möglichst schnell hinter sich bringen. Der Polizist Ashby fand keine Drogen, die er zuvor gerochen haben will. Stattdessen fand er 32.000 Dollar in bar, die er sofort beschlagnahmte.

Ein zweiter Beamter fragte Costello, warum er sein Geld nicht in der Bank lasse. Costello sagte, er brauche es, um Materialien für die Renovierung des Hauses in Florida zu kaufen. In den Gerichtsdokumenten steht, dass die Polizei die Beschlagnahmung damit begründet, dass Costello ungewöhnlich nervös gewesen sei. Zudem sei Florida eine Drogenquelle für New York und Drogendealer verwendeten Bargeld, so die Beamten.

Costello sagt, dass er nicht glauben konnte, dass die Polizisten die Tatsache ignorierten, dass sie keine Drogen in seinem Lastwagen gefunden hatten. Bevor Costello und seine Freundin gehen durften, musste Costello auch das Geld aus seinem Portemonnaie an die Beamten übergeben.

Costello fragte die Polizisten nach einer Empfangsbestätigung für das Geld. Daraufhin nahm der Beamte einen Schmierzettel hervor und schrieb darauf, dass er die Summe von 32.934 Dollar eingezogen hat.

Costello beauftragte einen lokalen Anwalt, der sein unrechtmäßig beschlagnahmtes Geld zurückholen sollte. Der Anwalt sagte ihm nach einige Anrufen, er solle ein Angebot der Regierung annehmen, wonach er die Hälfte des Geld zurückbekommt. Doch die Anwaltskosten lagen bei 9.000 Dollar, sodass Costello nur rund 7.000 Dollar bekam.

Insgesamt hat Costello 25.000 Dollar verloren, obwohl er keinerlei Straftaten begangen hat. Zudem macht es für ihn keinen Sinn, dass die Regierung die Hälfte des Geldes zurückgegeben hat. „Warum würden sie überhaupt etwas zurückgeben, wenn sie denken würden, ich sei schuldig?“

Auch Matt Lee aus Michigan wurde von der Polizei überfallen. Im Jahr 2011 war er auf dem Weg nach Kalifornien, wo ihm ein Freund einen Job versprochen hatte. Lee hatte 2.500 Dollar dabei, die ihm sein Vater als Startgeld für das neue Leben in Kalifornien mitgegeben hatte. Am dritten Tag der Reise war Lee in Nevada, wo ihn ein Beamter anhielt.

Der Beamte Dove fragte Lee, ob er Geld dabei hat. Lee musste aussteigen, während ein Hund in seinem Auto nach Drogen schnüffelte. Der Polizist sagte Lee, dass er ihm nicht glaubt, dass er nach Kalifornien fährt, weil er zu wenig Gepäck dabei hat. Doch Lee hatte zuhause bei seinen Eltern gewohnt und aus diesem Grund nur wenige Sachen. Er ist nicht vorbestraft.

Als die Polizisten bei ihrer Suche 2.400 Dollar Bargeld fanden, schlugen sie erfreut mit den Händen ein. Dove sagte, dass er das Geld beschlagnahmt, weil er sicher sei, dass Lee in Drogengeschäfte verwickelt ist. Lee hatte nun nur noch 151 Dollar übrig, um in Kalifornien ein neues Leben zu beginnen.

Nachdem die Polizei ihn freigelassen hatten, zitterten seine Hände so stark, dass er seine Eltern nicht anrufen konnte. „Ich konnte einfach nicht glauben, dass die Polizei einem so etwas antun kann“, so Lee. „Es ist, als ob sie Krieg gegen unschuldige Leute führen.“

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
USA >

Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Ein großer Fortschritt bei der betrieblichen Effizienz

Wie können Sie ganz einfach neue Maßstäbe für die Produktivität in Ihrem Unternehmen setzen?

DWN
Unternehmen
Unternehmen So will Deutschland seine Bürokratie abbauen
02.10.2023

In einem 17-seitigen Papier, das den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) exklusiv vorliegt, hat eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen China sichert sich Zugriff auf die Arktis
02.10.2023

Lange hat sich China darum bemüht, Zugriff auf die "polare Seidenstraße" zu erhalten. Nun ist das Ziel erreicht. Dies hat sowohl...

DWN
Politik
Politik EU-Treffen in Kiew: Baerbock erwartet Erweiterung "bis Luhansk"
02.10.2023

Alle 27 EU-Staaten sind beim Außenministertreffen in Kiew vertreten. Bundesaußenministerin Baerbock sieht schon ein neues Europa "von...

DWN
Politik
Politik Ifo-Chef: Fachkräftemangel und Energiewende bremsen die Wirtschaft
02.10.2023

Fachkräftemangel und Energiewende bedrohen langfristig das Wirtschaftswachstum in Deutschland, warnt Ifo-Chef Fuest. Kritisch sieht er...

DWN
Politik
Politik Medizin-Nobelpreis soll Zögernde von Corona-Impfung überzeugen
02.10.2023

Der diesjährige Medizin-Nobelpreis geht an zwei mRna-Forscher. Die Vergabe-Institution hofft, damit Zögernde für die Corona-Impfstoffe...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche wagen langsam wieder mehr Konsum
02.10.2023

Laut dem Handelsverband HDE wechseln die deutschen Verbraucher langsam wieder vom Sparen zum Konsum. Eine wirkliche Trendwende wird aber...

DWN
Politik
Politik Tausende Arztpraxen bleiben aus Protest gegen Regierung geschlossen
02.10.2023

Der Verband der niedergelassenen Ärzte zeichnet ein dramatisches Bild des Zustands der deutschen Arztpraxen. Ein Protesttag soll auf die...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Interview: Wetterwaffen - Utopie oder Wirklichkeit?
01.10.2023

Der italienische Wissenschaftsjournalist Marco Pizzuti spricht über die wenig diskutierte Thematik der Wetterwaffen und das starke...