Der Generalanwalt der Europäischen Gerichtshof bewertet die Pläne der EZB, massenhaft Staatsanleihen zu kaufen, als rechtmäßig. Diese Stellungnahme bringt gleichzeitig die deutschen Gerichte in eine schwierige Position.
Eine endgültige Entscheidung wird der EuGH erst im Herbst treffen. Dies könnte zum wichtigen Präzedenzfall werden – vor allem für das Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe hatte im Februar 2014 bekanntgegeben, die Frage, ob unbeschränkte Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank mit EU-Recht und dem deutschen Grundgesetz vereinbar sind, dem EuGH in Luxemburg zur Klärung vorzulegen.
Karlsruhe hatte in seiner Entscheidung allerdings festgehalten, dass das OMT-Programm, wie es von Draghi verkündet wurde, den Europäischen Verträgen widerspreche. Allenfalls wäre ein zeitlich befristeter Ankauf von ausgewählten Staatsanleihen möglich.
Damit bleiben einige entscheidende Fragen trotz EuGH-Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht ungeklärt. Offen bleibt zunächst, ob die Anleihenkäufe unbegrenzt sein können oder nicht, analysiert Raoul Ruparel, Chef des Wirtschaftsforschung bei Open Europe. Zudem werde zu wenig darüber gesprochen, welche Rolle die EZB einnimmt, sollte es tatsächlich zu einer Restrukturierung der gekauften Anleihen kommen.
Das Bundesverfassungsgericht hält Draghis OMT-Programm für illegal. Sollte im Herbst der EuGH die Stellungnahme ihres Generalanwalts bestätigen, kann Karlsruhe nicht mehr gegen das Urteil vorgehen. Der Spielraum für das weitere Vorgehen ist begrenzt.
Entweder Karlsruhe lässt alle Einwände fallen oder es fordert die Bundesbank dazu auf, an keinem OMT-Programm teilzunehmen. Der Bundestag könnte jede Rettungsaktion, die mit dem OMT verbunden ist, ablehnen. Doch dies würde zum Streit zwischen dem größten EU-Mitglied und dem EuGH führen, so Ruparel. Denn die EZB würde wohl die Weigerung der Bundesbank, am OMT-Programm teilzunehmen, wiederum vor den EuGH bringen. Und somit käme es zur direkten Auseinandersetzung zwischen Karlsruhe und dem Europäischen Gerichtshof.
Doch selbst der Generalanwalt zweifelt, ob die Gerichte die Expertise haben, solche Entscheidungen zu treffen: „Die EZB muss diskret vorgehen, wenn es um die Gestaltung und Umsetzung der Geldpolitik der EU geht. Und die Gerichte müssen ein beträchtliches Maß an Vorsicht bei der Überprüfung der Tätigkeit der EZB ausüben, da ihnen das Know-how und die Erfahrung, die die EZB in diesem Bereich hat, fehlt“, so EuGH-Generalanwalt Cruz Villalón in seiner OMT-Stellungnahme.