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Urheberrecht: EU verbietet Selfies vor Gebäuden

Lesezeit: 2 min
25.06.2015 14:13
Erinnerungs-Fotos vor dem Reichstag könnten künftig verboten werden. Das EU-Parlament stimmt über eine Abschaffung der so genannten Panoramafreiheit ab. Damit wäre etwa eine Facebook-Veröffentlichung von Urlaubsbildern mit Gebäuden im Hintergrund nur mit Genehmigung des Architekten erlaubt.
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Das EU-Parlament stimmt am 9. Juli über eine Reform des Urheberrechts ab, die ein Veröffentlichungs-Verbot für Fotos von Gebäuden beinhaltet. Grundsätzlich sind Gebäude auch im öffentlichen Raum urheberrechtlich geschützt. Allerdings regelt die so genannte Panoramafreiheit in Deutschland und einer Reihe weiterer EU-Länder, dass man diese Gebäude von öffentlichen Wegen aus frei fotografieren und die Bilder auch veröffentlichen darf. In anderen Ländern wie etwa Frankreich und Italien hingegen gibt es diese Panoramafreiheit nicht – so dürfen etwa Fotos vom beleuchteten Eiffelturm bei Nacht nur mit Erlaubnis der Beleuchtungsfirma veröffentlicht werden. In wieder anderen Ländern gilt die Panoramafreiheit nur für die private Nutzung, eine gewerbliche Vermarktung von Bildern ist jedoch untersagt.

Dieses System will die EU nun vereinheitlichen – und zwar in die restriktive Richtung: Das Parlament will die Panoramafreiheit mit dieser Formulierung in allen EU-Ländern komplett abschaffen: ..."dass die gewerbliche Nutzung von Fotografien, Videomaterial oder anderen Abbildungen von Werken, die dauerhaft an physischen öffentlichen Orten platziert sind, immer an die vorherige Einwilligung der Urheber oder sonstigen Bevollmächtigten geknüpft sein sollte".

Offiziell spricht der Text zwar davon, nur eine kommerzielle Nutzung zu verbieten – praktisch käme dies jedoch einem Verbot gleich, da eine kommerzielle Nutzung bereits durch ein Einstellen bei einer Plattform wie Facebook gegeben wäre. Eine Veröffentlichung auf Facebook fällt aufgrund der AGBs unter die Kategorie kommerziell, da der Nutzer beim Upload von Bildern die Bild-Rechte an Facebook abgibt, explizit unter dem Hinweis, dass Facebook diese auch für kommerzielle Zwecke wie Werbung, nutzen kann.

Damit könnten auch einfache Urlaubsfotos vor dem Reichstagsgebäude oder Selfies mit Gebäuden im Hintergrund künftig nur noch mit Erlaubnis des Urheber-Rechteinhabers, also etwa Architekten, veröffentlicht werden. Nicht nur Urlaubsfotografen, auch Dokumentarfilmer, Journalisten und Fotografen kämen plötzlich in Konflikt mit dem Gesetz – und könnten für ihre Arbeit im öffentlichen Raum kriminalisiert werden.

Der Vorschlag ist Teil des vom Rechtsausschuss offiziell angenommenen Berichts zum EU-Urheberrecht. Allerdings stellt dieser Teil eine Änderung dar, die die ursprüngliche Version der deutschen EU-Abgeordneten Reda quasi umkehrt. Diese hatte im Gegenteil eine EU-weite Ausweitung der Panoramafreiheit vorgeschlagen. Entsprechend ruft auch die Autorin nun zu Protest gegen die Änderung und zur Rettung der Panoramafreiheit auf:

„Im Entwurf meines Berichts wies ich darauf hin, dass die Notwendigkeit einer Lizenz für solche Alltäglichkeiten wie das Teilen von Urlaubsfotos in sozialen Netzwerken nicht mehr zeitgemäß ist und die Panoramafreiheit deshalb in der gesamten EU gelten soll. Die Mitglieder des Rechtsausschusses haben diese Forderung leider in ihr Gegenteil verkehrt, indem sie den restriktivsten aller Änderungsanträge zur Panoramafreiheit angenommen haben.“ Dieser Änderungsantrag stammt demnach aus der Feder eines Mitglieds der Fraktion der Liberalen im Europaparlament, Jean-Marie Cavada.

Die deutschsprachige Wikipedia hat bereits eine Initiative für die Panoramafreiheit mit Unterschriftenaktion gestartet sowie einen offen Brief an das EU-Parlament verfasst. Das Online-Lexikon wäre durch eine Abschaffung ebenfalls schwer eingeschränkt: „Sollte diese Gesetzesänderung beschlossen werden, müsste die Wikipedia sämtliche Bilder von neuzeitlichen Gebäuden, Statuen, Gedenktafeln, Schildern, Markierungen und sonstigen dauerhaft im öffentlichen Raum befindlichen Objekten, die in den davon betroffenen Ländern aufgenommen worden sind, ersatzlos löschen“, warnt die Plattform auf der Aktionsseite.


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