Politik

Merkel und Hollande sprechen nach Treffen mit Putin von neuen Sanktionen

Nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Merkel mit dem russischen Präsidenten Putin in Berlin haben Deutschland und Frankreich harte Töne angeschlagen: Neue Sanktionen gegen Russland seien nicht vom Tisch. Die EU will dagegen aktiv an einer politischen Lösung für Syrien arbeiten. Putin schlägt eine neue Verfassung für Syrien vor.
20.10.2016 01:53
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Europäische Union muss sich nach Meinung von Kanzlerin Angela Merkel laut dpa die Möglichkeit offenhalten, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. «Man kann sich der Option nicht berauben», sagte Merkel am frühen Donnerstagmorgen nach dem Gipfeltreffen zu den Konflikten in Syrien und der Ukraine in Berlin. Es gehe jetzt aber erstmal darum, die dramatische Lage der Menschen in Aleppo zu verbessern. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag werde es eine Diskussion über Sanktionen geben. «Ich kann jetzt nicht vorgreifen, welche Entscheidungen morgen fallen», sagte Hollande nach dem gemeinsamen Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin.

Merkel sagte, es habe eine «sehr klare und auch sehr harte Aussprache» mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gegeben. Die Bombardierungen, für die auch Russland Verantwortung trage, seien unmenschlich und grausam für die Bevölkerung. Sie glaube nicht, dass es bei den Angriffen auf Aleppo gelinge, Terroristen von friedlichen Menschen zu trennen, sagte sie mit Blick auf die Argumentation Putins. Der russische Präsident habe die Verantwortung, Einfluss auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu nehmen.

Russland verlangt seit seiner Intervention in Syrien, dass die al-Nusra-Front von anderen Söldner-Gruppen und Milizen getrennt werden müsse. Die al-Nusra gilt laut UN als Terror-Gruppe, wird jedoch von Saudi-Arabien und den Golfstaaten unterstützt. Saudi-Arabien ist der engste Verbündete der USA und der EU im Nahen Osten.

Putin erklärte sich bereit, die Aussetzung der Luftangriffe in Syrien zu verlängern. Er sei bereit, die Waffenruhe «so lange als möglich zu verlängern». Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass Syrien nicht zu einer «Bruttstätte des Terrorismus» werde. Er habe seinen europäischen Partnern auch gesagt, dass Russland eine Beschleunigung der Arbeiten an einer neuen syrischen Verfassung und baldige Neuwahlen vorschlage, sagte Putin in der Nacht zu Donnerstag in Berlin laut Reuters und Interfax. Voraussetzung sei allerdings, dass sich die bewaffneten Gruppen in Aleppo ebenfalls zu einer Feuerpause bereit erklärten, sagte er in der Nacht zum Donnerstag in Berlin. Putin forderte erneut mehr Anstrengungen der USA, gemäßigte Regierungsgegner in Syrien von Terrororganisationen zu trennen.

Hollande sagte, er habe Verständnis dafür, dass in Aleppo die moderaten und die extremistischen Rebellengruppen wie Al-Nusra unterschieden werden müssten. Aber in oder um Aleppo gebe es nicht sehr viele Al-Nusra-Kämpfer. Erst wenn ein dauerhafter Waffenstillstand und die Versorgung der Zivilbevölkerung erreicht worden seien, könne man auch einen politischen Prozess über die Zukunft Syriens führen (Video am Anfang des Artikels).

Russland und Syrien haben sich grundsätzlich dazu bereiterklärt. Die Söldner der al-Nusra haben es allerdings bisher abgelehnt, aus Aleppo abzuziehen.

Eigentlich hatte die EU nicht vor, über neue Russland-Sanktionen zu diskutieren, wie EU-Präsident Donald Tusk noch am Dienstag gesagt hatte. Doch Merkel hatte bereits vor einigen Tagen angekündigt, dass sie bei der EU auf eine Debatte über Sanktionen dringen werde. Eine der Maßnahmen, die ergriffen werden könnte, ist der Ausstieg aus dem Pipeline Projekt Nord Stream 2, welches der EU beim russischem Erdgas eine Ersparnis von bis zu 20 Prozent bringen könnte. Die USA konkurrieren mit Russland um den europäischen Energiemarkt. Eine weitere Maßnahme könnte ein Verbot aller russischen Medienaktivitäten in der EU sein. Erste Vorboten gab es dazu bereits in Großbritannien.

Die EU ist im Syrien-Konflikt weniger konfrontativ: Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat den EU-Mitgliedstaaten einen Vorschlag für einen «Dialog» über einen politischen Neuanfang in Syrien unterbreitet. Nach dem Arbeitspapier, über das die Nachrichtenagentur AFP in Brüssel berichtet, schlägt die Außenbeauftragte einen Dialog mit den «Schlüsselstaaten der Region» vor, um über die Konsequenzen eines politischen Übergangs zu beraten.

Demnach sollen Saudi-Arabien, der Iran und die Türkei in den Dialog eingebunden werden. Auch die Einbeziehung anderer regionaler Akteure sei denkbar, heißt es in dem Papier. Im Rahmen dieses Dialogs soll demnach auch ausgelotet werden, inwieweit sich die Staaten der Region trotz ihrer widerstreitenden Interessen an einer Versöhnung sowie am Wiederaufbau beteiligen würden.

Hollande bezieht dagegen zum Ende seiner Amtszeit eine deutlich aggressivere Position: Erst vor wenigen Tagen hatte er durch eine Brüskierung Putins dafür gesorgt, dass der russische Präsident seine Frankreich-Reise abgesagt hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Wohnen, Investieren, Absichern - den Immobilienmarkt verstehen und davon profitieren
15.04.2025

Immobilien sind weit mehr als bloße Gebäude aus Beton, Stahl und Glas. Sie sind Zuhause, Investition und Lebensraum zugleich. Doch in...

DWN
Politik
Politik Kein Wirtschaftsminister? CDU-Politiker will nicht Minister werden – Linnemann verzichtet
15.04.2025

Union und SPD haben ihren Koalitionsvertrag vereinbart – doch die Personalien fürs Kabinett stehen noch aus. Ein prominenter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftswachstum in Deutschland 2025: Norden legt zu, Süden bleibt zurück
15.04.2025

Regionale Konjunkturdaten zeigen ein Gefälle in der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Während im Süden und Osten vielerorts...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rüstungsriese Rheinmetall greift zu – und die Aktie explodiert
15.04.2025

Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall erweitert sein Geschäftsfeld mit dem Kauf des Kampfmittelbergers Stascheit. Der...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street im Aufwind: Trumps Zoll-Kurs sorgt für Erleichterung – vorerst
15.04.2025

Trump gibt vorübergehend nach – Märkte atmen auf. Doch die Reaktion auf seine Zollpolitik zeigt: Der Handlungsspielraum der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wetterextreme in Deutschland: Hitze, Trockenheit und Überschwemmungen prägen besonders Europa
15.04.2025

Das Jahr 2024 brachte in Europa ausgeprägte Wetterextreme mit sich: Während der Westen des Kontinents ungewöhnlich nass war, herrschte...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Effektives Incident Management: So finden Unternehmen die richtige Lösung
15.04.2025

Unternehmen sind zunehmend auf digitale Prozesse angewiesen. Ein einziger IT-Ausfall kann nicht nur finanzielle Schäden verursachen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Pessimismus wächst: Unternehmen sehen Klimaneutralität zunehmend als unerreichbar an
15.04.2025

Die Hoffnungen auf eine rasche Klimaneutralität schwinden. Laut einer aktuellen Studie von Bain & Company ist der Optimismus unter den...