Politik

Ukraine: Poroschenko schickt neue Truppen in den Osten

Die ukrainische Regierung entsendet neue Truppen-Verbände in die Ost-Ukraine. Kiew hat nach eigenen Angaben die erste Rate der Schulden an den russischen Gazprom-Konzern überwiesen. Die Regierung verwendet für diese Zahlungen Kredite, die das Land von den EU-Steuerzahlern und vom IWF erhalten hat.
04.11.2014 20:09
Lesezeit: 2 min

Nach der Wahl in den ukrainischen Rebellengebieten geht die Regierung in Kiew offenbar weiter auf Konfrontationskurs. Präsident Petro Poroschenko kündigte am Dienstag im nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrat an, weitere Soldaten in den Osten des Landes zu schicken. Sie sollten mögliche Angriffe auf Städte wie Mariupol, Charkiw und den Norden von Luhansk abwehren, sagte Poroschenko der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich beunruhigt, dass erneut russische Truppen an die Grenze zur Ukraine herangerückt seien. Russland unterstütze die Separatisten zudem weiter durch Ausbildung und Material, erklärte Stoltenberg. Außerdem seien russische Spezialeinheiten im Osten der Ukraine aktiv.

Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin zeigte sich in einem Interview mit der Bild-Zeitung (!) kämpferisch und erklärte, die Führung in Kiew werde den jetzigen Status nicht hinnehmen. "Tatsächlich sind einige Regionen der Ostukraine unter Kontrolle von prorussischen Terroristen und russischen Truppen. Das sind aber ukrainische Regionen, und wir werden sie uns zurückholen". Mit Spannung wurde die erste Stellungnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach den Wahlen vom Wochenende erwartet. Bei einer Zeremonie anlässlich des Feiertags "Tag der Einheit des Volkes" äußerte sich Putin nicht zu der Abstimmung. Mit Blick auf die Ukraine sprach er lediglich von schwierigen Herausforderungen und einer moralischen Überlegenheit Russlands gegenüber dem Westen.

Russland hat die Wahlen in Donezk und Luhansk bislang nicht formal anerkannt. Die Regierung hat jedoch angekündigt, dies tun zu wollen. In Donezk leistete am Dienstag der prorussische Rebellenkommandeur Alexander Sachartschenko den Amtseid als Regierungschef der von den Separatisten ausgerufenen Volksrepublik Donezk. Er war von der örtlichen Wahlkommission mit rund 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt worden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte die Abstimmungen als "unglücklich und kontraproduktiv". Der Westen und die Regierung in Kiew hatten bereits am Montag erklärt, die Wahlen nicht anzuerkennen. Sie sehen darin den Bruch des Minsker Abkommens. In der weißrussischen Hauptstadt hatten sich Vertreter der ukrainischen Regierung und der Rebellen auf eine Waffenruhe verständigt. Zu den Vereinbarungen zählt auch mehr Autonomie für die Ostukraine, aber auch die Wahrung der territorialen Einheit. Zudem sollten in den Rebellengebieten Kommunalwahlen abgehalten werden. Auch Russland hatte sich zu dem Friedensplan bekannt.

Klimkin forderte deswegen den Westen auf, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel vermied jedoch eine klare Festlegung, nachdem ihr Sprecher die Verhängung neuer EU-Sanktionen am Montag offengelassen hatte. "Russland bringt sich nicht so ein, wie wir uns das wünschen", sagte Merkel auf dem Arbeitgebertag in Berlin. "Deshalb waren die Wirtschaftssanktionen unumgänglich, und es gibt im Augenblick auch keinen Grund, sie aufzuheben."

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann äußerte Zweifel, ob Sanktionen bei der Lösung der Ukraine-Krise hilfreich seien, und sprach sich gegen neue Sanktionen aus. "Wir sind entschlossen der Meinung, dass Gespräche unter Einbeziehung Russlands der richtige Weg sind", sagte er in Wien. Die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, durch die Abstimmung vom Sonntag bestehe die Gefahr, dass die Tür zum Dialog mit Russland geschlossen werde.

Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Bernadette Meehan, drohte mit weiteren Maßnahmen, falls Russland zur Eskalation der Lage in der Ukraine beitragen würde. Die USA und die EU werfen Russland vor, die Rebellen zu unterstützen und haben deswegen Strafmaßnahmen gegen die russische Wirtschaft beschlossen.

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben mit der Begleichung der Altschulden für russische Gaslieferungen begonnen. Der staatliche ukrainische Energiekonzern Naftogaz erklärte am Dienstag, er habe wie vereinbart 1,45 Milliarden Dollar an den russischen Versorger Gazprom überwiesen. Russland und die Ukraine haben in der vergangenen Woche ihren monatelangen Gasstreit beigelegt. Teil der Einigung ist die Zahlung offener Rechnungen in Höhe von 3,1 Milliarden Dollar in zwei Tranchen bis Jahresende.

Das Geld dazu nimmt die Ukraine von Krediten der EU und des IWF.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Waffen statt Zukunft: UN warnt vor globalem Rüstungsboom
09.09.2025

Die weltweiten Militärausgaben erreichen neue Rekordhöhen – und das auf Kosten von Frieden, Bildung und Klimaschutz. Ein aktueller...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa rüstet auf: Verteidigungs-Startups erleben Investoren-Boom
09.09.2025

Die geopolitische Unsicherheit und Trumps neue Außenpolitik befeuern massive Investitionen in europäische Verteidigungs-Startups....

DWN
Politik
Politik Arbeitszeit-Debatte: Mehr als die Hälfte der Deutschen wünscht kürzere Arbeitszeiten
09.09.2025

Um Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, sollten die Menschen in Deutschland mehr arbeiten, argumentieren führende Politiker....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Wirtschaft: Scheitert die Eurozone an Deutschland?
09.09.2025

Die Eurozone taumelt zwischen Mini-Wachstum und Rekord-Arbeitslosigkeit: Während Spanien boomt, steckt Deutschland weiter in der Krise –...

DWN
Panorama
Panorama Blackout: Brandanschlag auf Strommasten verursacht Stromausfall in Berlin- Bekennerbrief wird geprüft
09.09.2025

Ein Feuer an zwei Strommasten hat in der Nacht zu einem großflächigen Stromausfall im Südosten Berlins geführt. Rund 50.000 Haushalte...

DWN
Finanzen
Finanzen Rechnungshof warnt: Milliardenhilfen für Länder könnten ins Leere laufe
09.09.2025

Der Bundesrechnungshof stellt die Wirksamkeit des geplanten Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für zusätzliche...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Dauerbelastung: Können Erwachsene besser damit umgehen?
09.09.2025

Digitale Medien prägen unseren Alltag in allen Altersgruppen – vom Smartphone über Social Media bis hin zu Streamingdiensten. Während...

DWN
Technologie
Technologie Taiwan stärkt Chip-Lieferketten angesichts geopolitischer Spannungen
09.09.2025

Taiwan stärkt seine Halbleiter-Lieferketten angesichts geopolitischer Spannungen und des wachsenden KI-Wettbewerbs. Präsident Lai...