Politik

Gegen Putin: EU plant eigenen russischsprachigen TV-Sender

Lesezeit: 2 min
04.01.2015 03:32
Die EU plant, einen eigenen russischsprachigen TV-Sender zu gründen. Der lettische Außenminister Rinkevics erklärte, mit dem Sender ein Gegengewicht zur „russischen Propaganda“ bilden zu wollen. Die EU will mit Steuergeldern „ausgewogene Informationen und Nachrichten“ produzieren.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die EU plant, einen eigenen russischsprachigen TV-Sender zu gründen. Dies sagte der lettische Außenminister Edgars Rinkevics dem Online-Magazin BuzzfeedNews. Der Sender solle ein Gegengewicht zur „russischen Propaganda“ bilden, so der Außenminister. Um Gegen-Propaganda soll es sich jedoch dabei nicht handeln, sondern um „ausgewogene Informationen und Nachrichten“, so der Politiker.

Bei dem diskutierten Vorschlag gehe es demnach darum „gemeinsam in alternative Informationsquellen zu investieren. Keine alternativen Propagandaquellen, sondern ein alternativer, normaler, europäischer TV-Sender, mit Unterhaltung, mit Nachrichten, aber mit sehr faktentreuen Nachrichten“. Rinkevics zufolge haben zwischen 13 und 15 EU-Mitgliedstaaten bereits ihre Unterstützung für die Idee ausgedrückt, darunter auch Polen und Großbritannien.

Dem Bericht zufolge kursiert die Idee alternativer russischsprachiger Informationssender seit Jahren in Washington und Europa. Sie bekam durch die jüngsten Entwicklungen neunen Schub, da Putin die Kontrolle über die russischen Medien ausweitet und jüngst etwa die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti durch den staatlichen Informationssender Sputniknews ersetzte sowie mit Russia Today auch englisch- und deutschsprachige Sender finanziert.

Das russische Fernsehen hat, vor allem in den letzten paar Jahren sehr aggressiv etwas betrieben, was nicht mehr als normal Nachrichten oder normaler Journalismus bezeichnet werden kann, sondern als Informationskriegsführung und Propaganda“, so der Außenminister Rinkevics.

Hier ein Gegengewicht zu bilden sei daher insbesondere für Lettland und seinen Nachbarn Estland von Interesse: Die Länder haben den größten Anteil an russischsprachigen Einwohnern in der Europäischen Union. Für Hunderttausende von Bürgern spielen die russischen TV-Sender eine wachsende Rolle. Beide Länder haben bereits ihre Ausgaben für lokale russisch-sprachige Medien hochgefahren, könnten jedoch finanziell nicht mit den russischen TV-Netzwerken konkurrieren.

Daher disktutiert die EU jetzt verschieden Finanzhilfen. Noch sei offen, ob man einen kompletten Kanal auf Russisch finanzieren wolle,  mitsamt Enterntainment-Programm, oder nur finanzielle Förderung für die nationalen Rundfunkanstalten in Lettland und anderen Ländern gewährt, damit diese ihre russischen Angebote erweitern. Eine Finanzierungsmöglichkeit sei dabei der 2013 gegründete "European Endowment for Democracy - Fond zur Demokratieförderung", der nach dem Vorbild des amerikanischen "National Endowment for Democracy" internationale Demokratie-Förder-Projekte finanziell unterstützt. „Es geht um die Finanzierung, und es geht um Inhalte“ sagt Rinkevics und wiederholt, dass dies kein weiteres Propagandamittel sein soll.

Allerdings war ein ähnliches Projekt aus den USA mit dem selben Anspruch angetreten – und hatte wenig Erfolg: Die aus Washington finanzierten Sender Voice of America und Radio Free Europe starteten im Oktober eine halbstündige russischsprachige Nachrichtensendung mit dem Slogan „Tatsachen statt Lügen“, die von den nationalen Sendeanstalten etwa in Litauen und Georgien gesendet wurde.

Lettland und Estland haben das US-Programm jedoch abgelehnt. „Es sah einseitig aus und klang eher wie strategische Kommunikation. Es hatte nichts mit öffentlich-rechtlichen Rundfunk im europäischen Sinne zu tun“, sagte Ruduša vom Lettischen Nationalsender. „Es ist sehr gut produziert, aber in Wirklichkeit die Gegenseite zu dem, was wir aus Russland bekommen.“

Jeff Trimble, der den US-Auslandssender beaufsichtigt, reagierte auf die Kritik gegen das Programm mit ähnlichen Worten wie Rinkevics: „Es handelt sich nicht um Gegenpropaganda, sondern einfach um eine westliche Nachrichtensendung in bester Tradition“.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...