Politik

Anti-Terror-Gesetze: Frankreich plant eigenen Patriot Act

Am Montag hat der französische Präsident François Hollande eine Sicherheitskabinetts-Sitzung im Élyséepalast einberufen. In Frankreich zeichnen sich neue Anti-Terror-Gesetze nach dem Vorbild des US-amerikanischen Patriot Act ab. Französische Juristen warnen vor einer Aushöhlung der Bürgerrechte.
12.01.2015 23:45
Lesezeit: 2 min

In Frankreich ist die Diskussion über einen französischen „Patriot Act“ nach US-Vorbild in vollem Gange. Die Zeitung Le Monde analysiert, dass sich Frankreich in einer emotional aufgeheizten Situation befinde und dies gefährlich für das Gesetz sei.

Denn angesichts des Attentats auf Charlie Hebdo herrsche große Zustimmung der Bürgern zu neuen Sicherheitsmaßnahmen. In derartigen Krisen-Zeiten würden Ausnahme-Gesetze auf den Weg gebracht, die schlussendlich für immer verankert bleiben. Nach und nach würden sicherheitspolitische Ausnahme-Gesetze Vorrang vor den allgemeinen Gesetzen bekommen. Die Polizei betreibe Lobby-Arbeit, um an mehr Ressourcen zu kommen, schreibt die Zeitung.

Der französische Präsident François Hollande hat am Montag eine Sicherheitskabinetts-Sitzung im Élyséepalast einberufen, an dem Premierminister Manuel Valls, Innenminister Bernard Cazeneuve und Justizministerin Christiane Taubira teilnahmen. Dabei sei der „Krieg gegen den Terror“ besprochen worden. Das sei eine besorgniserregende Entwicklung. Denn in den USA seien sieben Wochen nach dem Anschlag vom 11. September 2001 die Bürgerrechte im Rahmen des „Patriot Acts“ beschnitten worden. Mireille Delmas-Marty, Rechts-Professor am Collège de France, befürchtet eine ähnliche Entwicklung in Frankreich.

Derartige Gesetze würden „illegale feindliche Kämpfer“ definieren. Das seien Menschen, die weder von den Rechten des Strafrechts noch von den Rechten als Kriegsgefangene Gebrauch machen können. Im ersten Fall seien sie „Feinde“ und im zweiten Fall „illegale Kämpfer“, zitiert Le Monde Delmas-Marty. Sie sind somit keine Träger von Rechtsgütern, sondern rechtlos.

In diesem Zusammenhang erinnert die französische Zeitung daran, dass die NSA in den USA im Rahmen des Anti-Terror-Kriegs eben nicht nur Terror-Verdächtige, sondern auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hat.

Im vergangenen Jahr hat Frankreich das Anti-Dischadisten-Gesetz verabschiedet. Danach sollen Personen die Ausreise aus Frankreich verweigert werden, die im Verdacht stehen, sich als bewaffnete Dschihadisten in Syrien oder in anderen Ländern betätigen zu wollen. Des Weiteren sollen Webseiten, die als radikal eingestuft werden, ohne Richterspruch gesperrt werden. Doch die Definition des Terrorismus ist in dem Gesetz nicht klar definiert.

Zuvor hatte Frankreich im Jahr 2012 nach der Attentats-Serie von Mohammed Merah schon einmal mit einem Sicherheits-Paket reagiert. Seit 2012 kann ein französischer Staatsbürger, der Terror-Lager im Ausland besucht, wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung mit terroristischem Hintergrund zur Rechenschaft gezogen werden. Er müsse nicht erst einen konkreten Terror-Akt im Inland planen oder begehen.

Damals hatte Frankreichs Innenminister Manuel Valls davor gewarnt, dass die Gefahr „immer mehr aus dem Inneren“ komme. In seiner Position als Premierminister sagte Valls am 9. Januar 2014, dass es „notwendig“ sei, „zusätzliche Maßnahmen zu treffen“, um die innere Sicherheit zu gewährleisten.

Es werden derzeit verschiedene Möglichkeiten geprüft, wie „hausgemachter Terrorismus“ künftig bekämpft werden könne. Ein Vorschlag sei etwa, radikale Islamisten in Gefängnissen zu isolieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.