Politik

Wahlkampf: Hollande besucht Flugzeugträger

Frankreichs Sozialisten nutzen den Syrien-Krieg auch innenpolitisch: Am Sonntag sind Regionalwahlen und Marine Le Pen hat gute Chancen auf den Sieg.
04.12.2015 11:42
Lesezeit: 2 min

Frankreichs Staatschef François Hollande besucht den im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) eingesetzten Flugzeugträger „Charles de Gaulle“. Hollande wolle am Freitag auf dem im östlichen Mittelmeer vor der syrischen Küste liegenden Flugzeugträger mit Soldaten sprechen, teilte der Elysée-Palast mit.

Frankreichs einziger Flugzeugträger war wenige Tage nach den Anschlägen von Paris vom 13. November ins östlichen Mittelmeer geschickt worden. Damit konnte Frankreich die Zahl seiner Kampfflugzeuge verdreifachen, die in Syrien und im Irak Einsätze gegen den IS fliegen.

Frankreichs Sozialisten versuchen, den Krieg gegen den Terror auch innenpolitisch zu nutzen. Es gibt keinen sachlichen Grund für den französischen Präsidenten, ausgerechnet jetzt zu dem Flugzeugträger zu reisen.

Der wahre Grund der Reise liegt im unaufhaltsamen Aufstieg des Front National.

Im Hause Le Pen herrscht unverhohlene Vorfreude. „Vor einigen Monaten habe ich Ihnen gesagt, dass wir vier oder fünf Regionen gewinnen könnten“, sagte Marine Le Pen kürzlich. „Jetzt ist es soweit.“ Tatsächlich: „Wenn die von den Anschlägen vom 13. November noch traumatisierten Franzosen am Sonntag wählen gehen, dann könnten sie Le Pens Front National (FN) zu einem historischen Sieg verhelfen.

Denn bei der ersten Runde der Regionalwahlen kann der FN mit 30 Prozent der Stimmen stärkste Kraft werden – und das beste Ergebnis ihrer Geschichte bei einer landesweiten Wahl einfahren. Wieviele der künftig 13 französischen Regionen die Front National wirklich gewinnt, wird erst in der zweiten Wahlrunde eine Woche später entschieden.

In mindestens zwei Regionen gilt die FN aber als Favoritin: Im hohen Norden zieht Marine Le Pen und im Südosten ihre erst 25-jährige Nichte Marion Maréchal-Le Pen als Spitzenkandidatin in die Wahl.

Und auch in anderen Regionen hat die FN zuletzt aufgeholt und könnten einen Überraschungssieg verbuchen. Nicht zuletzt hängt das mit den Attentaten vom 13. November zusammen, bei denen islamistische Angreifer in Paris kaltblütig 130 Menschen töteten. In Umfragen konnte die Front National seitdem zulegen.

Die Partei, die von diesen Ereignissen profitiert, ist wirklich die FN, und zwar nach dem Motto ,Wir hatten es euch doch gesagt‘“, sagt Jean-François Doridot vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos der AFP. Parteichefin Le Pen, die muslimische Straßengebete einst mit der NS-Besatzung während des Zweiten Weltkriegs verglich, sieht sich in ihrem nationalistischen und einwanderungsfeindlichen Kurs bestärkt – vor allem seitdem spekuliert wird, ob nicht mindestens zwei der Attentäter als Flüchtlinge nach Europa gelangt sein könnten.

Alle haben sich über unsere Verbundenheit zu Grenzen lustig gemacht“, sagte die 46-jährige Tochter von Parteigründer Jean-Marie Le Pen kürzlich vor Anhängern. „Wir sind standhaft geblieben und wir haben Recht behalten.

Die Sozialisten von Staatschef François Hollande dürften dagegen bei den Regionalwahlen eine erneute schwere Schlappe erleiden. Denn zwar stiegen die Beliebtheitswerte des Präsidenten nach den Anschlägen sprunghaft an, auf die Regionalwahlen dürfte sich das aber kaum auswirken. Umfragen sagen den Sozialisten magere 22 Prozent voraus. Die Partei, die bislang fast alle Regionalpräsidenten stellte, dürfte eine Reihe von Regionen an die FN oder an das konservativ-bürgerliche Lager von Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy verlieren.

Die Sozialisten müssen mit aller Kraft Wähler mobilisieren – auch deswegen hat Premierminister Manuel Valls diese Woche wieder auf Angriffsmodus gegen die Front National geschaltet. Die Rechtsextremen würden die Franzosen „täuschen“ und „Frankreich nicht mögen“, sagte der Regierungschef. Es müssten möglichst viele Franzosen zur Wahl gehen, um einen Sieg der FN zu verhindern.

Le Pen nahm das wiederum zum Anlass für Attacken gegen den Premier: Valls führe einen „Krieg“ gegen ihre Partei, sagte sie bei einer Wahlkampfveranstaltung. Und schob keine drei Wochen nach den Anschlägen von Paris, zu denen sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt hat, hinterher: Es sei „bedauerlich, dass Manuel Valls nicht die gleiche Energie für den Kampf gegen den IS aufwendet wie für den Kampf gegen die Patrioten der FN“.

Die Wortgefechte zeigen, welche Bedeutung die Regionalwahlen für alle Parteien haben. Denn es ist der letzte große Urnengang vor den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2017, ein Sieg hat einen hohen symbolischen Stellenwert. Marine Le Pen will jetzt Regionalpräsidentin im Norden des Landes werden – ihr wahres Ziel aber ist ein Einzug in den Elysée-Palast.

 

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