Nach dem Tod eines Polizeibeamten bei einer Routinekontrolle an Heiligabend in Hessen haben Vertreter der Polizei generell zunehmende Gewalt gegen staatliche Repräsentanten beklagt. Immer wieder seien Polizisten bei ihrer täglichen Arbeit gewaltsamen Attacken ausgesetzt, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, am Freitag in Berlin. Selbst einfache Personenkontrollen würden "dann urplötzlich zu Gewaltausbrüchen", vor denen sich die Beamten kaum schützen könnten.
Wendt äußerte die Befürchtung, dass diese Entwicklung auch Konsequenzen für das Einsatzverhalten der Beamten notwendig machen könnte: "Die Beamten werden misstrauischer, vorsichtiger und das könnte das Bild der Polizei verändern, weil Bürgernähe verloren geht."
"Die Gewalt gegen die Repräsentanten des Staates ist hemmungslos geworden", sagte Wendt weiter dem Portal "Focus Online". Betroffen seien nicht nur Polizisten, sondern auch die Beschäftigten von Gerichten oder Jobcentern. Auch weitere Vertreter von Polizei und Behörden hatten sich entsetzt über die Gewalttat in Hessen geäußert.
Nach dem tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in einem Zug im hessischen Herborn sind am Freitag weitere Details bekannt geworden. Mehrere Medien berichteten unter Berufung auf Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Limburg-Wetzlar, der getötete Polizist habe offensichtlich noch seine Waffe ziehen können und den Angreifer damit angeschossen. Dieser war nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks vorbestraft und befand sich nur zur Bewährung auf freiem Fuß.
Der 46-jährige Polizist war an Heiligabend bei einer Kontrolle in einem Regionalzug im Bahnhof von Herborn (Lahn-Dill-Kreis) erstochen worden, wie das Hessische Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft gemeinsam mitteilten. Bei dem Vorfall wurden demnach ein weiterer Polizist sowie der 27-jährige Angreifer schwer verletzt.
Der Zugbegleiter des Regionalexpress-Zuges hatte den Angaben zufolge die Beamten zu Hilfe gerufen, weil sich der 27-Jährige nicht kontrollieren lassen wollte und im Zug randalierte. Als die Polizisten den Zug betraten, griff dieser die Beamten demnach sofort mit einem Messer an. Diese wehrten sich unter anderem mit einer Schusswaffe.
Eine Auswertung der Bilder einer Überwachungskamera ergab nun laut Hessischem Rundfunk und dem Portal "Focus Online", dass der verletzte Polizist nicht geschossen hat, so dass als Schütze nur sein dann verstorbener Kollege in Frage komme. Er wurde nach einem Bericht der HR-Sendung "Hessenschau" von sieben Messerstichen getroffen, davon ein tödlicher in den Hals-Schulter-Bereich.
Der Hessische Rundfunk berief sich auf Auskünfte des Wetzlarer Staatsanwalts Dominik Mies. Demnach stand der Täter wegen einer früheren Verurteilung wegen Körperverletzung unter Bewährungsauflagen. Bei ihm sei ein Alkoholgehalt von 1,6 Promille gemessen worden. "Hier ist eine Aggressivität an den Tag gelegt worden, die man selten antrifft", zitierte "Spiegel Online" den Staatsanwalt.