Politik

Münchner Polizei: Wir wissen nicht, ob es die Verdächtigen überhaupt gibt

Der Münchner Polizeipräsident kann nicht sagen, ob es die Verdächtigen des Terror-Alarms aus der Silvesternacht überhaupt gibt. Der bayrische Innenminister gab am Neujahrstag Entwarnung.
02.01.2016 01:36
Lesezeit: 2 min

Auf Warnungen befreundeter Geheimdienste hin hatten die Behörden am späten Silvesterabend mit schwer bewaffneten Einsatzkräften den Hauptbahnhof sowie den Bahnhof im Stadtteil Pasing evakuiert. Es bestand der konkrete Verdacht, dass Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat um Mitternacht Anschläge geplant haben könnten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gab am Freitagnachmittag Entwarnung. Es bestehe keine ganz konkrete Anschlagsgefahr mehr, sagte der CSU-Politiker.

Im abgelaufenen Jahr hatte es deutschlandweit bereits mehrere konkrete Terrorwarnungen gegeben. So musste Mitte November das Fußball-Länderspiel Deutschland-Niederlande in Hannover kurz vor dem Anpfiff abgesagt werden. In München hätten die Sicherheitsbehörden die Gefährdungslage ähnlich eingeschätzt wie in Hannover, hieß es. Auch hier wurde bis heute keine Verdächtigen identifiziert.

Zum Jahreswechsel seien die Hinweise auf möglicherweise bevorstehende Attentate in München sehr konkret gewesen und man habe sehr kurzfristig entscheiden müssen, betonte Innenminister Herrmann. «Die Lage hat sich wieder etwas entspannt, nachdem heute Nacht Gott sei Dank kein Anschlag verübt wurde.» Auch am Neujahrstag liefen 100 zusätzliche Polizisten in der Bayern-Metropole Streife.

Angeblich fahndet die Polizei nach Verdächtigen aus Syrien und dem Irak. Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä sagte am Freitag allerdings, man wisse bislang noch nicht, ob es die als Verdächtige genannten fünf bis sieben Personen auch wirklich gebe. Die Ermittlungen liefen noch. Von etwa der Hälfte der erwähnten Verdächtigen seien der Polizei Personalien übermittelt worden. Allerdings handelt es sich dabei offenkundig um arabische Allerweltsnamen. Es ist unbekannt, ob diese auch realen Personen zugeordnet werden können.

Ein erster Hinweis auf Anschlagspläne gegen die beiden Bahnhöfe hatte die Behörden nach Informationen der dpa am 23. Dezember erreicht, wurde aber zunächst für unwahrscheinlich gehalten. Die Informationen verdichteten sich dann aber, und der Bundesnachrichtendienst konnte einen Hinweisgeber im Irak selbst befragen. Ein früher Hinweis kam nach dpa-Informationen vor ein paar Tagen aus den USA. Den Sicherheitsbehörden lagen aus dem Geheimdienstbereich auch detaillierte Informationen zu Namen, Orten und einem möglichen Tatablauf vor. Eine konkrete Warnung für die Silvesternacht wurde dann an Silvester vom französischen Geheimdienst übermittelt..

Bundesinnenminister Thomas de Maizière rechtfertigte die Anti-Terror-Maßnahmen in München. «Die bayerischen Behörden haben mit Unterstützung der Bundespolizei umsichtig, besonnen und entschlossen gehandelt», erklärte der CDU-Politiker.

Laut Bayerischem Rundfunk sollen sich die Verdächtigen - von denen man allerdings nicht weiß, ob es sie überhaupt gibt - in München zu Silvester aufgehalten haben.

Laut «Süddeutscher Zeitung» gab es auch Durchsuchungsbeschlüsse, die allerdings nicht vollzogen wurden, weil das Szenario zunächst als zu unwahrscheinlich galt. Auch waren demnach die angeblichen Täter, die in einem Innenstadt-Hotel untergekommen sein sollten, nicht auffindbar. Laut ZDF ergab ein Abgleich der übermittelten Namen mit Anti-Terror-Datenbanken keine Treffer.

Der entscheidende Hinweis kam laut Innenminister Herrmann gegen 19.40 Uhr vom Bundeskriminalamt - nachdem dieses von einem befreundeten Nachrichtendienst die «dringende Warnung» erhalten hatte. Es habe eine konkrete Uhrzeit, einen konkreten Ort und eine klare Benennung von Tätern aus dem Bereich des sogenannten Islamischen Staates (IS) gegeben. «Das Bundeskriminalamt und die bayerische Polizei waren übereinstimmend der Auffassung, dass das nicht einfach ignoriert werden kann», betonte Herrmann.

Am Silvesterabend hatte die Münchner Polizei um 22.40 Uhr via Twitter gewarnt, den Hauptbahnhof und den Bahnhof im westlichen Stadtteil Pasing zu meiden. Zudem empfahl sie, einen Bogen um größere Menschenmassen gerade im Innenstadtbereich zu machen. Zwischen 3.30 und 4.00 Uhr gab die Polizei die Bahnhöfe wieder frei. Der Bahnverkehr konnte planmäßig fahren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Investoren warnen: Ist die Erfolgsgeschichte der Novo Nordisk-Aktie vorbei?
31.07.2025

Die Novo Nordisk-Aktie galt als Fels in der Brandung – doch nach einer drastischen Gewinnwarnung gerät das Erfolgsmodell ins Wanken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 2 Prozent Inflation: Kerninflation zieht Verbrauchern das Geld aus den Taschen
31.07.2025

Die Inflation liegt genau im Zielkorridor der EZB – ein scheinbar gutes Zeichen. Doch die Kerninflation bleibt hoch, vor allem...

DWN
Finanzen
Finanzen Renminbi im Welthandel: Warum Dollar und Euro dominant bleiben
31.07.2025

Chinas Regierung will den Renminbi zur globalen Handelswährung machen – und nutzt gezielt geopolitische Spannungen, um Druck auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF Stellenabbau: 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland bedroht
31.07.2025

Der Autozulieferer ZF rutscht immer tiefer in die Krise. Die "Zahnradfabrik" verzeichnet erneut einen hohen Verlust, steckt tief im...

DWN
Politik
Politik Trump tobt, doch Powell bleibt hart: Keine Zinsgeschenke für den Präsidenten
31.07.2025

Donald Trump fordert eine drastische Zinssenkung – doch Fed-Chef Jerome Powell verweigert den Gefolgschaftseid. Die US-Notenbank bleibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Reserve kommt: Was Anleger jetzt wissen müssen
31.07.2025

Die USA lagern still und heimlich Bitcoin – als nationale Reserve. Was bedeutet das für Anleger? Was steckt hinter dieser strategischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen MediaMarkt Saturn: Chinas JD.com übernimmt die Kontrolle beim Elektronikhändler – Ceconomy-Aktie im Fokus
31.07.2025

Der Einstieg eines Handelsgiganten verändert das Kräfteverhältnis bei MediaMarkt Saturn: Chinas JD.com will Europas Elektronikmarkt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW-Aktie: Gewinn bei BMW bricht um mehr als ein Viertel ein – das sagen Experten
31.07.2025

BMW verdient im ersten Halbjahr fast ein Drittel weniger – und kommt dennoch vergleichsweise gut durch die Krise. Während Mercedes und...