Politik

Österreich beschließt radikales Ende der Willkommens-Kultur

Österreich macht seine Grenzen zu Italien, Ungarn und Slowenien dicht. Es werden im großen Stil Zäune errichtet, das österreichische Bundesheer ist mit mindestens einem Radpanzer präsent. Deutschland hatte zuletzt klammheimlich damit begonnen, Flüchtlinge nach Österreich zurückzuschicken.
16.02.2016 21:53
Lesezeit: 2 min

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Die Wiener Tageszeitung übertitelt ihre Artikel zur Bekanntgabe der radikalen Grenzsicherungsmaßnahmen in Österreich drastisch: «Asyl: Das Ende der Willkommenskultur". Österreich hatte bereits in den vergangenen Tagen bekanntgegeben, alle Vorbereitungen zu einer umfassenden Grenzsicherung getroffen zu haben. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, lange Zeit ein treuer Gefolgsmann von Angela Merkel, hatte gesagt, er glaube nicht mehr an die Möglichkeit, die EU-Außengrenzen wirksam zu sichern.

Künftig solle die Südgrenze des Landes lückenlos deutlich strenger als bisher kontrolliert werden, sagten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Dienstag. Die Maßnahmen betreffen laut Regierung zwölf weitere Grenzübergänge nach Slowenien, Ungarn und Italien. Die Kontrollen sollen jenen am slowenisch-österreichischen Grenzort Spielfeld ähneln, wo auch ein fast vier Kilometer langer Zaun gebaut wurde. Insgesamt sollen 17 Zäune gebaut werden - eine beispiellose Maßnahme, mit der Österreich dem Beispiel Ungarns folgt.

Die Presse berichtet:

«Um jeden Zweifel an der Trendumkehr zu beseitigen, ist seit Anfang der Woche in Spielfeld auch noch ein Pandur-Radpanzer des Bundesheeres stationiert. Es soll im Ernstfall den Autobahnbereich gegen Flüchtlinge absichern, heißt es...Täglich – bzw. stündlich – darf nur ein fixes Kontingent an Menschen einreisen, das mit Slowenien abgesprochen ist. Die genaue Zahl soll im Lauf des Tages kommuniziert werden. Dafür wird die Zahl der Beamten in Spielfeld massiv erhöht: Noch im Lauf der Woche wird die Zahl der Polizisten von derzeit 200 auf 400 Beamte aufgestockt. Ähnliches passiert beim Bundesheer: Statt 250 sollen 400 Militärs ständig vor Ort sein. Zusätzlich bleiben 200 in Bereitschaft.»

«Es wird unterschiedliche bauliche Maßnahmen von Containern bis hin zu weiteren Grenzzäunen geben», sagte Mikl-Leitner. Österreich sei seiner Verantwortung als Zielland für Flüchtlinge und Asylbewerber im vergangenen Jahr umfassend nachgekommen. «Das führt aber dazu, dass in Österreich viele Systeme überfordert werden. Wir setzen dem Grenzen», sagte die Innenministerin.

Betroffen sind Übergänge in Kärnten, der Steiermark, Tirol und dem Burgenland. Auch am Brenner, der wichtigsten Grenzstation zwischen Italien und Österreich, werden laut Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) Vorbereitungen für Kontrollen getroffen. Tirol dürfe nicht zum «Flüchtlingsbahnhof Europas» werden, unterstützte der Tiroler Ministerpräsident Günther Platter (ÖVP) die Pläne.

Mikl-Leitner will am Mittwoch nach Abstimmung mit Slowenien den «zeitnahen Beginn» der Verschärfungen bekanntgeben. Dann werde auch die Höhe der täglichen Obergrenze mitgeteilt. Das Land hat für 2016 eine Obergrenze von 37 500 Asylbewerbern festgelegt - weniger als die Hälfte der Zahl von 2015.

Laut Innenministerium sollen Einsatzkräfte rasch verfügbar sein, um «gewaltsam vorgehende Personen oder Personengruppen» am Grenzübertritt zu hindern. Zudem sollen Autofahrer und Bahnreisende überprüft werden. Wenn nötig, sollen auch Kontrollen im Hinterland stattfinden.

Deutschland will damit als letztes Land in Europa seine Grenzen offen halten. Allerdings hatte Deutschland seit Jahresbeginn klammheimlich damit begonnen, sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge nach Österreich abzuschieben - sehr zur Verärgerung der österreichischen Behörden. Die radikale Grenzschließung ist mit Sicherheit auch eine Reaktion auf das deutsche Verhalten. Offiziell hält Angela Merkel bis zur Stunde an den offenen Grenzen fest. Die Kanzlerin gestand jedoch am Dienstag das Scheitern ihrer Politik ein: Beim EU-Gipfel in Brüssel wird nicht über die Verteilung der Flüchtlinge in der EU verhandelt werden.

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