Politik

EU-Staaten einigen sich auf Linie für Türkei-Pakt

Die EU-Regierungschefs haben sich in der Nacht auf eine gemeinsame Verhandlungsposition für einen Flüchtlingsdeal geeinigt. Mit der EU wird über die Zahlungsmodalitäten und über die Menschenrechte verhandelt. Die Verteilung der Flüchtlinge in der EU ist offenbar nicht Teil der Vereinbarung.
18.03.2016 02:05
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf eine gemeinsame Linie für den geplanten Flüchtlingspakt mit der Türkei geeinigt. Das berichtete der luxemburgische Premier Xavier Bettel am frühen Freitagmorgen im Kurznachrichtendienst Twitter.

Ein EU-Diplomat sprach von einer „gemeinsamen Position“ der 28 Staaten für die Gespräche mit der Türkei. „Wir sind jetzt mitten in den Verhandlungen.“ Es gebe in dem Entwurf für die Erklärung der EU mit der Türkei allerdings immer noch einige Elemente, die nicht für alle 28 EU-Staaten hinnehmbar seien.

Im Wesentlichen wurden die finanziellen Rahmenbedingungen abgesteckt und eine Linie für das Thema Visa-Freiheit definiert.

Demnach stimmt die EU zu, dass die Türkei die von Ankara geforderten 6 Milliarden Euro erhalten soll. Die Summe soll in zwei Tranchen zu je 3 Milliarden ausgezahlt werden. Die zweite Tranche werde erst ausgezahlt, wenn sich herausstellt, dass die Rückführung funktioniert.

Für die Visa-Freiheit müsse die Türkei 72 Kriterien erfüllen, welche für alle Staaten gelten, mit denen die EU Visa-Freiheit vereinbart. Dies dürfte keine besonders hohe Hürde sein: Soeben hat die EU die Visa-Erleichterungen mit der Ukraine vereinbart, die sich im Hinblick auf die Menschenrechte und die Korruption nicht gerade als Musterland qualifiziert hat.

Das Thema der Verteilung der Flüchtlinge auf die EU wird im Türkei-Pakt keine Rolle spielen. Die meisten EU-Staaten weigern sich, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Es ist daher anzunehmen, dass es einen zweiten, EU-internen Teil der Vereinbarung gibt: Demnach wird die Koalition der Willigen die Flüchtlinge aufnehmen. Zu dieser Koalition gehören aktuell Deutschland, Portugal und Schweden. Österreich könnte die Flüchtlinge im Rahmen der festgelegten Quote aufnehmen und daher ebenfalls Teil dieser Koalition sein.

EU-Gipfelchef Donald Tusk, EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der niederländische Regierungschef Mark Rutte wollten am Vormittag mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu sprechen, berichteten Diplomaten. Erst danach soll es ein Treffen in großer Runde geben. Davutoglu muss der Vereinbarung mit der EU noch zustimmen.

Der französische Staatspräsident François Hollande sagte: „Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.“ Er könne aber noch nicht sagen, ob es wirklich ein glückliches Ende gebe.

Spanien sagte, dass das Menschenrecht auf Asyl gewahrt bleiben müsse. Massenabschiebungen seien nicht akzeptabel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zog eine positive Bilanz nach den Gipfelberatungen. Die Atmosphäre sei „sehr konstruktiv“ gewesen. Mit Blick auf die geplante Begegnung der Gipfelteilnehmer mit Davutoglu sagte Merkel: „Es werden sicher morgen nicht ganz einfache Verhandlungen.“

Die Kanzlerin fügte hinzu: „Wir waren uns alle einig, dass wir alle Anstrengungen darauf lenken, eine Abmachung mit der Türkei hinzubekommen.“

Der Türkei-Pakt soll dazu dienen, den Flüchtlingszustrom nach Europa einzudämmen. Ankara winken dabei zusätzliche Milliardenhilfen zur Versorgung syrischer Flüchtlinge im Land.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Immobilienverbot für Russland: Finnland verbietet Russen und Weißrussen den Immobilienkauf
16.07.2025

Helsinki verbietet Russen den Immobilienerwerb: Am 15. Juli trat in Finnland ein Gesetz in Kraft, welches russischen und weißrussischen...

DWN
Politik
Politik Kontrollstaat: digitale Identität mit Bürgerkonto wird im Koalitionsvertrag Pflicht – Hacker kritisieren Überwachung
16.07.2025

Ende der Freiwilligkeit? Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine verpflichtende digitale Identität der Bürger in der BRD....

DWN
Finanzen
Finanzen Boomer-Soli: Experten wollen einen Rentensoli zur Sicherung der Rentenkassen
16.07.2025

Wenn Millionen Menschen aus der Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen, wird das Rentensystem extrem belastet. Ökonomen des DIW...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis: Wie China und die USA den Markt dominieren
16.07.2025

Gold erlebt ein Comeback – und diesmal greifen nicht nur Kleinanleger zu. Nach Jahren der Zurückhaltung investieren...

DWN
Finanzen
Finanzen Aus für Steuerklärung wegen Fachkräftemangel? Gewerkschaft fordert die Abschaffung für Arbeitnehmer und Rentner
16.07.2025

Kurz vor Ablauf der Abgabefrist für das Jahr 2024 hat die Deutsche Steuer-Gewerkschaft gefordert, die Steuererklärung für Arbeitnehmer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Generation Z: Warum junge Beschäftigte unter Druck stehen
16.07.2025

Die Generation Z leidet besonders unter psychischen Belastungen im Job. Das hat nicht nur mit Corona zu tun, sondern auch mit verhärteten...

DWN
Technologie
Technologie Oracle-Investition: Zwei Milliarden Dollar für deutsche Cloud-Infrastruktur
16.07.2025

Die Nachfrage nach Rechenleistung für KI-Anwendungen explodiert – und Oracle reagiert. Der US-Konzern investiert zwei Milliarden Dollar...

DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...