Politik

Völker aus Afrika ziehen Deutschland wegen Völkermord vor Gericht

Die afrikanischen Hereros und Nama wollen am Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag gegen Deutschland vor Gericht ziehen. Für den „Genozid“ von 1904, der vom Deutschen Kaiserreich begangen wurde, fordern sie Reparationszahlungen.
10.06.2016 20:37
Lesezeit: 2 min

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Aktivisten der Hereros und Nama aus Namibia bereiten sich darauf vor, gegen Deutschland vor Gericht zu ziehen. Sie haben angesichts des „Genozids“ an den Hereros im Jahr 1904 durch das Deutsche Kaiserreich direkte Gespräche mit der Bundesregierung gefordert. Die Bundesregierung soll dieses Angebot nach Angaben der Deutschen Welle zurückgewiesen haben. Deutschland hat bisher keine offizielle Entschuldigung an das Volk der Hereros verkündet, so das Blatt.

Die namibische Ovaherero Traditional Authority (OTA) hatte bereits im Mai berichtet, dass sie vor das Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag ziehen wolle. „Die deutsche Regierung muss sich nun auf die reale Aussicht einstellen, dass ein Schlichtungsprozess stattfindet, der das Potenzial hat, Deutschland wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit als internationalen Paria-Staat zu erklären“, zitiert New Era den OTA-Sprecher Bob Kandetu. Deutschland habe alle Angebote, die Reparationsfrage durch direkte Gespräche zu lösen, ignoriert.

Doch nicht nur Namibia, sondern auch Botswana will gerichtlich gegen Deutschland vorgehen. „Wir sind damit beschäftigt unsere Leute zu mobilisieren, um dem Beispiel unseres Volks in Namibia zu folgen (…). Wir sind diejenigen, die direkt vom Genozid im Jahr 1904 betroffen gewesen sind, weil wir vertrieben wurden und unserer Heimat beraubt wurden “, zitiert New Era den Sprecher den Sprecher der Gruppe für Reparationen und Völkermord, Jezenga Uneza.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet über die Vorkommnisse im Jahr 1904 im heutigen Namibia:

„Im Oktober 1904 erhob sich das Volk der Nama, nachdem viele deutsche Siedler gefordert hatten, mit den Hereros auch gleich die Nama auszurotten. Diese vermieden jedoch offene Schlachten und begannen einen Guerillakrieg. Die deutsche Regierung reagierte darauf mit einer Politik der ,verbrannten Erde'. Der Besetzung und Vergiftung von Wasserstellen fielen Tausende Nama zum Opfer. In Berlin sah man das brutale Vorgehen als gerechtfertigt an. Generaloberst von Schlieffen erklärte, ein "Rassenkrieg" könne nur mit der Vernichtung einer der beteiligten Parteien enden. Es gab jedoch auch Widerstand von Reichstagsabgeordneten gegen diesen ,barbarischen Akt der Kriegsführung' und so wurde v. Trotha im Dezember 1904 angewiesen, die Vernichtung zu stoppen und ,Konzentrationslager für die einstweilige Unterbringung und Unterhaltung der Reste des Hererovolkes' einzurichten. Doch auch dort setzte sich die Politik der Vernichtung fort. Die Gefangenen wurden zu Zwangsarbeit eingesetzt. Zumindest die Deportation der Herero in die Konzentrationslager auf der Haifischinsel und in Swakopmund und ein leben unter elendsten Bedingungen sollten den Tod der meisten Häftlinge herbeiführen. Die Bilanz des Vorgehens kaiserlicher Truppen war verheerend und ist bis heute in Namibia spürbar. Lebten vor dem Krieg 80.000 Hereros unter deutscher Herrschaft, so waren es 1911 noch 15.130. Weitere 3.000 Herero hatten in einer benachbarten britischen Kolonie Zuflucht gesucht. Die Hälfte von einst 20.000 Nama starb im gleichen Zeitraum. Das Land der Herero und Nama wurde beschlagnahmt und später an europäische Siedler verkauft. Auch nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft 1915 erhielten die Herero und Nama ihr geraubtes Land nicht zurück. Heute leben wieder 122.000 Herero und 61.000 Nama in Namibia. Trotz ihrer beeindruckenden Bevölkerungszahl ist ihre soziale und wirtschaftliche Lage sehr schwierig.“

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