Am Dienstag wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Anleihekäufe der EZB rechtswidrig oder rechtskonform sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Richter sich am Urteil des EuGH orientieren werden. Dieser hatte im vergangenen Jahr dem Kaufprogramm der EZB nichts entgegengestellt.
Ein aktueller Blick auf die Zinssätze für Staatsanleihen aus Südeuropa verdeutlicht, wie wichtig und gleichzeitig wie begrenzt wirksam das Kaufprogramm der EZB für den Zusammenhalt der EU derzeit ist. Dank der zahlreichen Staatsanleihen, die die EZB in der Vergangenheit gekauft hat, dank dem Kauf der Unternehmensanleihen und dank der billigen Kredite von der EZB sowie der Niedrigzinspolitik konnten Spanien, Italien und Portugal in den vergangenen eineinhalb Jahren etwas verschnaufen.
Die Länder waren wieder in der Lage, ihre Schulden am Anleihenmarkt zu refinanzieren. Gleichzeitig stützte die EZB mit ihrer Politik den Großteil der heimischen Banken. Doch in dieser Woche zeigt sich, dass das eigentliche Problem, das Ungleichgewicht innerhalb der EU auch durch die Politik der EZB nur verdeckt, nicht aber gelöst werden kann.
Denn angesichts des schwachen globalen Wachstums und vor allem auch den Schwächen der Schwellenländer wird der Druck auf die Peripheriestaaten der EU wieder größer. Ungleichzeitig wachsen die deutschen Exporte weiter. Das zeigt sich vor allem in den Zinskosten, die für die Staatsanleihen notwendig sind. Während die Bundesanleihe vorübergehend in den negativen Bereich rutschte, nahmen die Zinskosten für Italien, Spanien und Portugal seit Anfang Juni wieder zu. Seit dem 10. Juni hat sich dieser Trend sogar noch einmal verstärkt.
Die Zinssätze für zehnjährige, portugiesische Staatsanleihen liegen derzeit bei 3,31 Prozent, für italienische mit derselben Laufzeit sind es 1,43 Prozent, für spanische 1,56 Prozent. Für zehnjährige, deutsche Staatanleihen müssen aktuell 0,02 Prozent Zinskosten getragen werden. Für die Ausgabe von zwei- und fünfjährigen Anleihen erhält der Bund sogar Geld von den Gläubigern.
In Frankreich ist die Situation nicht viel besser. Hollande hat in seiner Amtszeit kaum die französische Wirtschaft reformieren können. Die geplante Arbeitsmarktreform wird seit mehr als einem Monat von heftigen Protesten und Streiks begleitet. Die Schulden des Landes sind weiterhin hoch.
Die italienische Krisenbank Veneto Banca beispielsweise kämpft mit einer noch angespannteren Liquiditätssituation. Das mittelgroße Institut leidet wie andere Banken in Italien unter der jahrelangen Wirtschaftsmisere. Sie sitzen zusammen auf faulen Krediten von rund 360 Milliarden Euro. Das ist ein Drittel aller ausfallgefährdeten Darlehen in Europa.
Seit Juni kauft die EZB auch Unternehmensanleihen. Der Schwerpunkt liegt derzeit auf Italien und Spanien. 60 Prozent der Italiener beispielsweise würden gern über einen Verbleib ihres Landes in der EU in einem Referendum abstimmen. Und fast jeder zweite Italiener würde sich dann sogar für einen Austritt entscheiden. Der Unmut über die EU hatte sich in den Peripheriestaaten zuletzt noch einmal erhöht, als Juncker öffentlich sagte, die EU-Behörde lasse bei Frankreich Nachsicht walten, „weil es Frankreich ist“.