Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat seinen geplanten Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen des Brexits abgesagt. Die für Anfang der Woche vorgesehene Reise nach Moskau werde zunächst nicht stattfinden, sagte Gabriel auf Nachfrage von Journalisten am Freitag in Berlin. Darüber sei Moskau bereits informiert worden.
Gabriel nimmt nach eigenen Angaben stattdessen an einem Treffen der europäischen Sozialisten teil, um über die Folgen des Votums der Briten für einen Austritt aus der EU zu beraten.
Die Reisepläne Gabriels hatten in Berlin teilweise für Stirnrunzeln gesorgt. Gabriel hatte sich Anfang der Woche dafür ausgesprochen, trotz aller Differenzen mit Moskau im Gespräch zu bleiben und vor der Rückkehr in den Kalten Krieg gewarnt. Er stellte sich damit hinter Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der ebenfalls zum Dialog mit Russland aufgerufen und vor „Säbelrasseln“ der Nato gewarnt hatte (Video am Anfang des Artikels). Dafür war der Außenminister von der Union kritisiert worden.
Allerdings müssen diese Pläne hinter die unmittelbaren Bedrohungen zurücktreten, denen sich die Sozialisten ausgesetzt sehen. Labour-Chef Jeremy Corbyn hatte einen sympathischen Kurs des „skeptischen Verbleibs“ propagiert, damit allerdings die Briten nicht einmal ansatzweise erreicht. Die Mehrheit der Labour-Klientel war für den Austritt, weil vor allem die Arbeiter von der schlechten Wirtschaftslage betroffen sind. Sie stehen auch im Wettbewerb mit ausländischen Arbeitskräften, die im Unterschied zu den Briten nicht am Referendum teilnehmen konnten.
Das Hauptproblem der Sozialisten: Sie müssen sich entscheiden, ob sie Politik für die linksliberalen Eliten in London oder für die Arbeiter im ganzen Land machen wollen. Der Brexit hat den Sozialdemokraten gezeigt, dass es unmöglich ist, es beiden recht zu machen.