Der Schock über das Brexit-Votum saß Anlegern auch am Montag noch tief in den Knochen. Die Aktienbörsen in Europa setzten ihre Talfahrt ebenso fort wie das Pfund Sterling, das auf ein frisches 31-Jahres-Tief fiel. "Die ungewisse Lage schreckt Investoren ab", sagte Niall Delventhal vom Brokerhaus FXCM. „Dass der britische EU-Austritt noch nicht in trockenen Tüchern ist und dass London sich hierbei allen Anschein nach viel Zeit lassen könnte, wird nicht als ein Hoffnungsschimmer verstanden, sondern trägt einen faden Beigeschmack.“
Der deutsche Leitindex Dax sackte bis zum späten Nachmittag um rund 3,5 Prozent auf 9231 Punkte ab, der EuroStoxx50 fiel um 3,2 Prozent. Der britische FTSE100-Index verlor mit rund 2,5 Prozent etwas weniger, da die Aktien von Goldminenkonzernen wie Randgold und Fresnillo angesichts des Anstiegs des Goldpreises hoch im Kurs standen. Für die Wall Street signalisierten die US-Futures ebenfalls erneut fallende Kurse.
Commerzbank-Devisenspezialist Ulrich Leuchtmann spielt in einem Kurzkommentar auf das innenpolitische Hickhack in London an, wo nicht nur bei den regierenden Konservativen, sondern auch in der Labour-Partei ein Machtkampf ausgebrochen ist. „Addiert man dazu die Rufe nach Abspaltung Schottlands und Nordirlands vom Vereinigten Königreich, wird klar, dass die politischen Chaostage an der Themse ein Ausmaß erreicht haben, welche ökonomische Auswirkungen haben könnten.“
Das Pfund Sterling - immerhin eine der wenigen Reservewährungen der Welt neben Dollar und Euro - beschleunigte seine Abwertung um etwa vier Prozent und dank auf 1,3153 Dollar ab. Das war der niedrigste Stand seit September 1985. Im Sog des Pfund fiel der Euro um gut ein Prozent auf 1,0975 Dollar. Die „Krisen-Währung“ Gold verteuerte sich im Gegenzug um 1,5 Prozent auf 1335,30 Dollar je Feinunze.
Erneut flüchteten die Anleger aus den Finanzwerten. Aktien der Deutschen Bank brachen zwischenzeitlich um fast zehn Prozent auf ein Rekordtief von 12,09 Euro ein. Auch die Titel anderer großer Banken aus der Euro-Zone und der Schweiz stürzten ab. Besonders hart traf es die britischen Geldhäuser: Royal Bank of Scotland (RBS) und Barclays verloren je mehr als 15 Prozent.
Aus Furcht vor Gewinneinbußen durch den Brexit warfen Anleger auch die Papiere von Fluggesellschaften aus ihren Depots. Die Aktien der British-Airways-Mutter IAG fielen um über zehn Prozent. Die Titel des Billigfliegers Easyjet verloren mehr als 21 Prozent, nachdem der Konzern wegen des Brexits seine Prognose kassierte. Der irische Rivale Ryanair büßte zehn Prozent ein, Lufthansa und Air France-KLM je etwa sechs Prozent. Spekulationen auf zusätzliche Geschäfte durch den Brexit ließen dagegen die Aktien deutscher Immobilienfirmen wie Vonovia im Dax und Deutsche Wohnen im MDax um drei und zwei Prozent zulegen. Unternehmen könnten ihre Sitze von London auf den Kontinent verlegen, spekulierten die Anleger.