Finanzen

Italien: Banken sind fest in der Hand der politischen Parteien

Die EU brüstet sich, die Banken kontrollieren zu wollen. Am Beispiel Italiens sieht man: Oft sind die Banken die nächste Karriereleiter für Politiker, die vom Banking nichts verstehen, jedoch meist eine knallharte Interessens-Politik für ihre ehemaligen Parteifreunde verfolgen.
18.02.2013 15:39
Lesezeit: 2 min

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In allen Ländern der Welt rutschen Politiker in die Vorstandsetagen der Banken, wo sie mal mehr, mal weniger Unglück anrichten. In Italien hat die Migration der Politiker in die Finanzwirtschaft eine feste Struktur - die den Einfluss der Parteien quasi auf Ewigkeit garantiert, und eine wirksame Kontrolle der Banken faktisch unmöglich macht.

Das aktuellste Beispiel: Die Stiftung, von der die Skandalbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) kontrolliert wird, welche mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren, gehört den Sozialisten von Siena (PD). Seit Jahrzehnten regieren die Sozialisten die MPS. Das erschütternde Ergebnis: Während die Bank 1995 einen Wert von 2,7 Milliarden Euro hatte, waren es 2011 nur noch 1,3 Milliarden Euro. Zudem hat sie die Fehlentscheidungen bei Monte dei Paschi zugelassen, welche die Skandalbank fast in den Bankrott geführt haben (mehr hier).

Die Stiftung der MPS ist nur eine von 88 Bankenstiftungen in ganz Italien. Ihr Versagen hat eine Debatte darüber eröffnet, ob diese Stiftungen (Fondazioni) weiterhin mit der Aufsicht der Banken betraut werden sollten. Die Stiftungen haben enge Verbindungen zu den lokalen Regierungen.

Es gibt nun Forderungen, die Macht der Stiftungen zu schwächen, ihre Verbindungen zur Politik aufzulösen und sie stärker zu regulieren. „Monte Paschi ist eine Bombe. Die Beziehung der Banken und der Stiftungen wird sich mit Sicherheit verändern“, zitiert die FT einen italienischen Politiker, der nicht genannt werden möchte.

Die Fondazioni wurden 1990 gegründet im Rahmen der Privatisierung des italienischen Bankensystems. Im Jahr 1999 wurden sie dann gesetzlich verpflichtet, ihre Anteile an den Banken auf weniger als 50 Prozent zu reduzieren. Dennoch ist ihre Macht über Italiens Bankensystem groß.

Nicht nur Monte dei Paschi wird zu 35 Prozent von einer Fondazione kontrolliert. Auch die beiden größten Banken Italiens, UniCredit und Intesa Sanpaola, sind zu 14 beziehungsweise 27 Prozent im Besitz von Bankenstiftungen, so die FT. Die engen Verbindungen zwischen den Fondazioni und lokalen Politikern haben die Führung der italienischen Banken verschlechtert.

„Die Stiftungen sind trojanische Pferde, mit denen die Politiker in die Banken gelangt sind“, zitiert die FT Tito Boeri, einen Universitäts-Professor in Milan. Seine Studie ergibt, dass vier der fünf größten Banken Italiens mindestens einen Politiker im Aufsichtsrat haben. „Diese Politiker kommen typischerweise aus dem Aufsichtsrat der Fondazioni, wo sie ihren Lebenslauf aufputzen. Und dann leiten sie eine Bank, obwohl sie gar nicht die nötigen Fähigkeiten dazu haben“, sagte Boeri.

Die Finanzaufsicht über die Fondazioni obliegt derzeit dem italienischen Finanzministerium. Dessen Aufsicht ist allerdings nicht sehr streng. Die in Wahlumfragen führenden Demokraten wollen das Finanzministerium mit mehr Kompetenzen ausstatten. Doch für Professor Boeri ist das nicht genug. „Die Regierung ist zu lax mit den Fondazioni gewesen“, daher solle Italien die Bankenaufsicht einer der anderen existierenden Behörden übertragen, sagte Boeri.

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