Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?
Ich bin eine große Verfechterin der Subsidiarität. Deshalb sollten in der Europäischen Union die Mitgliedstaaten weitestmöglich ihre einzelstaatliche Souveränität behalten. Seit der Einführung des Euros gilt dies für das Haushaltsrecht aber nicht mehr uneingeschränkt. Mit dem Fiskalpakt haben wir in 25 Staaten eine Schuldenbremse eingeführt. Diese muss, um funktionieren zu können, zentral überwacht werden. Entscheidend sind dabei wirksame Sanktionsmechanismen für den Fall eines Verstoßes. Notfalls muss es dann auch Durchgriffsmechanismen für Europa geben. Das umso mehr, weil wir mit EFSF und ESM Hilfskredite für Länder in akuter Krise zur Verfügung stellen und damit jeder einzelne Hilfe gewährende Staat eigene Haushaltsrisiken eingeht.
Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?
Eine gemeinsame Haftung für die Schulden einzelner Mitgliedstaaten darf und wird es nicht geben. Eine Schuldenvergemeinschaftung hätte in den einzelnen Staaten – auch in denen mit heute solider Haushaltslage – zur Folge, dass die Anreize, zu sparen und vernünftig mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger umzugehen, aber auch attraktive Standortbedingungen für Unternehmen zu schaffen, sofort spürbar zurückgehen würden. Denn für schlechte – aber populäre – Politik würde am Ende immer ein anderer zahlen. Das funktioniert solange, bis auch das letzte Fähnchen – das solideste – kippt. Was hätte Europa davon?
Daneben würden sich die Risiken auch unmittelbar – selbst ohne Eintritt eines Haftungsfalls – in den deutschen Haushalten bemerkbar machen. Denn steigende Risiken hätten höhere Zinsen für die Kreditaufnahme zur Folge. Auch wenn der Bund ab 2015 keine neuen Schulden mehr macht, muss er alte immer wieder umschulden. Der Bundeshaushalt müsste also mehr Geld für Zinszahlungen bereithalten.
Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?
Das Vorsehen von Strafen scheitert schon an dem Begriff „nachweislich“. Wer allein handelt und dabei Steuergelder verschwendet, erfüllt den Untreuetatbestand des Strafgesetzbuchs. In der Regel ist aber im öffentlichen Dienst niemals ein Amtsträger einzeln befugt, über Gelder zu entscheiden.
Ich schätze die Arbeit des Bundesrechnungshofs und der Landesrechnungshöfe sehr. Sie leisten gute Arbeit! Im Finanzausschuss werden die Berichte des Bundesrechnungshofs regelmäßig diskutiert und dann versucht, die erwähnten Missstände auch abzustellen.
Oft gehen aber die Meinungen, wann Steuergeldverschwendung tatsächlich vorliegt, auch weit auseinander. Das geht sogar so weit, dass die jüngsten Hochwasserhilfen vom Rechnungshof meines Bundeslandes Thüringen als Verschwendung von Steuergeldern gebrandmarkt wurden!