Politik

US-Senat macht Janet Yellen zur Chefin der US-Notenbank

Der Senat in Washington hat Janet Yellen zur ersten Frau auf dem Chef-Posten der Federal Reserve ernannt. Yellen dürfte auf absehbare Zeit die Politik des billigen Geldes fortsetzen.
07.01.2014 00:42
Lesezeit: 2 min

Fed-Vizechefin Janet Yellen ist offiziell zur Präsidentin der mächtigsten Notenbank der Welt gekürt worden. Der US-Senat stimmte am Montag der Ernennung Yellens zur Nachfolgerin des Ende Januar aus dem Amt scheidenden Zentralbankchefs Ben Bernanke zu. Damit ist der Weg frei für die erste Frau an der Spitze der Fed in deren 100-jähriger Geschichte.

Yellen war von US-Präsident Barack Obama für den Posten vorgeschlagen worden. Die Ökonomin und Arbeitsmarktexpertin, die vor ihrem Wechsel in die Hauptstadt die Fed von San Francisco leitete, steht für einen lockeren geldpolitischen Kurs. Die US-Notenbank hat jüngst entschieden, ihre Geldspritzen zu drosseln und reagiert damit auf die aufgehellte Lage am Arbeitsmarkt. Die Quote war im November auf sieben Prozent gefallen - das niedrigste Niveau seit fünf Jahren. Bernanke hat den Kurs nach eigenem Bekunden eng mit Yellen abgesprochen. Dies gilt auch für das Versprechen, den Leitzins auch bei einem Absinken der Arbeitslosenrate auf 6,5 Prozent noch geraume Zeit bei faktisch null Prozent zu belassen.

Kritiker nennen Yellens geldpolitische Position zu weich: Sie fürchten, dass die neue Steuerfrau der Fed mit der Geldflut neue Blasen an den Märkten heraufbeschwören und die Zinsen zu spät anheben wird. Sollte es so kommen, drohen eine neue Finanzkrise und womöglich noch gravierendere Erschütterungen als das Beben der jüngsten Jahre. Nach der Entscheidung von Mitte Dezember, den Stimulus für die Wirtschaft in den kommenden Monaten langsam zurückzufahren, wird man sehen müssen, wie weich Yellen wirklich ist und ob sie bei Bedarf Kante zeigt.

Die frühere Professorin an der Elite-Universität Berkeley ist eine Arbeitsmarktexpertin. Damit ist die 67-Jährige geradezu prädestiniert für die wichtige Aufgabe an der Spitze der Notenbank, die sich Vollbeschäftigung in den von einer Jobmisere geplagten USA zum Ziel genommen hat. Allerdings wird ihr kein besonders enger Draht zum Weißen Haus nachgesagt. Dabei hat die frühere Präsidentin der Federal Reserve von San Francisco im linken Flügel von Obamas demokratischer Partei zahlreiche Fans: Die Nummer drei der ranghöchsten Demokraten im Senat, Charles Schumer, hatte Obama vor der Nominierung Yellens öffentlich aufgefordert, sie zur Präsidentin zu befördern.

Yellen war in den 90er Jahren Wirtschaftsberaterin von US-Präsident Bill Clinton, bevor sie zur Fed zurückkehrte und dort 2010 zur Fed-Vizepräsidentin aufstieg. Dabei sorgte sie geräuschlos dafür, dass sich die 100 Jahre alte Institution wandelte - etwa mit einer neuen Kommunikationsstrategie. Der Fed-Chef erläutert inzwischen mehrmals jährlich die Beschlüsse vor der Presse, die sich zuvor mit einem dürren Begleittext zufriedengeben musste.

Yellen hat sie in ihrer langjährigen Laufbahn alle Beschlüsse der Fed-Führung mitgetragen. Selbst als Bernanke ihr im vergangenen Jahr mit seiner Absage für die Konferenz von Jackson Hole die Tür für einen großen Auftritt öffnete, begnügte sie sich bei dem als "Davos in den Rocky Mountains" bekannten Treffen mit einer Moderatorenrolle. Dabei wirkte sie hinter den Kulissen umso aktiver.

Yellen wird zugeschrieben, in der Notenbank ein festes Inflationsziel durchgesetzt zu haben. Dabei gilt sie als Verfechterin einer geldpolitischen Linie, die ein Durchbrechen der angepeilten Inflationsmarke von zwei Prozent durchaus in Kauf nimmt, wenn dafür im Gegenzug Fortschritte beim Abbau der Arbeitslosigkeit winken. Wer solche Positionen einnimmt, wird im Fachjargon der Notenbankerwelt gern als "Taube" bezeichnet, die sich von stark an Preiswertstabilität orientierten "Falken" unterscheidet.

Bernanke hat mit seiner Krisenpolitik des ultrabilligen Geldes seiner Nachfolgerin ein schwieriges Erbe hinterlassen: Sie muss den Kurs für den Ausstieg aus der Ära des billigen Geldes abstecken - und dies den Märkten glaubhaft vermitteln. Auch wenn Yellen als Liebling der Börsen gilt, weist die Vita der mit Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof verheirateten Ökonomin keine beruflichen Stationen an der Wall Street auf. Als Studentin in Yale stand sie einst im Ruf, die Vorlesungen von James Tobin besonders eifrig zu protokollieren. Der gilt als geistiger Vater der Börsensteuer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...