Politik

Historischer Kurswechsel: Hollande will Sozial-Ausgaben kürzen

Die Krise in Frankreich zwingt Präsident Hollande zu einem radikalen Kurswechsel: Die sozialistische Regierung, die bisher ausschließlich Steuern erhöht hat, will nun mit dem radikalsten Steuersenkungs-Programm seit langem den Crash abwenden. Die Sozialausgaben sollen um 30 Milliarden Euro gekürzt werden, um die Unternehmen entlasten zu können. Ein handfester Konflikt scheint vorprogrammiert.
15.01.2014 00:08
Lesezeit: 1 min

„In diesem Jahr werden wir 15 Milliarden Euro einsparen“, sagte Hollande auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Paris. 2015 bis 2017 kämen weitere 50 Milliarden Euro hinzu. „Das gab es bislang noch nicht.“ Betroffen seien alle staatlichen Bereiche, auch die kommunalen Verwaltungen, die effizienter und enger zusammenarbeiten müssten.

Diese Ankündigung bedeutet eine bemerkenswerte Kehrtwende in Hollandes Politik. Anders als von der Troika gefordert, verfolgte die sozialistische Regierung bisher das Konzept, die sozialen Segnungen aufrechtzuerhalten und statt dessen die Steuern in allen Bereichen zu erhöhen (mehr hier). Zuletzt sollte der Mittelstand belastet werden (hier). Als Frankreichs Antwort auf die NSA plant er sogar Steuern auf Emails ins Ausland (hier).

Doch nun sollen etwa französische Unternehmen durch Streichung von Sozialbeiträgen entlastet werden. „Von jetzt an bis 2017 werden wir für Unternehmen und Selbstständige die Sozialbeiträge für Familien aufheben.“ Dadurch werde die Abgabenlast um 30 Milliarden Euro verringert. Die Unternehmen müssten im Gegenzug klare Ziele bei der Schaffung von Stellen und der Qualifizierung der Beschäftigten erfüllen.

Hollande drang auf eine Annäherung mit Deutschland in der Steuerpolitik. So regte er ein französisch-deutsches Energieunternehmen nach dem Vorbild von Airbus an, um die Energiewende umzusetzen. Auch warb er für eine Angleichung der Unternehmenssteuern in beiden Ländern.

Die Idee eines gemeinsamen Energieunternehmens wollte die Bundesregierung nicht kommentieren. In Regierungskreisen zeigte man sich jedoch überrascht. Die Umweltminister hätten bereits im vergangenen Jahr an einem gemeinsamen Plan für die Energiewende gearbeitet. In französischen Industriekreisen hieß es, dass sich der Vorstoß auf erneuerbare Energien konzentriere. Allianzen zwischen Konzernen seien nicht geplant.

Zu seiner mutmaßliche Affäre äußerte sich Hollande nicht (hier), aber einer Ifop-Umfrage zufolge habe sie ihm nicht weiter geschadet. Für die meisten Franzosen ist das ohnehin eine Privatangelegenheit. Ifop-Analyst Frederic Dabi sagte: „Tatsächlich ist er bereits so unpopulär, dass es keine Änderung mehr gab.“

Das ist ein bitteres Urteil für einen französischen Präsidenten: Er kann nicht einmal mehr mit einer attraktiven Freundin bei den Bürgern punkten.

Das angekündigte Sparprogramm dürfte seine Beliebtheit allerdings auch nicht steigern: Man kann davon ausgehen, dass die in Frankreich traditionell starken Lobbys wegen der Kürzungen auf die Barrikaden gehen werden.

Bisher war Hollande bei Widerstand stets eingeknickt - etwa bei der Millionärssteuer für Fußball-Profis (hier). Es muss schon sehr schlecht um die französischen Staatsfinanzen stehen, wenn Hollande sich zu solch einem radikalen Kurswechsel gezwungen sieht.

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