Die Reisedaten von EU-Bürgern werden systematisch ausspioniert. Nur durch Zufall erfuhr zuerst die dänische Polizei vom Eindringen in das einheimische polizeiliche IT-System. 1,2 Millionen Datensätze des Schengener Informationssystems (SIS) seien davon ebenfalls betroffen gewesen. Als Urheber gelten Netzaktivisten aus Schweden und Dänemark, gegen die wegen des Betreibens einer Downloadseite ermittelt wird.
Der deutsche Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko stellte daraufhin der Bundesregierung eine Mündliche Frage zu der Situation in Deutschland.
„Laut der Bundesregierung seien 272.606 von Deutschland in das SIS eingestellte Datensätzen kopiert worden. Dies ist dem Bundesinnenministerium seit Juni letzten Jahres bekannt. Trotzdem hat sie dies nicht öffentlich gemacht – wohl um das kurz zuvor mit neuen Funktionen aufgebohrte Schengener Informationssystems nicht zu diskreditieren. Im SIS II werden auch biometrische Daten verarbeitet“, so Hunko nach der Beantwortung seiner Anfrage.
Staatliche Informationssysteme seien niemals sicher. Die Enthüllungen über digitale Spionage westlicher Geheimdienste zeigen, dass geheimdienstliche Hackerabteilungen über weit mehr Fähigkeiten verfügen als die nun verdächtigten Netzaktivisten.
„Von einem Wettrüsten zur Absicherung der IT-Systeme halte ich nichts. Hiervon profitiert vor allem die Industrie, die selbst keine Sicherheit versprechen kann: Zum Zeitpunkt des Hacks war eine Tochter des US-Konzerns Computer Sciences Corporation (CSC) für die dänischen Polizeidatenbanken verantwortlich. Laut Medienberichten arbeitet CSC mit amerikanischen Geheimdiensten zusammen“, so Hunko.
Mittlerweile verfügt die EU über derart viele Polizeidatenbanken, dass diese von einer eigenen Agentur verwaltet werden müssen. Trotzdem sollen weitere Vorratsdatenspeicherungen hinzukommen, auf die immer mehr Behörden zugreifen dürfen.
Geplant ist, dass alle Reisenden an EU-Grenzen ihre Fingerabdrücke abgeben müssen, Ein- und Ausreisen werden protokolliert. In einem Passagierdatenregister sollen heikle Personendaten gespeichert werden, darunter religiöse Essgewohnheiten oder Hotelbuchungen mit Doppelzimmer, sagt Hunko.