Im Streit über die Verstaatlichung des Energieversorgers EnBW vor mehr als drei Jahren geht der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, in die Offensive. Mappus werde die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz wegen fehlerhafter Beratung beim Rückkauf der EnBW-Anteile vom französischen Energiekonzern EdF auf Schadenersatz verklagen, kündigte Mappus-Anwalt Bernd Schünemann am Freitag im Untersuchungsausschuss des Landtags zum EnBW-Deal an. Mappus könne sich nicht wegen eines Beratungsfehlers von Gleiss Lutz zur Schlachtbank führen lassen, sagte er. Er überzog zudem den Ausschuss und die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Vorwürfen, Mappus als Betroffenen unfair zu behandeln.
Der CDU-Politiker hatte Ende 2010 innerhalb weniger Wochen mit dem französischen Energiekonzern EdF ausgehandelt, deren 45-prozentigen Anteil an der EnBW für 4,7 Milliarden Euro zu übernehmen. Beraten wurde er dabei von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz und der Investmentbank Morgan Stanley. In drei parallelen Verfahren wird untersucht, ob der damalige Regierungschef zu viel bezahlt und dem Land damit Schaden zugefügt hat. Neben dem Untersuchungsausschuss des Landes ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue.
Zudem versucht die grün-rote Landesregierung, über ein Schiedsverfahren von der EdF die zu viel gezahlte Summe zurückzubekommen. Ob der Preis angemessen war, darüber gibt es einen Gutachterstreit. Ein von der Staatsanwaltschaft angefordertes Gutachten kam zu dem Schluss, das Aktienpaket sei damals 780 Millionen Euro zu teuer gewesen (mehr hier). Ein Gegengutachten focht diese Berechnung an und kam zu dem Schluss, der Wert der EnBW habe damals über dem Preis gelegen. Sie wurde von den Verteidigern des ehemaligen Morgan-Stanley-Bankers Dirk Notheis veranlasst, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zu Untreue ermittelt.
Mappus hatte schon bei seinem letzten Auftritt im Untersuchungsausschuss im Juni die Kanzlei Gleiss Lutz der Lüge bezichtigt. Deren Anwalt Martin Schockenhoff habe ihm Ende 2010 grünes Licht dafür gegeben, den Kauf des Aktienpakets ohne Zustimmung des Landtages abzuschließen. Schockenhoff hatte dagegen erklärt, Mappus habe entschieden, ohne den Rat der Juristen abzuwarten. Der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg hatte festgestellt, dass Mappus gegen die Verfassung verstieß, als er das Parlament überging.