Finanzen

Bulgarien: Skandal-Bank vor der Pleite, EU-Steuergelder in Gefahr

Der bulgarische Bankenskandal zieht immer weitere Kreise: Die Corpbank steht vor der Pleite, nachdem die wichtigsten Kredit-Dokumente spurlos verschwunden sind. Die Bank steht unmittelbar vor der Pleite. Die europäischen Steuerzahler müssen um einen Milliarden-Kredit bangen, den Brüssel als Notmaßnahme gewährt hat.
13.07.2014 01:00
Lesezeit: 2 min

Eine der größten Banken Bulgariens ist pleite. Die Zentralbank des Landes hat berichtet, dass Dokumente über den Großteil des Kredit-Portfolios der Bank fehlen und dass Bargeld in Millionenhöhe aus den Tresoren der Bank entwendet worden ist.

Am Freitag sagte Zentralbank-Chef Iwan Iskrow, dass er der Corporate Commercial Bank (Corpbank) die Lizenz entzogen hat. Die intakten Vermögenswerte und die Verpflichtungen der Bank würden an die Crédit Agricole Bulgaria transferiert, eine Tochterfirma der Corpbank, die verstaatlich werden soll.

„Die Ergebnisse der Prüfung deuten auf Handlungen hin, die milde gesagt inkompatibel mit den Gesetzen und mit guten Bankpraktiken sind“, zitiert die Financial Times den Zentralbank-Chef. „Bedeutende Teile der Kredit-Dokumente fehlen oder sind wahrscheinlich in den Tagen zerstört worden, bevor die Bank unter die Kontrolle der Zentralbank gestellt wurde.“

Der unerwartete Zusammenbruch der Corpbank zeigt die engen Verbindungen zwischen Bulgariens Banken und Politik. Die Glaubwürdigkeit der aufeinander folgenden Regierungen im ärmsten Land der EU sind zerstört worden. Die Bankenkrise hat bereits den Rücktritt der von den Sozialisten geführten Regierung verursacht, die noch diesen Monat abtreten wird. Für den 5. Oktober sind Neuwahlen angesetzt.

Corpbank ist die viertgrößte Bank des Landes. Nach einem Bank-Run wurde sie im vergangenen Monat unter die Kontrolle der Zentralbank gestellt. Lokale Medien hatten über einen Streit zwischen dem Mehrheitseigner, Zwetan Wassilew, und dem Politiker Deljan Peewski berichtet. Dieser ist der größte Schuldner der Bank.

Ein zweiter Bank-Run, diesmal auf die First Investment Bank, konnte entschärft werden, da die bulgarische Zentralbank die Erlaubnis der EZB erhielt, mehr als eine Milliarde Euro zusätzliche Liquidität bereitzustellen (mehr hier).

Iskrow sagte, die Prüfung habe undokumentierte Kredite im Umfang von 3,5 Milliarden Lew (1,79 Milliarden Euro) ergeben. Das entspreche zwei Drittel des gesamten Portfolios. „Ein erheblicher Teil des Portfolios offenbart eine sehr tiefe Beziehung zwischen den Schuldnern und dem Mehrheitseigner der Bank, Wassilew“, so der Zentralbank-Chef.

Die Staatsanwaltschaft in Sofia sagte, sie untersuche die Entwendung von Bargeldbeständen in Euro, Lew und Dollar im Umfang von 205 Millionen Lew aus den Tresoren der Corpbank in den Tagen vor der Übergabe der Kontrolle an die Zentralbank. Bank-Chef Orlin Rusev, der den Bargeld-Transfer arrangiert laut Staatsanwaltschaft hat, wurde am Freitag in einem Ferienresort am Schwarzen Meer festgenommen.

Mehrheitseigner Wassilew bestreitet ein Fehlverhalten. In einem offenen Brief an den Zentralbank-Chef, den die Lokalpresse am Freitag veröffentlichte, sagte Wassilew, die Prüfer hätten „Dokumente über Verluste der Bank gefälscht“. Die Zentralbank Bulgariens stelle sich in den Dienst der Schuldner, die ihre Kredite nicht zurückzahlen wollten. Zudem wollten einige Beteiligte die Vermögenswerte der Corpbank billig aufkaufen.

Bulgarische Banker sagten, der Zusammenbruch der Corpbank stelle wahrscheinlich keine Bedrohung für den Bankensektor des Landes dar. Dieser wird zu zwei Dritteln von italienischen, österreichischen und griechischen Banken kontrolliert.

Die Einlagen der Corpbank-Tochter sind von der Regierung garantiert worden. Doch diese Garantie könnte den Steuerzahler 2 Milliarden Lew kosten, sagte Finanzminister Petar Tschobanow am Freitagabend dem Finanzausschuss des Parlaments.

Die Chronologie des bulgarischen Banken-Dramas:

Erster Bank-Run auf die Corpbank

Verstaatlichung und schlechte Nachrichten für Frankreich und Russland

Zentralbank vermutet Internet-Kriminelle als Urheber

Regierung garantiert Spareinlagen und klopft in Brüssel an

Ein Mordversuch

EU muss mit Milliarden einspringen

Der Fall Bulgarien als Warnung an Europa

Lizenz weg, das Ende naht

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...