Online-Massenproteste gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA bremsen EU-Vertretern zufolge Diskussionen über noch offene Streitpunkte aus. Die öffentliche Anhörung im Internet zu Bedenken gegenüber TTIP sei von einer Beschwerdeflut überschwemmt worden, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Wie ernst die EU die Kritiker nimmt, zeigt die Reaktion, die an das Gebaren manch eines öffentlich-rechtlichen Senders im Fall Putin erinnert. Reuters zitiert die EU mit folgender Einschätzung:
"Von den knapp 150.000 Äußerungen auf der dafür vorgesehenen Website kämen mehr als 95 Prozent von einer kleinen Gruppe TTIP-kritischer Organisationen. Die Stellungnahmen seien identisch oder sehr ähnlich und stammten von Formularen auf Internetseiten dieser Vereinigungen."
Die EU-Vertreter kritisierten, dieser Trend untergrabe das eigentliche Ziel der Konsultation im Internet. Glaubhafte Argumente für weit verbreitete Zweifel könnten so nicht geliefert werden. Vor allem im Hinblick dem umstrittenen Investorenschutz könne aus den zahlreichen Postings keine klare Schlussfolgerung gezogen werden. Mit der Behauptung, die Formulierung einer EU-Position könne sich dadurch allerdings verzögern, versucht die EU, den Kritikern nun die Schuld am schleppenden Fortgang der Verhandlungen in die Schuhe zu schieben. Offenbar bemerken die Bürokraten den logischen Widerspruch nicht: Wenn es nur Putin-Versteher kleine Gruppen und Querulanten waren - warum sollen diese dann einen Einfluss auf die Haltung der EU haben?
Die Europäische Kommission, die für die Handelspolitik der 28 EU-Staaten zuständig ist, hat die Verhandlungen mit der Washingtoner Regierung ausgesetzt und die öffentliche Konsultation gestartet.
Mit dem TTIP wird der Lohndruck auf die deutschen Arbeitnehmer zunehmen, so das Ergebniss der ersten unabhängigen Studie über die Folgen des Freihandelsabkommens.
Dadurch wird auch der Druck auf die EU ebenfalls steigen: 583.000 Arbeitsplätze werden bis 2025 verlorengehen. Die Exporte werden schrumpfen, ebenso das Bruttoinlandsprodukt. Löhne und Steuereinnahmen werden sinken. In den USA werden all diese Kennzahlen dagegen steigen.