Politik

Moldawien: Zehntausende demonstrieren für Anschluss an Rumänien

In Moldawien haben zehntausende für den Anschluss an Rumänien demonstriert. An dem Protest haben sich auch Abgeordnete aus Rumänien beteiligt. Sollte dieses Vorhaben gelingen, könnte es in Moldawien zum Bürgerkrieg kommen. Denn der Osten des Landes steht unter russischem Einfluss. Für die dortige autonome Regierung kommt ein Anschluss nicht in Frage.
10.07.2015 02:53
Lesezeit: 2 min
Moldawien: Zehntausende demonstrieren für Anschluss an Rumänien
In der moldawischen Hauptstadt Chisinau finden mittlerweile regelmäßig Demonstrationen für einen Anschluss an Rumänien statt. (Screenshot)

Moldawier demonstrierten am Dienstag in Chisinau für einen Anschluss an Rumänien. Parlamentarier aus Bukarest wohnten der Kundgebung bei und motivierten die Demonstranten. Sie erklärten, dass das deutsche Modell der „Wiedervereinigung“ näher als je zuvor sei, berichtet die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax.

Doch auch die Präsidenten Rumäniens und Moldawiens unterstützen den Anschluss. Während Moldawien durch diesen Schritt weiter an die EU heranrücken will, erhebt Rumänien insgeheim territoriale Ansprüche auf Teile von Moldawien. „Moldawien hat eine große Möglichkeit, sich zu modernisieren und seine EU-Integration voranzutreiben“, zitiert AP den moldawische Präsident Nicolae Timofti. Unklar bleibt, was im Falle eines Anschlusses Moldawiens an Rumänien mit der autonomen Republik Transnistrien passieren soll, die ein Teil Moldawiens ist. Denn Transnistrien steht unter direktem russischen Einfluss. Außerdem befinden sich etwa 1.500 russische Soldaten in dem Gebiet, was das Eskalationspotenzial im Inland erhöht. Die Widerstände gegen einen Anschluss Moldawiens sind in den autonomen Gebieten Transnistrien - ethnisch mehrheitlich russisch - und in Gagausien - ethnisch mehrheitlich christlich-türkisch – groß. Zudem könnte sich Rumänien mit diesem Schritt selbst Schaden zufügen. Denn Ungarn könnte sich ermutigt fühlen, seine territorialen Ansprüche auf Siebenbürgen geltend zu machen.

Rumäniens Präsident Klaus-Werner Johannis handelt im Auftrag der EU und der Nato. Moldawien hingegen nimmt mittlerweile an Nato-Manövern teil, obwohl es kein Nato-Mitglied ist. Diese Entwicklung fällt einher mit dem Wunsch der EU, ihre Beziehungen zur Moldawien, der Ukraine und Georgien zu intensivieren. Russland soll offenbar aus Transnistrien verdrängt werden. Das ist eine ähnliche Ausgangslage wie in der Ukraine.

Die Eliten in Moldawien sind zerstritten über die außenpolitische Ausrichtung ihrer Heimat. In Moldawien stehen sich alte und neue Eliten als Stellvertreter des Westens und Russlands gegenüber. Ein Aufkommen eines neuen Konflikts ist sehr wahrscheinlich. Die Einflussnahme der EU unter dem Deckmantel der Demokratisierung führt zwangsläufig zu Spannungen in Moldawien. Denn es besteht die Gefahr, dass ein Anschluss Moldawiens an Rumänien zur kompletten Abspaltung Transnistriens und damit zum Anschluss an Russland führen würde. Es droht ein neuer Bürgerkrieg. In diesem Zusammenhang ist die EU offiziell aktiver als die USA.

Doch Washington könnte in Moldawien eine „Falle“ für die EU vorbereiten. Die EU riskiert einen direkten Kollisionskurs mit Russland und die USA lassen die Europäer gewähren. Sollte es tatsächlich zum Ausbruch eines Konflikts in Moldawien kommen, bräuchten die Amerikaner keinen Druck mehr auf die Europäer ausübe, damit diese ihre Beziehungen mit Russland kappen. Denn dann hätten sie das schon längst eigenständig und aus freien Stücken gemacht. Es ist davon auszugehen, dass Russland sich aufgrund der Lehren aus dem Janukowitsch-Umsturz bereits auf jegliche Szenarien vorbereitet hat.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Resilienz als strategischer Imperativ: Carlsberg und Davos-Forum fordern neue Unternehmenslogik
15.06.2025

Krisen, Krieg, KI und Klimawandel: Carlsberg und das Weltwirtschaftsforum rufen Unternehmen auf, Resilienz nicht als Reaktion, sondern als...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der ESG-Betrug: Wie Konzerne Moral simulieren
15.06.2025

Konzerne feiern Nachhaltigkeit, während ihre Bilanzen eine andere Sprache sprechen. Zwischen Greenwashing, Sinnverlust und Bürokratie:...

DWN
Panorama
Panorama Leben auf einem Eismond? - Astrobiologe auf Spurensuche
15.06.2025

Dicke Eiskruste und bis zu minus 200 Grad - klingt nicht gerade angenehm. Warum der Saturnmond Enceladus auf der Suche nach außerirdischem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kritik oder Mobbing? Wie Sie den feinen Unterschied erkennen
15.06.2025

Mobbing beginnt oft harmlos – mit einem Satz, einem Blick, einer E-Mail. Doch wann wird aus Kritik systematische Zermürbung? Dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Das neue Magazin ist da: Das können wir gut - wo Deutschland in Zeiten von KI, Transformation und Globalisierung überzeugt
15.06.2025

Was kann Deutschland gut? Diese Frage mag auf den ersten Blick einfach erscheinen, fast schon trivial. Doch in einer Zeit, in der das Land...

DWN
Finanzen
Finanzen „Banknoten-Paradoxon“: Milliarden unter den Matratzen - Bargeldmenge steigt weiter
15.06.2025

Ungeachtet der stetig abnehmenden Bedeutung von Scheinen und Münzen beim alltäglichen Einkauf steigt die im Umlauf befindliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Kleinkrieg“ um Lkw-Plätze: Autoclub kritisiert Überfüllung
15.06.2025

Auf und an Autobahnen in Deutschland fehlen viele tausend Lkw-Stellplätze – nach einer Kontrolle an Rastanlagen beklagt der Auto Club...

DWN
Politik
Politik Machtverschiebung in Warschau: Der Aufstieg der Nationalisten bringt Polen an den Abgrund
15.06.2025

In Polen übernimmt ein ultrakonservativer Präsident die Macht – während die liberale Regierung um Donald Tusk bereits ins Wanken...