Nach Berichten über einen ernstlichen Störfall im umstrittenen elsässischen Atomkraftwerk Fessenheim im April 2014 hat Rheinland-Pfalz die umgehende Abschaltung gefordert. Energieministerin Eveline Lemke fordert nun die sofortige Abschaltung der AKWs. Der Vorfall zeige "einmal mehr, dass unsere Forderung gegenüber der französischen Regierung, Fessenheim vom Netz zu nehmen, gute Gründe hat", erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Er sei "ein weiterer Beleg für das Risiko, das vom Betrieb dieses alten Reaktors ausgeht". Die Kovorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, forderte einen "europäischen Gipfel zu atomaren Sicherheitsfragen".
Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, ein Reaktor in Fessenheim habe sich im April 2014 vorübergehend nicht mehr richtig steuern lassen. Eine Überschwemmung habe damals eine „Abfolge von technischem Versagen und Chaos“ nach sich gezogen, schrieb die SZ unter Berufung auf gemeinsame Recherchen mit dem Westdeutschen Rundfunk. Es sei festgestellt worden, dass das Wasser auch in Schaltschränke gelaufen sei.
Dadurch sei offenbar eines der beiden parallelen Sicherheitssysteme außer Gefecht gesetzt worden, berichtete die Zeitung weiter. Das einberufene Krisenteam habe darum entschieden, den Reaktor abzuschalten. Am Ende wurde der Meiler dem Bericht zufolge per Einleitung von Bor in das Kühlsystem heruntergefahren. In der Mitteilung der französischen Atomaufsicht sei von einer solchen Maßnahme allerdings nicht die Rede gewesen.
Fessenheim werde „vom selben Unternehmen betrieben wie das an Rheinland-Pfalz angrenzende Atomkraftwerk Cattenom“, erklärte Lemke weiter. Beide Anlagen müssten abgeschaltet werden, „bis der Störfall umfassend aufgeklärt ist“. „Wir können uns offensichtlich nicht auf die Auskünfte des AKW-Betreibers EDF verlassen“, kritisierte die Ministerin. „Und was noch viel schlimmer ist – die französische Atomaufsicht mauschelt, statt ihren Job zu machen“, fügte sie hinzu.
„Dieser Zwischenfall in Fessenheim zeigt erneut – Deutschland ist umstellt von Schrottreaktoren“, erklärte der Ko-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter. Die Bundesregierung müsse „gegenüber Frankreich, der Schweiz, Tschechien und Belgien unmissverständlich auf deren Abschaltung drängen“. „Der Weiterbetrieb dieser Atomkraftwerke ist unverantwortlich“, erklärte Hofreiter mit Blick auf die Anlagen in den Nachbarstaaten.
Die beiden Reaktoren in Fessenheim wurden 1977 in Betrieb genommen und sind damit die ältesten in Frankreich. Atomkraftgegner und Politiker in Frankreich, Deutschland und der ebenfalls nahe gelegenen Schweiz fordern seit langem die Stilllegung des besonders pannenanfälligen Atomkraftwerks.
Frankreichs Präsident François Hollande hatte wiederholt versprochen, die am Oberrhein gelegene Anlage noch in seiner bis Mai 2017 laufenden Amtszeit vom Netz zu nehmen. Immer wieder werden aber Zweifel daran laut, dass dies auch wirklich geschehen wird. Zuletzt hatte die französische Energieministerin Segolene Royal angekündigt, die Laufzeit von bereits abgeschriebenen AKWs zu verlängern.
Störfälle oder Atomkatastrophen würden immer wieder "verharmlost oder vertuscht", erklärte der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger. "Tschernobyl, Fukushima und Fessenheim zeigen: Die Risiken der Atomkraft sind zu groß."
Die Atom-Lobby nutzt die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter seit Jahren intensiv, um Kritiker der Kernenergie zu denunzieren und schwere Störungen und Gefährdungen der Sicherheit der Bevölkerungen herunterzuspielen. So versuchte die Atom-Lobby nach der Katastrophe von Fukushima gezielt, kritische Medien zu diskreditieren – obwohl Kernkraftexperten bis zum heutigen Tag darauf verweisen, dass die Probleme an der Atomruine nicht gelöst sind und seit dem GAU Millionen an hochradioaktivem Wasser einfach in den Pazifik abgeleitet wird. Die Atom-Lobby bedient sich zu diesem Zweck sowohl einzelner etablierter Medien als auch individueller Facebook- und Twitter-Aktivisten, die gegen Bezahlung tätig werden, ihre Auftraggeber jedoch nicht offenlegen. Oft schaffen es die Denunziationen bis in Wikipedia.
Die umweltpolitischen Folgekosten der Profite von Atomkraftwerken haben im übrigen die Steuerzahler zu tragen: Derzeit verhandelt die Bundesregierung nach dem Atomausstieg mit den Konzernen über die Modalitäten zur Entsorgung der Ruinen und des Mülls.