Politik

Frankreich: Top-Manager fürchten wegen Wahl um ihren Job

Frankreich: Top-Manager fürchten wegen Wahl um ihren Job. (Artikel nur für Abonnenten zugänglich)
12.04.2017 02:23
Lesezeit: 2 min

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Der französische Staat beteiligt sich an zahlreichen Großkonzernen des Landes als Aktionär. Für die Zukunft der Unternehmen könnte deshalb entscheidend sein, wer der nächste Präsident wird. Viele Manager zittern bereits. Sie kämpfen natürlich auch präventiv um ihre Jobs - etwa, indem Sie Emmanuel Macron unterstützen. Dieser tritt zwar als unabhängiger Kandidat auf, hat aber seit seiner Zeit als Investmentbanker und als Wirtschaftsminister unter Francois Hollande ein enges Netzwerk in den Konzernen. Wieviel er an Spenden von den Staatskonzernen bekommt, ist nicht festzustellen: Macron hat mitgeteilt, er könne die Spenden leider nicht veröffentlichen, wegen des Steuergeheimnisses. Aber auch auf Umwegen können die Manager einzelnen Kandidaten helfen - etwa durch die Vergabe von Werbeanzeigen an Medien in der Hoffnung auf eine günstige Berichterstattung.

Der französische Staat besitzt Aktien zahlreicher wichtiger Unternehmen des Landes. In einigen Fällen hat er sogar ein Vetorecht im Aufsichtsrat. Die anstehende Wahl des neuen Präsidenten wird deshalb für einige Konzerne auch eine Entscheidung über den zukünftigen wirtschaftlichen Kurs sein, berichtet Bloomberg.

Die Aktienbeteiligung des Staates an strategisch wichtigen Unternehmen wird häufig von der Entsendung von Staatsbeamten in deren Verwaltungsrat begleitet, insbesondere durch die zum Finanzministerium gehörende staatliche Beteiligungsgesellschaft APE. Den größten Einfluss wird der zukünftige Präsident oder die zukünftige Präsidentin wahrscheinlich beim Energieversorger EDF haben, dessen Aktien zu 83 Prozent im öffentlichem Besitz sind. Der Gesamtwert der vom Staat gehaltenen EDF-Aktien beträgt fast 18 Milliarden Euro.

Auf Platz zwei folgen Beteiligungen am Energieversorger Engie im Umfang von fast 10 Milliarden Euro und am Telefon- und Internetkonzern Orange im Gesamtwert von etwa 9 Milliarden Euro. Auf den weiteren Plätzen folgen Anteile am Luftfahrtkonzern Airbus von etwa 6 Milliarden Euro, am Flughafenbetreiber ADP von fast 6 Milliarden Euro, am Versicherungskonzern CNP von etwa 5,5 Milliarden Euro und am Waffenhersteller Thales von etwa 5 Milliarden Euro. Zu den Konzernen mit einem hohen Staatsanteil gehören des weiteren Renault, PSA Peugeot und das Transportunternehmen Alstom.

„Dies bedeutet, dass jeder Vorstandsvorsitzende eines dieser Konzerne die Unterstützung des Präsidenten braucht – dessen Identität sich ändern wird, weil der Amtsinhaber Francois Hollande nicht mehr antritt. Orange und der Chiphersteller STMicroelectronics könnten zu den Unternehmen gehören, bei denen es schon bald zu einem Wechsel auf dem Chefposten kommt“, schreibt Bloomberg.

In der Vergangenheit hatten französische Präsidenten inklusive Hollande und sein Vorgänger Nicolas Sarkozy nicht gezögert, aus politischen Gründen aktiv in die Personalauswahl der Konzerne und in deren strategische Ausrichtung einzugreifen. Der ehemalige Wirtschaftsminister unter Hollande und jetzige Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron war eine treibende Kraft hinter der Einsetzung der jetzigen Vorstandsvorsitzenden von Air France KLM und von EDF. Der konservative Präsidentschaftsanwärter Francois Fillon war Premierminister, als Präsident Sarkozy den Chef des Kernkraftwerksbauers Areva entließ. Fillon und Macron genießen angeblich die größte Unterstützung in der Geschäftswelt, berichtet Bloomberg.

Zwar hat der französische Staat im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten in den meisten Fällen keine direkte Handhabe, um Unternehmensführungen auszutauschen. Er kann jedoch seinen Einfluss hinter den Kulissen geltend machen. „In den Achtziger und Neunziger Jahren haben die neu ins Amt gewählten Präsidenten oder Regierungen eine ganze Reihe personeller Änderungen bei Konzernen angestoßen. Heute hat der Staat in vielen Fällen Minderheitenbeteiligungen und kann keine Änderung von sich aus durchsetzen. Und doch wirkt das politische Spiel hinter den Kulissen auch heute noch“, schreibt Bloomberg.

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