Finanzen

Finanz-Krise: Katar gehen die Dollar-Reserven aus

In Katar gehen die Reserven an US-Dollar zur Neige. Die Regierung kauft trotzdem US-Kampfjets für 12 Milliarden Dollar.
15.06.2017 01:00
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Um ihre Dollar-Reserven zu erhöhen, bieten katarische Banken den regionalen Banken einen Effektivzinssatz von 100 Basispunkten über den LIBOR an. Das sind 80 Basispunkte mehr als zu Beginn der Katar-Krise. Ein ähnliches Bild lässt sich auf dem 3-Monats-QIBOR - Qatar Interbank Rate – beobachten, der ab Dienstag auf 2,3 Prozent gestiegen ist berichtet Bloomberg.

Nach Angaben der Notenbank in Doha hielten katarische Banken Ende April 2017 21,4 Prozent ihrer Kundeneinlagen in Fremdwährungen. Einlagen von Personen und Organisationen mit Sitz im Ausland machten 24 Prozent der gesamten Einlagen von 781 Milliarden Katar-Riyal (213 Milliarden Dollar) aus. Nach einer anderen Schätzung von SICO Bahrain, verfügen katarische Banken etwa 60 Milliarden Katar-Riyal (16,5 Milliarden Dollar) in der Finanzierung in Form von Kunden-und Interbank-Einlagen aus anderen Golfstaaten. Die meisten davon könnten schließlich zurückgezogen werden, wenn die Krise weitergeht. Aufgrund der Gefahr einer monetären Blockade bei einer weiteren Eskalation des Katar-Konflikts könnten regionale Banken ihre Beteiligungen in Katar auch zurückziehen.

Trotz der misslichen Lage für viele Kataris kauft die Regierung von den USA F-15-Kampfflugzeuge zum Preis von zwölf Milliarden Dollar. Das Land habe einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet, teilte das katarische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge handelt es sich um insgesamt 36 Maschinen. Hersteller Boeing lehnte eine Stellungnahme ab. Das Geschäft kommt ungeachtet der jüngsten Spannungen zwischen Katar und den USA zustande.

Jason Tuvey von Capital Economics hält es für unwahrscheinlich, dass die Banken in die Krise gezogen werden könnten. Allerdings könnten sie ihre Bilanzen verkürzen und die Kreditbedingungen verschärfen. Die Notenbank in Doha hat gemeldet, dass das Bankensystem von Katar ohne Unterbrechung funktioniert, obwohl die Marktindikatoren darauf hindeuten, dass es einen hohen Liquiditätsdruck gibt. Die katarische Notenbank ist der größte Gläubiger im Nahen Osten. Auf Pro-Kopf-Basis ist Katar das reichste Land der Welt.

Finanzminister Ali Shareef Al Emadi ist der Ansicht, dass das Land längere finanzielle Belastungen durchstehen könne. Doch Anleger haben bereits damit begonnen, katarische Assets zu verkaufen und gegen den Katar-Riyal zu spekulieren. Unklar bleibt, wie lange Katar die Krise noch durchstehen kann, ohne den Katar-Riyal abzuwerten und gleichzeitig globale Beteiligungen zu verkaufen. Beispielsweise hält Katar an Volkswagen einen 17-prozentigen Anteil im Wert von elf Milliarden Dollar. Weitere Anteile hält das Emirat auch an Barclays, an der Deutschen Bank, an Glencore oder an der Agricultural Bank of China. Katar ist einer der Top-Investoren in Europa.

Trotz des Anstiegs der Interbank-Zinsen ist die Ratingagentur S&P zuversichtlich, dass Katar robust genug sei, um einen Abfluss des gesamten Kapitals der Golf-Staaten durchzustehen. Im Rahmen von zwei durchgespielten Szenarien stellte S&P fest, dass Katar auch einen zusätzlichen Kapitalabfluss von ein Viertel des weiteren ausländischen Kapitals durchstehen würde. Das hat die Ratingagentur nicht davon abgehalten, in der vergangenen Woche die langfristige Kreditwürdigkeit von Katar auf AA- zu reduzieren.

Nach Angaben des englischsprachigen Diensts von Reuters gingen am vergangenen Sonntag die Dollar-Reserven an den Wechselstuben in Katar zur Neige. Insbesondere Gastarbeiter waren davon betroffen, weil sie nicht imstande waren, Geld in ihre Heimatländer zu schicken. „Wir haben keine Dollars, weil es keine Sendungen oder Transport von den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt. Der Versand wurde von den Vereinigten Arabischen Emiraten gesperrt. Wir haben keinen Vorrat“, so ein Händler im Qatar-UAE Exchange House in Dohas City Center Mall.

Der philippinische Gastarbeiter John Vincent sagt, dass seine Frau von ihm gefordert habe, schnell Geld zu überweisen. „Ich schickte 2.000 Riyals (550 Dollar) nach Hause, aber ich habe noch mehr Einsparungen hier in Katar. Ich werde sehen, was die Situation in den kommenden Tagen bringen wird, bevor ich entscheide, was zu tun ist“, so Vincent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...