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London dürfte trotz der Unsicherheiten um den Austritt Großbritanniens aus der EU der dominierende Finanzplatz in Europa bleiben. Diese Einschätzung vertritt der kanadische Pensionsfonds Public Sector Pension Investment Board (PSP), der seine Niederlassung in London aufstocken wird. Geschäfte im Umfang von bis zu fast 6 Milliarden Euro könnte PSP in den kommenden fünf Jahren nach eigener Aussage von London aus tätigen. In den nächsten 12 Monaten soll die Zahl der Investmentmanager in London deshalb von 28 auf 40 aufgestockt werden. PSP verwaltet die Einzahlungen und Rentenansprüche des öffentlichen Dienstes in Kanada, der kanadischen Armee und der Royal Mounted Police.
PSP-Präsident Andre Bourbonnais begründete die Entscheidung des Pensionsfonds damit, dass London die beste Infrastruktur für Finanzgeschäfte in Europa biete. London habe „die finanzielle Infrastruktur und das entsprechende Netzwerk, das anderswo nur schwer ersetzt werden kann. Wir denken, dass wir hier geeignete Talente finden können.“
Der Fonds will in Europa von London aus Kredite an Unternehmen vergeben und Investitionen tätigen. Fürs erste könnten zwischen 150 und 250 Millionen Dollar an Krediten ausgereicht werden – deren Umfang ließe sich jedoch deutlich steigern ließe – wird Bourbonnais zitiert. Das Unternehmen kann seinen Kunden unterschiedliche Finanzierungsformen anbieten und peilt eine Renditerate von 7 bis 9 Prozent auf seine Investitionen an.
Das Engagement im Immobiliengeschäft in Großbritannien wolle man jedoch schrittweise zurückfahren. Der Markt gilt insbesondere in London als extrem überteuert. Aus diesem Grund plant PSP, mehrere Gebäude in der Innenstadt zu veräußern.
Die Ankündigung von PSP, Kapazitäten in der Hauptstadt Großbritanniens auszubauen, kommt in einer Zeit, in der mit Teilverlagerungen von Mitarbeitern großer Banken nach Kontinentaleuropa gerechnet wird. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU brauchen in London ansässige Finanzinstitute eine eigene Gesellschaft mit Banklizenz in einem EU-Land, um ihre Produkte und Dienstleistungen in den verbleibenden 27 Mitgliedstaaten vertreiben zu dürfen. Die EU-Kommission versucht zudem, dass Wechselgeschäft mit Euro, das bislang noch in London angesiedelt ist, in die EU zu holen.
Experten rechnen derzeit damit, dass London seine Vorherrschaft als führender Finanzplatz in Europa auch nach 2019 verteidigen kann, aber verglichen mit konkurrierenden Standorten wie Frankfurt, Paris, Dublin oder Luxemburg geschwächt sein wird. „Er wird auf der Stelle treten“, sagte Goldman Sachs-Vorstandschef Lloyd Blankfein zum Finanzplatz London Anfang Mai. „Er könnte auch ein bisschen schrumpfen. Das hängt von vielen Dingen ab, worüber wir noch unsicher sind.“ Goldman setze sich für eine mehrjährige Umsetzungsphase ein, sobald der Brexit unter Dach und Fach sei, ergänzte Blankfein. Sein Haus habe „Notfallpläne“ für den Umzug von Mitarbeitern, sollte der Ausgang der Verhandlungen zwischen EU und Großbritannien dies erfordern. Die Großbank beschäftigt derzeit 6.500 Mitarbeiter in Großbritannien.
Ähnlich wie Blankfein äußerte sich im April die Verwaltung des Londoner Finanzbezirks. „Wir hätten es bereits gemerkt, wenn Armageddon bevorstehen würde“, sagte Mark Boleat, Leiter der Politikabteilung im Bezirk City of London. Zwar könnten tatsächlich tausende Stellen aus der Banken- und Versicherungsbranche aufs Festland ziehen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters, allerdings: „Sie werden nicht alle ihre Zelte abbrechen und gehen.“ Die Prognosen der City gingen davon aus, dass „in den kommenden zehn Jahren 50.000 oder mehr neue Stellen geschaffen werden“, besonders in den Bereichen IT, Buchhaltung und Recht. „Wenn wir durch den Brexit 50.000 Jobs verlieren, sind wir wieder dort, wo wir angefangen haben.“